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Alphavampir

Titel: Alphavampir
Autoren: Sandra Henke
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nieder, weil sie den Balanceakt zwischen normalem Leben und Lykanthropie nicht zu schaffen glaubte. Entweder oder war ihre Devise. Sie hatte sich für das aufregende Leben der Gestaltwandler entschieden und besuchte Iqaluit nur am Todestag ihrer Eltern. Irgendwann würde sie gar nicht mehr zurückkehren. Es gab Tragödien, die konnte man nicht verarbeiten oder verdrängen, sondern man musste einen Schlussstrich ziehen, um sie zu vergessen.
    Das war okay für Nanouk. Sie hatte sich selbst gefunden. Die Liebe zu ihrem Erzeuger hatte nicht gehalten, aber darauf hatte sie ohnehin nie viel Wert gelegt, weil Liebe obsessiv werden konnte. Sie hatte selbst erlebt, wohin das führte. Es reichte ihr vollkommen, dass er inzwischen ihr bester Freund war, nur sein ausgeprägter Beschützerinstinkt ging ihr gehörig auf die Nerven.
    Dummerweise hatte Kristobal ihre innere Ausgeglichenheit erschüttert. Sie war verwirrt, doch sie wandelte ihre Unsicherheit in Wut und trat gegen einen Stuhl, bevor Lupus sie an den Schultern packte und sanft schüttelte.
    «Ist alles okay?»
    «Ja, klar. Ich mache mich gern zum Affen.» Sie verspürte große Lust, die gesamte Einrichtung zu zertrümmern.
    Im Augenwinkel sah sie, dass der Manager Matt Jerkins hinter die Kulissen führte und war dankbar, dass Jarek ihn ablenkte. Das verschaffte ihnen die Möglichkeit das Nostalgia Playhouse zu verlassen und zum Rudel zu fahren, ohne dass der schmierige Reporter sich wie eine Klette an sie hängte. Der Mann, der Lupus in Schach gehalten hatte, begleitete die Dame mit der Filzglocke durch die Tür, die in den Backstagebereich führte. Zwei weitere Mitarbeiter traten mit Zuschauern hindurch und verschwanden. Adamo stellte sich in den Eingang, lehnte sich gegen den Türrahmen und schaute griesgrämig, wie Nanouk es tat, wenn sie in Ruhe gelassen werden wollte. Findet da eine Party statt, dachte sie sarkastisch.
    «Du hast dich nicht lächerlich gemacht.» Lupus drückte ihre Oberarme zur Aufmunterung sanft. «Im Gegenteil, es war toll, wie du mitgespielt hast. Sah echt aus. Zuerst hatte ich Angst um deine Wölfin, aber dann merkte ich, dass du alles unter Kontrolle hast.»
    «Mitgespielt? Wovon sprichst du?»
    «Du hast so getan, als ob der Geist dich angefasst und du auf seine Berührung reagiert hättest.» Er reichte Nanouk ihren Winterparka und zwinkerte. «Eigentlich müsste ich ihre Berührung sagen. Ein Mordsweib!»
    «Ich habe ihre Hände auf mir gespürt!» Und mehr. Ihr war brütendheiß, deshalb zog sie ihren Parka nicht an, sondern legte ihn über ihren Arm. Sie wollte so schnell wie möglich das Theater verlassen, denn sie hatte das Gefühl, dass die Hitze ihr die Luft abschnürte.
    Lupus jaulte auf, weil ein Mann ihm auf den Fuß getreten war. Dieser schaute sich überrascht nach ihm um, worauf Lupus seine Unschuldsmiene aufsetzte und so tat, als würde er die Deckenmalerei betrachten, die kaum noch zu erkennen war. «Die Assistentin stand nicht wirklich auf dem Podest hinter dir, sondern sie war nur das Nebelbild einer Zauberlaterne. Nichts weiter als eine Illusion auf der Papierwand.»
    «Ich habe nicht behauptet, dass ich an Geister oder wahre Magie glaube.» Tat sie das wirklich nicht? Wo sollte sie dann Kristobals Beeinflussung einordnen?
    Lupus hakte sich bei ihr ein und sie gingen Seite an Seite in Richtung Ausgang. «Die vermeintliche Geisterscheinung war eine Phantasmagorie. Man erzeugt sie mit einer Laterna Magica.»
    «Schon wieder Magie», bemerkte sie sarkastisch.
    «Wenn man es so will», er hob seinen Zeigefinger, «aber die Laterna Magica hat nichts mit Zauber-, sondern mit Projektionskunst zu tun. Die Trugbilder entstehen durch Überblendungstechniken, Projektoren und Spiegel. Die Zauberlaterne wurde im 17. Jahrhundert erfunden und damals von vielen Illusionisten eingesetzt. Sie ist ein rein visuelles Medium.»
    «Und weshalb habe ich die Berührungen des Geistes, Entschuldigung, des Projektors dann gespürt?» Sie wusste hundertprozentig, dass sie bei klarem Verstand gewesen war.
    «Konntest du nicht. Absolut unmöglich!»
    Nanouk kam nicht dazu, sich auf eine hitzige Diskussion mit Lupus einzulassen, denn zwei Männer versperrten ihnen den Weg. Es waren dieselben, die Lupus davon abgehalten hatten, auf die Bühne zu springen. Die beiden Glatzköpfe waren kräftig gebaut, mit fleischigen Muskelbergen und breitem Kreuz. Selbst ihre Gesichter ähnelten sich, möglicherweise waren sie verwandt. Sie besaßen dominante Kiefer,
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