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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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mich auch bei Herrn Schott, dass er an mich gedacht hatte und sein Vertrauen in mich setzte. Frau Weiler nahm mich in die Arme.
    »So, Kindchen, ab nun gehörst du auch zu unserer Familie.« Was mit Gertrud geschah oder schon geschehen war, wagte ich nicht zu fragen. Ich dachte viel an sie und alles tat mir unendlich leid. Immerhin, sie hatte noch Verwandte in unserem Städtchen, diese hatten sich auch um die Kinder gekümmert, besonders auch um Gertrud. Ich wollte ihr so gerne schreiben, aber wohin sollte die Post gehen? Sie sollte wissen, dass es reiner Zufall war, wenn ich jetzt ihren Platz einnahm, dass ich ihn ihr aber nie streitig machen wollte. Aber ich wollte ihr auch mitteilen, dass es für mich keine Rolle mehr spielte, wohin es mich verschlug. Seitdem sie nicht mehr in ihrem Haus mit uns zusammenlebte, war alles trostlos und leer. Ob der Ring von Gertruds kleinem Bruder gestohlen worden war, wie Frau Weiler meinte, blieb ungeklärt. Er tauchte jedenfalls nicht mehr bei der Eigentümerin auf.
    Schon am kommenden Wochenende zog ich in die kleine Dachkammer ein und trat meine Haushaltslehre bei Frau Weiler an.

    An den Nachmittagen konnte ich ab und zu meine Großeltern besuchen. Dies war möglich bis zur bevorstehenden Übersiedlung. Meist nahm ich Klein Helmut im Sportwagen mit, damit er sich schon ein wenig an mich gewöhnen konnte. Wir hatten einen Fußmarsch von ca. 15 Minuten, vorbei ging es an unserer Grundschule, am Sportplatz und dann durch den Garten von der hinteren Seite zu Oma und Opa. Klein Helmut gefielen unsere Ausflüge sehr gut und Frau Weiler konnte in unserer Abwesenheit die Umzugskisten packen. Meine Aufgabe war es, beim Kochen zu helfen und auch schon mal nach Anleitung selbstständig zu arbeiten, was mir nicht schwerfiel. Helmutchen stand meist als Zuschauer daneben, stellte mir Fragen oder bedrängte mich mit der Bitte:
    »Helmut auch machen.« Es schien ihm einfach großen Spaß zu machen. Wenn wir einmal keinen Ausflug unternahmen, weil ich Rezepte in ein eigens dafür angelegtes Heft schreiben oder Wäsche sorgsam bügeln musste, wurde er sehr unruhig. Er wollte unbedingt mit seinem Sportwagen ›in die Ferne schweifen‹, das war der Name unserer gemeinsamen Ausflüge. Manchmal stellten wir uns vor, mit der Eisenbahn unterwegs zu sein, dann mit einem großen Bus oder mit einem großen Dampfer rheinabwärts. Sein Sportwagen war das jeweilige Transportmittel, mit dem wir unsere Reisen unternahmen. Er war der Lokführer, er war der Busfahrer oder gar der Kapitän. Oft bettelte er inständig, er wolle doch auch in der Dachkammer bei mir schlafen. Frau Weiler wies ihn dann energisch darauf hin, dass sie alleine bestimme, was er durfte und was nicht, schließlich sei sie die Mutter und er hätte ihr zu gehorchen. Das saß.
    Im Weilerschen Haushalt wurde es bald recht ungemütlich. Vieles war schon in Kisten verpackt, nur in den Schränken war noch das Nötigste vorzufinden. Kommende Woche wollte uns Herr Weiler abholen und sich mit seiner Frau auch von den Bekannten und Freunden verabschieden. Bis dahin besuchte ich abwechselnd täglich meine Großeltern oder meine Eltern. Helmut war immer dabei, er freute sich riesig über jeden Apfel oder jede Birne, die er bekam, er fühlte sich einfach wie zu Hause bei meiner Familie. Großmutter hatte einen Kartoffelkorb mit Äpfeln aus ihrem Garten gefüllt, schön zugenäht zum Mitnehmen. Aber ich musste erst einmal fragen, ob es möglich sei, diesen Korb im Möbelwagen unterzubringen. Doch Frau Weiler gab ihre Zustimmung, so musste Helmut an diesem Tag auf dem Heimweg neben seinem Sportwagen herlaufen, was er auch sehr gerne tat und tapfer durchhielt. Er freute sich ebenso über die schönen Äpfel, wusste er doch, dass sie auch für ihn gedacht waren. Die letzten zwei Nächte schlief ich zu Hause. Familie Weiler war bei Freunden untergebracht, wir hatten ja keine Betten mehr, diese befanden sich bereits im Transporter. Meine Sachen, die ich nach Niederau mitnehmen wollte, waren ebenfalls schon verladen worden. Einen Koffer hatte ich gepackt für die Reise, die zunächst einmal bis Chemnitz geplant war. Dort blieben wir bei den Eltern von Herrn Weiler und dessen älterer Schwester, die gemeinsam das Schuhgeschäft betrieben. Mit der Spedition war ein Termin vereinbart worden, wann die Möbel in Niederau eintreffen sollten. Dann wollten Herr und Frau Weiler die Reise fortsetzen, Helmut und mich wollten sie abholen, wenn die Betten aufgeschlagen

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