Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
im Onlinestadtmagazin, Titel: »Wie viel erträgt der Bezirk?« Außerdem ein spontan anberaumtes Clean-up-Event für Kinder und ihre Eltern. Schließlich würde eine anonym bleiben wollende Kitamutter dem Grünflächenamt mal einen diskreten Tipp geben. Bald schon würden große, auch Kindern verständliche Rauchverbotsschilder neben dem Klettergerüst prangen.
Die gesellschaftliche Ächtung von Lastern verhilft jenen zu mehr Selbstgewissheit, die eh schon vernünftig sind. Die alles richtig machen und deren Kinder schon ab der Grundschule aufs Gymnasium abonniert sind. Dass bei ihnen zu Hause, in den geheiligten vier Wänden, auch nicht alles rundläuft, weiß ja keiner. Es tut einfach gut, sich sozial abgrenzen zu können. Recht bald werden die sozial nachrangigen rauchenden Eltern sich einen anderen Spielplatz suchen, einen, wo nicht gegafft wird. Einen für Spielplatzaschenbecher-Benutzer und Bierchentrinker. Den verantwortungsbewussten Eltern würde das Fehlen von Kevin und Sandy möglicherweise lediglich auffallen, weil wieder mehr Bänke frei sind.
Heute rauche ich nicht mehr. Ich würde gern sagen: wegen der Kinder. Ist aber nicht so. Ich wollte einfach wieder richtig gut Luft kriegen, weniger stinken. Ich hatte Angst vor Krebs. So einfach war das. Und als meine pubertierenden Töchter glaubten, sie könnten unbemerkt und nach Qualm stinkend in ihren Kinderzimmern verschwinden, hatten sie sich getäuscht. Auf meine Frage »Hast du etwa geraucht?« bekam ich das obligatorische »Neeeein!«. Aber ich war ja nicht blöd und außerdem eine gewesene Raucherin. Das sind bekanntlich die Schlimmsten. Ich lachte höhnisch, strafte aber nicht. Auf diese Weise, hoffte ich, würden sie schon bald zur Vernunft kommen. Sind sie aber nicht. Beide rauchen bis heute.
Wollen sie oder ein Gast bei mir zu Hause rauchen, müssen sie dazu vor die Tür gehen – es gibt dort einen Aschenbecher. Es kommt vor, dass ich mich in der S-Bahn umsetze, weil jemand neben mir nach kaltem Rauch riecht. Ich bin froh, dass in Restaurants nicht geraucht werden darf. Und dennoch versage ich mir die Besserwisserattitüde. Denn wer bin ich schon, andere belehren zu wollen? Ich bin eine Süchtige auf dem Trockenen. Eine, die nicht meint, dass Rauchen etwas darüber aussagt, ob und wie sehr man seine Kinder liebt. Für mich hat Rauchen noch immer den Hautgout des Unangepassten. Also eher jener Seite, auf der man lieber steht.
Kürzlich war ich im Kino. Ich sah einen Film über eine berühmte Philosophin, die, wo sie ging, stand und lag, geraucht hat. Dunstschwaden zogen über die Leinwand, Menschen wedelten sich durch gequalmte Dialoge, in der Nahaufnahme sah man den roten Lippenstift der Protagonistin auf den Zigarettenfiltern. Ich schaute mir das Suchtspektakel an und dachte zum allerersten Mal diese hässliche Frage: Ist das überhaupt noch erlaubt, öffentliches, offensives Rauchen, wenn auch in einem Film?
Ja, natürlich ist das erlaubt. Aber wie lange noch? Nachdem Inspector Columbo irgendwann seine Zigarren nur noch unangezündet durch die Serie spazieren tragen durfte, gilt es heute als pfiffiges dramaturgisches Stilmittel, in Filmen die Bösen rauchen zu lassen. Mittlerweile ist es ein mutiges Zeichen künstlerischer Unabhängigkeit, wenn in Filmen exzessiv geraucht wird. Das flasht die Zuschauer, sie dürfen zusehen, wie jemand sich und seiner Umwelt offensichtlich Schaden zufügt. Eine Art Gesundheitsporno. Mal schauen, wo uns das hinführt. Möglicherweise wird bald die Bundesdrogenbeauftragte Warnhinweise fordern. Oder Raucher werden aus Filmen herausgeschnitten. Aber wer versteht dann noch den großartigen Film »Pulp Fiction«? Unsere Kinder und Enkelkinder jedenfalls nicht.
QUIETSCHEENTE UND RAUCHERLUNGE. WIE ICH MEINEN SICHERHEITSWAHN ÜBERWINDE UND EINE NEUE FREUNDIN FINDE
Neulich führte ich folgendes Gespräch mit einer befreundeten Mutti – das heißt so in Sachsen.
»Kennst du die Mutti von Paula?«
»Nein«, antwortete ich.
»Na, das ist die, die diese seltsame Giraffe hat, die im Ökotest durchgefallen ist.«
Hier, liebe Leserinnen und Leser, trennt sich die Spreu vom Weizen. Diejenigen, die nach der Jahrtausendwende Eltern geworden sind, wissen sofort, welche Giraffe gemeint ist. Die anderen, alten Eltern müssen sicherlich über meine Antwort lachen: »Ach, du meinst Sophie la giraffe? Die kenne ich, aber nicht die Mutter, die ihrem Kind dieses Unheil angetan hat.« Sophie la giraffe ist eine quietschende,
Weitere Kostenlose Bücher