Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
wie betäubt in mein Bett. Unheilig gab es nun also auf Video …
Im Studio des Produzenten lief gleichzeitig die Arbeit an dem Album weiter. Clint hatte bei einigen Liedern den Chor eingesungen, Gitarrensounds waren dazugekommen und der Sound meiner Stücke wurde von Tag zu Tag besser. Ich war sehr beeindruckt davon, wie der Produzent das alles umgesetzt hatte. Der Mann wusste ganz genau, was er wollte und wie er es angehen musste. Auch die Geschwindigkeit seiner Arbeit war mehr als beachtlich. Jeder Handgriff, jeder Dreh an einem Regler hatte seine Berechtigung und ich versuchte, möglichst viel von seinem Handwerk zu lernen. Zumal ich durch ihn auch eine Möglichkeit sah, vielleicht auch eines Tages für andere bekannte Künstler zu schreiben. Er suchte ständig neue Bands, die er produzieren wollte, und ich hegte die Hoffnung, dass sich für mich auf diesem Weg völlig neue Türen öffnen würden, um eines Tages tatsächlich als Berufsmusiker auf eigenen Füßen stehen zu können.
Graf Dracula
In der Zwischenzeit war das Video fertig produziert. Der Dreh in den Höhlen konnte offenbar nicht richtig überzeugen, der Film im Studio jedoch war richtig gut geworden. Zur Präsentation waren Vertreter der Plattenfirma gekommen, der Produzent, Clint und viele andere – und alle schauten wie gebannt auf das Video, das auf einer großen Leinwand vorgeführt wurde.
Als der Film zu Ende war, applaudierten alle – bis auf den Produzenten. Ihm fehlte – wie er es ausdrückte – die Erotik in dem Film und er forderte einen neuen Dreh. Ich verstand gar nichts mehr und auch Clint war sichtlich genervt von dieser Situation. Das Video sei super, meinte er, und alles andere wäre Blödsinn und nicht notwendig. Wir fuhren enttäuscht nach Hause und beschlossen, erst einmal abzuwarten, was weiter passieren würde.
Aber viel Zeit blieb uns nicht. Schon am folgenden Morgen mussten wir erfahren, dass drei Models gecastet worden waren, mit denen ein Dreh im Stil von Dracula-Filmen gemacht werden würde. Graf Dracula also. Mal wieder Dracula – der Fantasie einiger Menschen waren wohl doch sehr enge Grenzen gesetzt.
Eine Location war offenbar auch schon gefunden – ein privates Anwesen in Belgien, der Produzent hatte die Models im Schlepptau, und so trafen wir dann eines Morgens am Drehort ein. Ich fühlte mich sofort wieder an unsere Girlgroup erinnert und war – gelinde gesprochen – nur wenig erfreut, ein erotisches Video zu drehen. Fenster wurden abgedunkelt, Accessoires platziert, in der Mitte eines großen Raumes Felle ausgelegt und Kerzen aufgebaut – im Hintergrund loderten die Flammen in einem gewaltigen Kamin.
Auf einer Empore stand der Hausbesitzer mit seiner kompletten Familie – Oma, Opa, Kinder … gut 20 Leute wollten es sich offenkundig nicht nehmen lassen, den erotischen Videodreh eines unbekannten deutschen Draculas zu beobachten.
Es war wie in einer Peepshow mit mir auf dem Präsentierteller und es fühlte sich – abgesehen von den wirklich attraktiven Damen – an wie in einer römischen Galeere, in der dieser unfreundliche Mann mit der Peitsche irgendwie aussah wie ein erfolgreicher Musikproduzent.
Nachdem wir uns dann nahezu zwei Stunden vor dem Kamin herumgeräkelt hatten, war alles im Kasten und der Drehtag endlich vorüber. Nur wenige Tage später sahen wir uns den Film an und nun schienen endlich alle Parteien zufrieden zu sein. Zumindest der Produzent. Das Video wurde fertig produziert und im Zuge der Promotion an alle wichtigen Kontakte der Plattenfirma herausgeschickt. Und so hieß es erneut: Warten!
Der Veröffentlichungstermin von »Sage Ja!« war auf den 2. Oktober 2000 angesetzt worden. Die ersten Rezensionen der Medien waren ganz gut ausgefallen, ich hatte ein paar Interviews geben müssen und nun sollte also schon bald mein erster Liveauftritt stattfinden. Auf dem Doomsday Festival 2000.
Der Gig sollte zu Promotionzwecken stattfinden, und so machten sich der Gitarrist und ich uns auf den Weg zu unserem Tourmanager, der für diesen Auftritt seit Wochen schon alles organisiert hatte. Festzuhalten sei: Der Gedanke, vor Menschen auf einer Bühne zu stehen, verursachte mir immer noch ein flaues Gefühl in der Magengegend.
Der Tourmanager hatte unser Bühnenbild in einer Garage aufgebaut. Es sah seltsam und befremdlich aus. Eine Wand aus Spiegeln mit einer eingebauten Tür, die man durchschreiten konnte. Diese Wand bestand jedoch nicht aus richtigen Spiegeln, sondern aus
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