Alptraum in Pink
schaute sie mich mit einem leichten Stirnrunzeln an.
»Trav?«
»Ja, meine Süße?«
»Vielleicht mache ich mir einfach zu viel Gedanken darüber, dass es mir so viel Spaß macht. Ich mag alles dabei. Selbst wenn ich dich nur in den Armen halte, während du schläfst, bringt das mein Herz zum Pochen. Ich will du sein. Ich will, dass wir ein Geschöpf sind, eine Haut haben, jeden Schmerz und jede Freude spüren, als wären wir eins. Wie gestern Nacht, als ich dich nicht erreichen konnte. Da habe ich meinen Kopf gedreht und mir selbst auf die Schulter geküsst, und das war ganz normal, und ich musste laut lachen, weil ich unser Fleisch mit einem unserer Münder geküsst habe.«
Ich schaute in ihr ernstes und besorgtes Gesicht. »Nina, es ist weder dumm noch unmoralisch, wenn man Spaß an Sex hat. Es ist nur unmoralisch, anderen Menschen absichtlich weh zu tun. Ich liebe, was du bist und wie du bist und wer du bist. Ich freue mich so sehr über dich. Und dein Kaffee schmeckt scheußlich.«
»Ich weiß. Ist das nicht schlimm?«
Ich brachte sie zur Arbeit. Als wir uns trennten, sagte sie: »Ich erteile dir die Erlaubnis, auf diesem Zaun zu sitzen und Schneewittchen aufzulauern, während du auf mich wartest.«
»Weiße Pullover machen mich an.«
»Dann schenk mir einen. Wenn du noch andere Fetische hast, lass es mich nur wissen.«
Dann tauchte sie in der Menschenmenge unter, die in das Bürogebäude strömte.
Acht
Nachdem ich mich im Hotel frisch gemacht hatte, ließ ich mir Howies Geld aushändigen, entnahm dem Umschlag eintausend Dollar, klebte ihn wieder zu und gab ihn zurück zur Aufbewahrung.
Ich kam mir ein wenig hilflos vor, weil ich damit die Bargeld-Barriere durchbrochen hatte, mit der sich die Reichen umgeben - wahrscheinlich, um sich vor meinesgleichen zu schützen. Trotzdem war ich recht zuversichtlich, dass ich mich in den oberen Etagen der Callgirl-Szene zurechtfinden würde. Vielleicht gibt diese Zuversicht einen Hinweis auf die gesellschaftliche Stellung von Travis McGee, obwohl ich solche Dienste noch nie in Anspruch genommen hatte. Aber vor ein paar Jahren hatte ich einmal an einem Fall in Chicago gearbeitet, der in diesem Milieu angesiedelt war, und ich nahm an, dass es in New York nicht viel anders lief.
Ich nahm an, dass es nicht allzu viele exklusive und kostspielige Unternehmen dieser Art gab. Die privaten, kleinen Betriebe, in denen zwei, drei eng befreundete Mädchen über ausreichende Kontakte zu Feuerwehrleuten auf der Durchreise verfügen und sich auf halbprofessioneller Basis betätigen, konnte ich vernachlässigen. Von denen gab es bestimmt hunderte in der Stadt, aber sie waren zu riskant, als dass sie für Baynard Mulligan in Frage kämen. Solche Mädchen, die keinerlei Kontrolle unterworfen waren, waren oft neurotisch und alkoholsüchtig, klauten oder hatten gar ansteckende Krankheiten. Ich suchte nach einem geschäftsmäßig betriebenen Laden - diskret, zuverlässig, vertrauenswürdig, gründlich abgesichert und mit einem Klientel, das bereit war, angemessen für alle nötigen Schutzmaßnahmen zu bezahlen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es mehr als drei wirklich teure Callgirl-Ringe in der Stadt gab.
Gleich beim ersten Versuch traf ich ins Schwarze. Ich versuchte es beim Tagungsmanager des Hotels, in dem ich früher immer abgestiegen war, bevor mein Gesicht dort so bekannt geworden war, dass meine Bewegungsfreiheit dadurch erheblich eingeschränkt wurde. Ein Managerassistent, den ich kannte, stellte mich dem Tagungsmanager vor. Doch trotz dieser Einführung war er sehr ausweichend und vorsichtig. Ich erzählte ihm, dass drei Freunde aus Venezuela in die Stadt kämen und dass ich sie mit drei ganz überdurchschnittlichen Mädchen versorgen wollte - überdurchschnittlich schön, unterhaltsam, modern und kooperativ - Geld spiele keine Rolle. Er druckste herum, wand sich und täuschte Ahnungslosigkeit vor, dann erzählte er mir endlich, ich solle es doch einmal bei Kunst & Talent in der 38. Straße versuchen und nach einer Mrs. Smith fragen, aber verhandeln müsse ich alleine und auf ihn dürfe ich mich nicht berufen.
Ich rief dort an und verlangte Mrs. Smith. Sie hatte eine gelangweilt müde, undeutliche Stimme. »Modellservice, Mrs. Smith am Apparat.«
Ich erklärte, ich wolle ein Modell engagieren, und sie fragte, ob ich ein Konto bei ihnen hätte. Ich sagte, das hätte ich nicht, aber ich würde gerne eines eröffnen. Sie schlug vor, dass ich vorbeikommen und mit ihr
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