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Alphacode Höhenflug

Alphacode Höhenflug

Titel: Alphacode Höhenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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er­lebt, daß je­mand in so kur­z­er Zeit und der­art stark ei­ne Er­in­ne­rung in sein tiefs­tes Un­ter­be­wußt­sein ver­bannt hat­te. In die­sem Fall war es ge­sche­hen. Wahr­schein­lich hat­te der Mann einen trif­ti­gen Grund für sein Ver­hal­ten.
    »Wo ist Kats­un?« sprach Amons­kij das Mäd­chen an, nach­dem er es ei­ne Zeit­lang un­ent­wegt an­ge­se­hen hat­te.
    Sie hob den Kopf und schau­te ihn an.
    An der Art ih­rer Be­we­gung er­kann­te ich, daß sie un­ter Dro­gen­ein­fluß stand. Sie hat­te sich ge­walt­sam be­täubt, um ir­gend et­was zu ver­ges­sen.
    »Na?« dräng­te Amons­kij. »Wo ist er?«
    Das Mäd­chen stand auf und dreh­te sich. Das wei­te Kleid schwang um sie her­um wie ein Ne­bel. Ich ach­te­te be­son­ders in­ten­siv auf ih­re Au­gen; auf den star­ren Blick, der we­der Amons­kij noch die Um­ge­bung be­wußt wahr­nahm.
    Dann ließ sie sich ins Was­ser fal­len.
    Amons­kij stieß ei­ne Ver­wün­schung aus und sprang so­fort hin­ter­her. Mit zwei Stö­ßen sei­ner mus­ku­lö­sen Ar­me hat­te er sie er­reicht.
    »Schnell«, sag­te ich zu dem Klei­nen. »Ins Haus!«
    Als wir los­rann­ten, ver­nah­men wir Amons­ki­js Ruf. Er woll­te, daß wir auf ihn war­te­ten.
    Han­ni­bal und ich ver­stan­den uns oh­ne Wor­te. Ich eil­te zum Ve­ran­daein­gang, wäh­rend er mit ge­zo­ge­ner Waf­fe zum Sei­ten­fens­ter lief, um mir von dort aus even­tu­ell Feu­er­schutz ge­ben zu kön­nen. Die große Ve­ran­da­tür war nur an­ge­lehnt. Ich stieß sie auf.
    Ein Ge­ruch wie nach Mo­der stieg mir in die Na­se, aber ich konn­te nicht fest­stel­len, wo­her er kam.
    Plötz­lich spür­te ich die Ge­dan­ken ei­nes Man­nes und ei­nes Kin­des. Der Mann litt un­sag­ba­re Schmer­zen; das Kind war ängst­lich und ver­wirrt.
    Ich gab Utan ein Zei­chen. Er ver­stand mei­ne Ges­te und folg­te mir.
    Vom Per­so­nal war nie­mand an­we­send. Wahr­schein­lich wur­de es abends nach Hau­se ge­schickt.
    Ich durch­quer­te den mit schwe­ren Le­der­mö­beln ein­ge­rich­te­ten Wohn­raum und er­reich­te die Bi­blio­thek. Der Ge­ruch, den ich beim Ein­tre­ten wahr­ge­nom­men hat­te, ge­wann an In­ten­si­tät. Ich hielt die Ther­mo­ni­tal­waf­fe in den Hän­den.
    In der Bi­blio­thek lag ein Mann am Bo­den. Es war Kats­un. Er sah merk­wür­dig aus; wie ein schlecht ge­füll­ter Sand­sack.
    Blitz­ar­tig durch­schau­te ich den Grund: Sei­ne Glied­ma­ßen und sein Brust­kas­ten wa­ren ge­bro­chen, der Kör­per be­saß kei­nen Halt mehr. Zu mei­nem Er­stau­nen wa­ren kei­ne An­zei­chen von äu­ße­rer Ge­walt­an­wen­dung fest­zu­stel­len.
    Kats­un at­me­te noch schwach, aber mir war klar, daß er in die­sem Zu­stand kei­ne Über­le­benschan­ce hat­te.
    Ne­ben Kats­un knie­te ein et­wa sechs­jäh­ri­ger Jun­ge.
    »Pa­pa hat Schmer­zen. Er ist ver­letzt.«
    Das Kind hat­te ge­weint. Auf sei­nem Ge­sicht ent­deck­te ich Spu­ren von be­reits ge­trock­ne­ten Trä­nen.
    ›Bring es weg‹, sag­te ich auf te­le­pa­thi­scher Ebe­ne zu Han­ni­bal, der kurz nach mir her­ein­ge­kom­men war.
    Als der Klei­ne den Jun­gen aus dem Zim­mer füh­ren woll­te, sträub­te er sich und sag­te: »Die schö­nen Blu­men!«
    Ich blick­te mich um. Über­all wa­ren Töp­fe, Scha­len und Va­sen auf­ge­stellt. Von dort kam der Mo­der­ge­ruch.
    Al­le Blu­men im Haus wa­ren ver­fault.
     
    *
     
    Kats­un starb auf dem Flug in die Spe­zi­al­kli­nik des GAS. Er hat­te kei­ne Aus­sa­ge mehr ma­chen kön­nen. Auch die Be­fra­gung des Kin­des er­gab nichts, was uns wei­ter­ge­hol­fen hät­te. Es wur­de zu sei­ner Mut­ter nach To­kio ge­bracht. Sie leb­te von ih­rem Mann ge­trennt.
    Das Mäd­chen und der Mann, die wir am Schwimm­bas­sin in Kats­uns Gar­ten ge­trof­fen hat­ten, stan­den un­ter schwe­rer Schock­ein­wir­kung und muß­ten in ei­ne psych­ia­tri­sche Kli­nik über­wie­sen wer­den. Sie wa­ren Gäs­te des TAR­KAI-Prä­si­den­ten ge­we­sen.
    Das Per­so­nal wur­de ver­hört, doch er­geb­nis­los. Wir fan­den kei­ne An­halts­punk­te.
    Wir über­lie­ßen es dem GAS-Ge­heim­dienst, sich wei­ter um die An­ge­le­gen­heit zu küm­mern, denn die Ein­zel­hei­ten wa­ren für uns nicht in­ter­essant.

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