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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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wollte einen Spalt haben und sehen, was auf ihn zukam.
    Der Mann trat herein, ein blonder Sportler, schon im T-Shirt
zu dieser frühen Jahreszeit. Er sagte übertrieben laut: »Das hier ist das
Schlafzimmer, hier drin könnten Antiquitäten sein. Da würde ich gern mal
schauen, wie viel wir dafür bekommen könnten.«
    »Aha«, sagte die Frau und kam hinter ihm ins Zimmer, und
Birne wäre fast das Herz stehen geblieben: Das war seine heimliche Liebe aus
dem Fitnessstudio, der Mann ihr Freund oder Mann. Birne blieb das Herz nicht
stehen, aber ihm rutschte die Hand nach hinten aus, er schlug mit ihr an die
Rückwand des Schranks, Gummi auf Holz. Das mussten sie gehört haben. Birne
meinte, dass sie zuckten. Seine Schöne schaute zum Schrank und gleich wieder
weg. Die wussten, dass er da war, und hatten vereinbart, ihn zu überraschen.
Birne fühlte, dass er verloren war. Und er fühlte hinter sich etwas, durch den
Gummihandschuh: Die Rückwand war locker an einer Stelle, die ließ sich zur
Seite schieben. Birne schob ein Stück, weil er sich schon aufgegeben hatte, und
langte auf einmal in Geldscheine. Er hatte es geschafft, er hatte das Versteck
gefunden. Unmöglich zu schätzen, wie viel das war, aber sicher nicht wenig. Es
war nicht abenteuerlich abwegig, hier Geld zu deponieren, aber man musste drauf
kommen. Hätte man Birne nicht gestört, hätte er es nicht gefunden. Da war er
sich sicher.
    Der Mann riss den Schrank auf und packte Birne am Kragen. Er
schrie dabei wie ein Blöder, er riss ein paar Kleider vom Haken, als er Birne
ans scheußliche Licht zerrte. Er boxte Birne in die Seite und warf ihn aufs
Bett und ließ seine Faust auf Birnes Rücken fallen,
dass ihm die Luft wegblieb. Birnes Kopf wurde an den
Haaren zurückgerissen, und dann spürte er das kalte Metall eines Küchenmessers
an seiner Kehle. Das war’s, dachte er, gleich wird’s warm um den Hals herum und
Nacht.
    »So Freundchen, ein Mucks und dir geht’s wie meiner Oma.«
Birne atmete nur noch in kurzen kleinen Stößen. »Simone«, fuhr der Mann fort,
»nimm dein Handy und ruf die Polizei.«
    Simone verriet Birne und ihre Liebe und wählte. Der Enkel
nahm das Messer von Birnes Kehle und wickelte ein
Seil oder eine Schnur um Birnes Hände, stieß dabei
zwischen seinen Zähnen »Ich warn dich, bleib bloß still!« hervor. Als Birne
verschnürt auf dem Bett lag, stieß er ihm noch ein paar mit den Füßen in die
Seite. Birne musste schreien vor Schmerz.
    Der Enkel sagte: »Sei bloß still.«
    Simone bekam eine Verbindung und fragte sehr
aufgeregt: »Hallo? Hier Polizei?« Dem Enkel war das zu wirr, er riss seiner
Freundin das Mobiltelefon aus den Händen und schilderte der Stimme am anderen
Ende die Lage, ein Einbrecher sei gefasst – er nannte die Adresse und Birne
hätte dazwischenbrüllen mögen, schwieg aber aus Angst vor neuen Tritten – der
Einbrecher sei womöglich bewaffnet, sie seien nur zu zweit. Die Stimme sagte
wohl, dass man warten solle, Rettung sei unterwegs. Der Enkel jedenfalls
antwortete »alles klar« und legte auf.
    Jetzt fand Birne, dass es an der Zeit sein könnte, sich zu
rechtfertigen. »Entschuldigung, das ist ein Missverständnis, ich bin ein
Nachbar, ich habe Ihrer Großmutter geholfen …«
    Weiter kam Birne nicht, denn mit den Worten »Halt dein
dreckiges Maul, du Arschloch!« schlug der Mann auf ihn ein, auf sein Gesicht
wie ein Wahnsinniger. Jetzt spürte Birne die Wärme des Bluts in seinem Gesicht,
ein tiefroter Fleck breitete sich vor seinen schwellenden Augen auf dem weißen
Laken vor ihm aus. Er war still, er hielt sein Maul nun, bis der Mann aufhörte.
Er atmete schwer, seine Freundin sagte nichts, starrte ihn an und war ein
bisschen entsetzt von dem, was ihr Freund anrichten konnte, wenn er in Wut
geriet und ein wehrloses Opfer zwischen seinen Fingern hatte.
    »Was schaust mich so an? Die Sau hat’s nicht besser verdient.
Wenn der erst im Knast ist, dann kann ich das nicht mehr machen. Ach, leck
mich!« Sie hatte Angst bekommen, atmete schneller und laut. Er fuhr fort:
»Weißt du was? Ich geh runter und wart auf die Bullen und du bleibst hier, und
wenn er noch einen Mucks macht, rammst du ihm das Messer zwischen die Rippen,
wie er es getan hat. Hast du mich verstanden?«
    »Ich denk schon.« Birne gefiel auch ihre kleine helle,
eingeschüchterte Stimme.
    Er ging, ließ die Tür des Schlafzimmers laut zuknallen und
erst recht die der Wohnung. Sie waren

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