Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
ihr überrascht und garantiert mit hochrotem Kopf zu, woraufhin sie wissen wollte, ob ich Musiker wäre.
Ich erzählte ihr, was ich machte und wie ich dazu gekommen war, meine erste CD zu produzieren, und dass ich gerne einmal Berufsmusiker werden wollte. Die Zeit verging wie im Flug und die Dame musste auch irgendwann aussteigen. Bevor sie jedoch nach ihrer Tasche griff, fragte sie mich, ob sie mir eine CD abkaufen könnte. Sie fände es schön, dass ich Musik mache, und wollte eine CD haben, um mich zu unterstützen. Die Frau hielt mir 20 Mark hin, nahm die CD und verabschiedete sich. Und ich? Ich hatte meine allererste CD verkauft. An eine ältere Dame, die nicht einmal wusste, was auf dieser Scheibe überhaupt drauf war. Ich hatte ihr lediglich ein wenig von mir und meinen Träumen erzählt und war am Ende geradezu fasziniert von dem Gedanken, dass ein wildfremder Mensch meine CD gekauft hatte. Ich hoffe heute noch, dass dieser Frau meine CD gefallen hat. Ich würde es ihr und auch mir so sehr wünschen …
In der Berufsschule angekommen, fing ich direkt damit an, meinen Zimmergenossen die CD zu präsentieren. Der Kollege mit der Gitarre war begeistert und ich erzählte ihm, dass ich die CD nun auch verkaufen würde. Er griff sofort zu und somit hatte ich an einem Tag bereits zwei CDs verkauft. Die Stones oder Beatles hätten bei solchen Zahlen vermutlich einen Psychotherapeuten gebraucht – für mich war das in diesem Moment ein eindrucksvoller Erfolg.
In den folgenden Tagen muss es sich auf der Schule wohl herumgesprochen haben, sodass ich immer wieder von verschiedenen Leuten auf mein Album angesprochen wurde. Ich hatte allerdings nur 20 CDs im Gepäck, und die waren nach zwei Wochen bereits weg.
Ich machte mir eine Liste mit allen Namen, die eine CD von mir bestellen wollten. Dann rief ich meine Eltern an und bat sie, mir weitere 150 CDs nach Lübeck zu schicken, da augenscheinlich viele Mitschüler meine Aufnahme haben wollten. Und so rannte ich also ständig mit einem Koffer voller CDs herum, was natürlich die Aufmerksamkeit der Lehrer erregte. Und irgendwann sollte es erneut der Direktor einer Schule sein, der seine geistigen Ergüsse auf mich herablassen wollte.
Er fand es in keiner Weise in Ordnung, dass da einer in der Schule Platten verkaufte. Er fuchtelte mit meiner CD herum, machte mich zu allem Überfluss auch noch auf die unzähligen Fehler auf dem Cover aufmerksam und fragte überlegen grinsend, warum mir das nicht aufgefallen wäre. Er zog die ganze Sache ins Lächerliche und forderte mich auf, mit meinen Geschäften bloß nicht den Unterricht zu stören. Diese Schule sei kein Jahrmarkt und ich sollte mich tunlichst auf meine Ausbildung konzentrieren und mich nicht mit einem derart unsinnigen Kram beschäftigen. Da ich in der Vergangenheit einschlägige Erfahrungen mit überaus klugen Schulleitern gemacht hatte, ließ ich den Mann einfach reden …
Im Grunde hatte ich mir auch nichts vorzuwerfen. Aber darum schien es diesem Mann auch gar nicht zu gehen, schätze ich. Wichtig waren ihm vielmehr die Machtdemonstration und die Möglichkeit, ein paar Belehrungen loszuwerden. Und am Ende ging es wohl auch darum, etwas lächerlich zu machen, was er nicht verstehen und auch nicht nachvollziehen konnte. Ich schenkte dem Pädagogen einfach eine CD, mimte den einsichtigen Schüler und machte danach einfach weiter. Zum Ende dieses Unterrichtsblocks hatte ich deutlich mehr als 100 CDs verkauft – und nur das zählte …
Wieder zu Hause angekommen, war ich endlich in der Lage, meinen Eltern das geliehene Geld zurückzuzahlen. Meinem Vater kaufte ich zusätzlich noch einen Schachcomputer, denn er war seinerzeit nur sehr schwer von meinen Plänen zu überzeugen gewesen.
Mein erstes Album Dreams and Illusions wird heute auf Internetplattformen teuer gehandelt. Es ist ja in der Tat so streng limitiert wie kaum ein anderes … Und ich stelle mir nun die Frage, wie ich die Musik meiner Anfänge für all diejenigen beschreiben soll, die diese CD nie zu hören bekommen werden. Was soll ich sagen? Es war reiner Synthie-Sound mit einer – nennen wir es »jammerigen« – Stimme. Nichts, was mir heute peinlich sein müsste, denn in jenen Tagen war es das, was ich wollte, und auch das, was ich konnte. Und ich war mächtig stolz damals …
Ganz Ohr
Ich wusste dennoch nicht, wo ich nun stand. Was ich erreicht hatte – sofern man überhaupt so weit denken konnte – war weder Fisch noch Fleisch. Zwar
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