Alta moda
Journalisten –, aber diesmal hatte er total danebengehauen. Wenn der Maresciallo schon gestern abend mit einem unguten Gefühl nach Hause gegangen war, so fand er sich heute völlig entmutigt.
»Was ist denn los mit dir?« fragte seine Frau als erstes, ohne auch nur vom Herd aufzusehen, wo sie Brotkrumen in heißem Olivenöl schwenkte.
»Nichts.«
Teresa seufzte. Es zog ihn immer dann in die Küche, wenn er ihr dort am meisten im Weg war. Und sie hatte in all den Jahren ihrer Ehe den Versuch nicht aufgegeben, ihn aus ihrem Reich zu verscheuchen. Die Küche war nicht besonders groß, und Salvatore brauchte viel Platz. Aber mit den Jahren hatte sie auch gelernt, daß ihr Mann, wenn er erst seine Uniform auszog und sich duschte, bevor er in die Küche kam, mit einer Umarmung zufrieden war und damit, an den Töpfen zu schnuppern und einen Happen vorab kosten zu dürfen. Die schwarze Gestalt, die sich heute wuchtig und stumm hinter ihr aufbaute, verhieß dagegen nichts Gutes.
»Macht dir der Fall Brunamonti zu schaffen?«
»Nein. Ja. Ich weiß es nicht.«
Sie gab die gerösteten Brotkrumen in eine Schüssel und holte Oliven und Pasta aus dem Schrank.
»Sei so gut und geh mir aus dem Weg, Salva.«
Er rückte ein paar Zentimeter zur Seite und schlug erneut Wurzeln.
»Warum gehst du nicht rüber und siehst dir die Nachrichten an?« Keine Antwort.
»Es gibt spaghetti alla mollica…«
»Wo sind die Jungs?«
»In ihrem Zimmer, nehme ich an, bei den Hausaufgaben. Aber du kannst sie gleich rufen, das Nudelwasser kocht schon. Salva, bitte! Mußt du dich ausgerechnet dann hier breitmachen wie ein gestrandeter Wal, wenn ich das Essen auf den Tisch bringen will? Du könntest wenigstens den Wein aufmachen… Habe ich die Gläser rausgestellt? Hab ich, ja. Nun mach doch mal Platz, Salva. Ich weiß nicht, was manchmal in dich fährt. Aber wenn’s dich so erwischt, dann redet man wie gegen eine Wand. Wenn wir in den Supermarkt fahren, erinnere mich dran, Spaghetti mitzunehmen. Diese Woche gibt’s drei Pakete zum Preis von zweien. Was ist, machst du jetzt den Wein auf?«
Er trank ein erstes Glas, ließ den tröstlichen Singsang ihrer Stimme an sich vorbeirauschen und fühlte sich gleich ein wenig besser.
»Wo willst du denn jetzt hin?«
»Ich dachte, ich guck mal die Nachrichten. Was gibt’s denn zu essen?«
Als es Schlafenszeit war und er sich vergewisserte, daß alle Läden gegen den Wind gesichert waren, hatte der Maresciallo sein Gleichgewicht fast wiedergewonnen. Spaghetti und Rotwein sind eine wunderbare Seelenkur. Aber als er dann friedlich ausgestreckt im Bett lag und die beschaulichsten fünf Minuten des Tages genoß, während Teresa noch herumhantierte, Kleidungsstücke zusammenlegte, sich das Gesicht eincremte und ihm von den Kindern erzählte, da rumorte immer noch dieses namenlose Unbehagen in ihm. Keine große Sache, nein, aber doch ein ungutes Gefühl. Es ließ sich nicht greifen, nicht dingfest machen, und gerade das reizte ihn.
»Weißt du, Toto ist im Grunde viel gescheiter als Giovanni, es ist die Einstellung, an der’s bei ihm hapert.« Er kriegte es einfach nicht zu fassen… »Und wenn du mich fragst, dann hat es auch sehr viel mit Überheblichkeit zu tun. Giovanni weiß, daß er ein bißchen langsam ist, und ihm macht es nichts aus, zu ochsen und sich auch mal helfen zu lassen, wenn er allein nicht weiterkommt, aber Toto, der bildet sich ein, er könnte sich, auch ohne zu lernen, durchmogeln, und das mußte ja irgendwann mal schiefgehen. Bis zum Juni wird der Junge sich ganz schön auf den Hosenboden setzen müssen.«
»Es ist doch erst Februar…«
»Um Gottes willen, daß du so was ja nicht zu ihm sagst! Ein bißchen weniger Arroganz und ein bißchen mehr Fleiß, das ist es, was der Bengel braucht. Und er soll endlich kapieren, daß er genauso lernen muß wie alle anderen.«
»Ja, ja…« Genauso wie alle anderen. Waren es die unorthodoxen Methoden des Staatsanwalts… nein, wohl kaum. Trotzdem führte er den lästigen Knoten in seinem Hirn, der sich jetzt, wo er still im Bett lag, um so empfindlicher bemerkbar machte, irgendwie auf diesen Gedankengang zurück… Fusarri, der Capitano, Nesti.
Nesti… dessen Bemerkung über einen etwaigen Karriereschub war wirklich ärgerlich, aber der Reporter war heute zum erstenmal aufgekreuzt, und was immer ihn plagte, war schon vorher dagewesen. Eigentlich von Anfang an. Wieso hatte er nur so ein ungutes Gefühl? Er hatte doch alle Vorkehrungen
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