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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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sehen, und noch immer fällt es mir schwer, unbefangen mein Spiegelbild anzulächeln. Bereits zwei Monate nach der Geburt, als ich gerade wieder weitere Strecken laufen konnte, zog ich mir vor lauter Kummer über mein Äußeres die seit fünf Jahren eingestaubten Laufschuhe an und versuchte zu joggen. Ich fing ganz klein an und hörte sofort wieder auf.
    Ziel war es, möglichst viele Runden um eine sehr kleine Grünfläche bei uns in der Nähe zu rennen. Ich dachte, es läuft wie früher: loslaufen, ein paar Schmerzen ertragen, dann ein geiles Gefühl. Ich lief los, meine Lungen brannten sofort. Und ich fühlte mich wie eine Sahnekirschtorte, die im Kofferraum eines Familienautos an einem Sonntag über eine sehr löchrige Kiesstraße transportiert wird. Es gab nichts, was an meinem Körper nicht wackelte. Es war das unangenehmste Gefühl der Welt, ich werde es nie vergessen. Als mein Kopf bemerkte, dass mein Körper sich hier gerade völlig zum Affen machte, blies er zur Heimkehr und schickte vorher noch ein paar Tränen auf die Reise. Als ich, nur sechs Minuten nachdem ich die Tür hinter mir zugemacht hatte, wieder zu Hause ankam, fragte Oscar: »Was ist denn los? Wolltest du nicht laufen gehen?« Ohne ein Wort ging ich unter die Dusche und weinte.
    Diese Geschichte verbindet mich sicher mit vielen Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes fürchten, nie wieder gut aussehen zu können. Und ein florierender Markt widmet sich diesen Ängsten. Das fängt bei meist nicht ganz billigen Anti-Dehnungsstreifen-Salben an und geht mit Still-BHs weiter. Da ist einmal das Modell »Hide you« für nur dreißig Euro, das insbesondere bei größeren Brüsten nichts anderes macht, als eine Schicht Plastikstoff über die Haut zu legen. Kein Halt, keine Form, keine Verstellmöglichkeiten. Erst einige Preisklassen weiter oben finden gut betuchte Postnatale die Modelle »Sei es dir wert« und »Kannste mal halten?«. Die sind zwar nicht unbedingt schön, verfügen aber über oben genannte Fähigkeiten. Für schöne, funktionale Still- BH s gibt es vielleicht ein geheimes Codewort oder sogar eine Untergrundorganisation, ich habe sie jedenfalls nicht gefunden.
    Wenn dann so weit alles eingepackt ist und das Laufen wieder funktioniert, können Mütter so einige Kurse belegen. Zuerst kommt man in den Rückbildungskurs, der auch außerordentlich sinnvoll ist. Schließlich will man ja irgendwann auch mal wieder ohne Hilfe vom Sofa aufstehen. Von der Rückbildung aus aber kann man Kontakt herstellen zu einer Art Kursmafia, die einen zu immer mehr Fortbildung verleitet. In solchen Kursen kann man stillen, schlafen und meditieren lernen; es gibt Babymassage, Klangkunst für Babys und Beikostkurse. Man schult uns in alternativer Verhütung, in windelfreiem Leben und am allerwichtigsten: im Tragen.
    Und hier eine Nachricht an meine Mutter: Amerikanische Wissenschaftler haben in einer einmonatigen Langzeitstudie herausgefunden, dass Kinder, die drei bis vier Stunden am Tag getragen werden, in den ersten drei Monaten bis zu dreißig Prozent weniger schreien. Und ihr macht euch darüber lustig! Ich glaube, ihr seid nur neidisch, weil euch das damals keiner erzählt hat. Denn um die Plagen mit einem dauerhaft schreienden Baby zu umgehen und es sich nicht zurück in den Uterus zu wünschen, gibt man auch mal um die hundert Euro für ein System aus und fünfzig für einen Kurs, in dem Schritt für Schritt erklärt wird, was ohnehin in der Gebrauchsanweisung steht.
    Warum das Ding System heißen muss? Weil es kein einfaches Tragetuch ist. So ein System ist erstens schneller umgelegt, erfordert zweitens viel ausführlichere TÜV -Tests, und man kann es drittens, wenn das Kind rumlaufen und spielen will, völlig lässig von der Hüfte abwärts einfach runterhängen lassen.
    Aber das Beste, was man mit so einem Tragesystem machen kann, macht man natürlich in einem – Kurs. Und zwar Sport mit dem Baby. Auf dem Flyer an meiner Pinnwand steht eine viel zu schlanke, eindeutig nicht gerade Mutter gewordene Frau, breitbeinig ihre Hände auf die Oberschenkel gestützt. Und vorne dran hängt ihr Baby in einem Tragesystem – es handelt sich um »Baby Balance«. Sie verbrennt jede Menge Fett, und das Kind muss dafür nicht mal bei einem Babysitter abgegeben werden.
    Und warum? Warum ist der Markt so groß und ausgelastet? Weil die Mütter es so wollen. Ich will, dass mich jemand an der Hand nimmt und mir in mein verwirrtes Hirn ein bisschen Orientierung pustet.

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