Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Wand erkennen, über die ein Netz gespannt war – und davor stand ein Playmobilmännchen, an einem Mikrofon. Und das war ich.
Irgendwann drückte er einen Stecker in die Steckdose und die Lampen gingen an. »So«, meinte er zufrieden und lehnte sich in sei nem Stuhl zurück. »Das ist das Unheilige Bühnenbild.«
Ich versuchte es in diesem Augenblick zu unterdrücken, aber ich musste plötzlich laut loslachen. Mein bevorstehender und wohl auch unvermeidbarer Liveauftritt hatte in diesem Moment seinen Schrecken ein wenig verloren. Eine mit Pritt-Stift zusammengebaute Bühne mit einem Playmobilmännchen in der Mitte und zwei weiteren – Clint und der Gitarrist – am Rand hatte etwas Putziges. Und so blieb zu hoffen, dass doch noch alles gut werden würde.
Auf dem Nachhauseweg versuchte ich meine Gedanken ein wenig zu ordnen. Eigentlich wollte ich am Anfang nur einen Plattenvertrag – und Musik machen. Nun war alles sehr viel umfangreicher und komplizierter geworden. Und ich wusste nicht, wohin das noch alles führen würde.
Weiß vor Augen
Der Plattenvertrag lag endlich vor. Die Jungs von FanSation hatten mit einem Label alles geregelt und nun war es an der Zeit, die weiteren Strategien abzustimmen: Termine, Videodreh – einfach alles, was mit der bevorstehenden Veröffentlichung von Unheilig zusammenhing.
Gemeinsam mit Markus, dem Produzenten und Clint wurde bei der Plattenfirma festgelegt, dass zunächst der Titel »Sage Ja!« inklusive Video an die Presse rausgehen sollte. Bis dahin würde die Arbeit im Studio bei dem Produzenten weitergehen, da wir auch noch eine zweite Nummer als B-Seite für die Single fertig bekommen mussten. Und auch dieser Song stand bereits fest: »Skin«. Und Markus verriet, dass er die Möglichkeit hätte, einen Auftritt beim Doomsday Festival 2000 zu organisieren, was mir augenblicklich wieder den Boden unter den Füßen wegzog.
Aber für Ängste und Zweifel war in dieser Phase unserer Arbeit einfach keine Zeit mehr. Ich hatte bekommen, was ich immer wollte – meinen Plattenvertrag –, und nun musste ich eben marschieren. Also machte ich mich in der kommenden Woche auf den Weg in das Studio eines Verwandten, der das Video produzieren sollte. Ich packte alles ein, was ich mir bis dahin für meine neue Optik ausgedacht hatte, und stand irgendwann in voller Montur vor einem Spiegel und versuchte, mich an meine Kontaktlinsen zu gewöhnen. Die Augen brannten schon nach kürzester Zeit wie Feuer und wurden unnatürlich rot.
Aber in der Tat – die Linsen vermittelten tatsächlich das Gefühl, eine Sonnenbrille zu tragen. Ich fühlte mich wie hinter einer Wand und jeden, den ich ansah, schien eine merkwürdige Unsicherheit zu überkommen. Die Dinger funktionierten also tatsächlich und machten mich mutiger, da mir kaum einer mehr in die Augen zu schauen wagte.
Der Videodreh von »Sage Ja!« fand in der sogenannten Hohlkehle statt. Ein runder Raum, ganz in Weiß gestrichen, der den Anschein erweckte, als hätte er kein Ende. Das Lied wurde angespielt und ich war mit einem Mal plötzlich ganz allein. Ich stellte mir vor, auf der Bühne zu sein, und ließ meinen Emotionen freien Lauf. Die erste Aufnahme war durch und ich schaute danach in fragende, geradezu konsternierte Gesichter – aber keiner sagte etwas.
Sie ließen mich machen und ich vergaß erneut die Welt um mich herum. Als das Lied zu Ende war, rief einer »Stop!« – und alle klatschten. Erstaunlich, den Leuten in dem Studio schien es zu gefallen. Ich spürte auch die Erschöpfung nicht, obwohl der erste Dreh bis in die frühen Morgenstunden dauerte – alles lief wie in einem Film ab, in dem ich die Hauptperson war, obwohl ich eigentlich die ganze Zeit gleichsam neben mir gestanden hatte. An dem darauffolgenden Tag sollte der Dreh mit einer Band stattfinden, und dafür hatte der Gitarrist von »Sage Ja!« seine ganze Band mitgebracht.
Ich wurde in eine Höhle gestellt und die Musik startete. Ich performte wie beim ersten Dreh und die Band spielte im Hintergrund stehend den Song nach. Der ganze Dreh dauerte erneut bis spät in die Nacht hinein. Es war kalt, nass und dreckig und es standen jede Menge Zuschauer dabei, da die Höhle für alle zugänglich war.
Immer und immer wieder wurden Dreh für Dreh und jede noch so kleine Einstellung wiederholt, bis irgendwann alles im Kasten war.
Die ganze Sache war aufregend gewesen, aber auch sehr anstrengend. Ich war froh, dass alles gut gelaufen war, und fiel am Abend
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