Als schliefe sie
das Bett zu dem ihren erkoren. Ohne direkten Blick aufs Fenster könne sie nicht schlafen, sagte sie, erklärte das Bett zu dem ihren und überließ Mansûr das andere. Im Bett liegend schloss sie die Lider mit dem Bild der Farben vor Augen. Ein Vorhang vor dem Fenster kam für sie nicht in Frage. Denn ein Vorhang würde, so sagte sie, die Farben der Dunkelheit töten. Farben, auf die sie versessen war. Mansûr war es einerlei. Wann immer sie das Zimmer gemeinsam betraten, lief es nach dem gleichen Muster ab. Sie sei müde, sagte sie, schlüpfte in ihr langes Nachthemd, hüllte sich bis zum Hals in die Decke und schlief unverzüglich ein. Mansûr wartete noch etwas, nickte dabei ein. Kurz darauf erwachte er wieder, stand auf und schlich auf Zehenspitzen zu ihr hinüber. Seinem Bett den Rücken kehrend, schlief sie dicht an der Wand. Er legte sich zu ihr, und schon ging seine Hand auf die Reise. Angefangen bei den Schultern wanderte sie den Rücken hinab und vor zu Milias Brüsten. Sobald er ein erstes Stöhnen hörte, drehte er sie auf den Rücken, hob das Nachthemd und drang in sie ein. Sie atmete tiefer und stieß kurze, heisere Seufzer aus. Entspannt lag sie da. Die Hände locker geschlossen. Der Kopf, von dem langen kastanienbraunen Haar umrankt, auf das Kissen gebettet. Die Augen geschlossen und die Lippen leicht geöffnet, sodass Mansûr sich Küsse erhaschen konnte. Nach diesen kurzen Seufzern, nach der Gelöstheit, die sie an den Tag legte, dass man hätte meinen können, sie schwebe schwerelos in der Dunkelheit, war Mansûr verrückt. Er brauchte sie nur in diesem Zustand zu sehen, und sofort erglühte er in Lust, selbst wenn er kurz zuvor bereits einen Höhepunkt hatte. Leise stand er auf und ging ins Bad. Während er sich wusch, erfasste ihn erneut das Verlangen. Er trat ins Zimmer und stellte fest, dass sie ihm wieder den Rücken gekehrt hatte. Er wollte sich erneut zu ihr legen, fand aber keinen Platz neben ihr. Er versucht sie zur Seite zu schieben. Sie ließ sich nicht vom Fleck bewegen. Also zog er sich enttäuscht in sein Bett zurück.
Nach dem Geschlechtsakt ging Milia nie ins Bad. Dennoch stand sie morgens erfrischt und nach Seife duftend auf. Mansûr sprach an, was in der Nacht gewesen war. Doch sie schaute ihn nur mit großen, ungläubigen Augen an, als sei sie nicht dabei gewesen oder als sei das Geschehene nicht geschehen.
Wann badete sie eigentlich?
Wartete sie, bis er eingeschlafen war? Oder stand sie in aller Frühe auf für ein Bad und legte sich danach wieder ins Bett?
Mansûr erhob sich um sieben Uhr morgens, wenn Milia noch schlief. Er kochte einen türkischen Mokka. Wenn er seinen Kaffee und seine erste Zigarette am Küchentisch genoss, zeigte sich Milia. Wasserglitzernd.
»Hast du gebadet?«, fragte er.
Sie gab keine Antwort.
»Ich habe Lust, dir einmal beim Baden zuzusehen.«
Sie nahm die Kaffeekanne, träufelte Orangenblütenwasser hinein und bereitete das Frühstück. Labna, Käse, Thymian, Honig und Quittenmarmelade.
»Was hältst du von heute Abend vorm Zubettgehen?«
»Wovon soll ich was halten?«
»Von einem Bad. Du badest, und ich schaue zu.«
»Mir zuschauen?«
»Ja, ich will dir wegen des Gedichts von Abu Nuwâs 17 beim Baden zusehen.«
»Nun geh schon zur Arbeit. Auch ich habe heute eine Menge zu tun.«
Was sie zu tun hätte, fragte er nicht. Er wusste es. Wusste, dass sie allein durch die Stadt lief. Und er wusste, dass es an ihm lag. Denn er hatte sie nur zweimal kurz ausgeführt. Nicht einmal sonntags begleitete er sie zur Messe in die Verkündigungskirche. Stattdessen gammelte er lieber zu Haus herum. Was das Wort »herumgammeln« bedeutete, war ihm nicht ganz klar. Er stellte sich vor, dass es eine Bezeichnung für das war, wie er den Sonntagmorgen am liebsten verbrachte. Nichtstuend darauf warten, dass es zwölf wurde, sich dann einen Arrak einschenken, den Grill anheizen und Fleisch auflegen. So eröffnete er sein Trinkgelage, das meist mit einem Ehestreit endete. Denn im Rausch bedrängte er Milia, am helllichten Tag mit ihm zu schlafen, worauf sie das Haus verließ. Wenn sie zwei Stunden später heimkehrte, schlief er fest. Dann machte sie sich an den Abwasch und ans Aufräumen.
Wie und wann badete sie?
Mansûr stellte sich Milia wie die Badende in dem Gedicht von Abu Nuwâs vor. Durchscheinend wie Wasser, übergossen von Wasser.
Er setzte das Glas an die Lippen, nahm einen Schluck Arrak und rezitierte:
»Nackt, umschmeichelt von Luft,
zart wie
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