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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Stadt, raffiniert auf Spannung getrimmt hatte. Er bestand fast nur aus Fragen wie: Warum verschwindet die Contessa Brunamonti ausgerechnet kurz vor der Eröffnung der Modewoche? und unkommentierten Tatsachenfeststellungen à la: Zu dem verschollenen Auto verweigert die Belegschaft des Modehauses Contessa jede Auskunft.
    Um dem ein Ende zu machen, entschied Fusarri: »Wir müssen die Zeitungsfritzen auf unsere Seite bekommen. Haben sie die Familie entsprechend instruiert, Maresciallo?«
    »Gestern abend habe ich mit der Tochter telefoniert, gewissermaßen unter dem Vorwand, ich müsse ihr und dem Bruder das mit dem Hund berichten.«
    »Ausgezeichnet! Ich wußte, wir können uns auf Sie verlassen. Das ist genau die Art Information, die sie getrost an die Reporter weitergeben kann, ohne sich damit aufs Glatteis zu wagen. Und wenn sie die Jungs dann noch das obligatorische Foto schießen läßt, haben wir gewonnen.«
    »Auch das habe ich vorgeschlagen. Die Geschwister sind beide sehr attraktiv.«
    »Hervorragend. Sie gehen heute in den Palazzo?«
    »Wie jeden Tag, solange man mich vorläßt.«
    »Empfehlen Sie dem Mädchen die Hundegeschichte, wenn Sie den Eindruck haben, daß ihr selber nichts einfällt. Ich überlasse die beiden ganz Ihnen, bis eine Lösegeldforderung eingeht oder bis dieser Amerikaner mit seinem Detektiv auftaucht – je nachdem, was eher passiert.«
    »Ich fürchte, letzteres. Man erwartet den amerikanischen Signor noch heute abend.«
    Schon deshalb wäre der Maresciallo auf jeden Fall am Nachmittag zu den Brunamontis gegangen, wo er zusammen mit den Geschwistern die drei Fragen vorbereitete, deren richtige Beantwortung für das Leben der Contessa bürgen würde.
    »Wenn die sich melden, werden sie so aufgeregt und kopflos sein, daß es besser ist, sie sind beizeiten gerüstet.« Fotoalben aus ihrer Kindheit könnten ihnen auf die Sprünge helfen, schlug er vor; könnten ihnen kuriose Details ins Gedächtnis rufen, die nur der unmittelbaren Familie bekannt seien. Man einigte sich schließlich auf die Frage nach dem ersten Ballkleid der Tochter, das ihre Mutter selbst entworfen und genäht hatte; nach dem Titel des ersten Buches, das Leonardo ohne Hilfe auf englisch lesen konnte; und nach dem antikisierenden Motto für die bevorstehende New Yorker Modenschau, mit dem Leonardo noch beschäftigt war und dessen Entwürfe bislang niemand außer seiner Mutter gesehen hatte.
    »Und da sind Sie sich ganz sicher? Was ist mit Signor Hines… Hines, das war doch der Name, ja?«
    »Ja, aber er weiß von nichts. Ich wollte erst die Zeichnungen fertig haben. Außerdem würde er bestimmt…«
    »Niemand außer Ihrer Mutter darf die richtigen Antworten kennen. Das gilt ohne Ausnahme.«
    »Schon gut.«
    Ehe der Maresciallo dazu kam, die Empfehlung des Staatsanwalts bezüglich der Hundegeschichte weiterzugeben, standen schon die Reporter auf der Schwelle.
    Leonardo schickte die ewig verheulte Sylvia zur Tür und bat seine Schwester: »Bist du so gut?« An den Maresciallo gewandt, setzte er hinzu: »Wenn Sie einen Moment mit in mein Studio kommen würden?«
    Der Maresciallo folgte ihm. In dem Studio herrschte ein heilloses Durcheinander. An den Wänden hingen Skizzen und Tuschezeichnungen, die, soweit der Maresciallo das beurteilen konnte, allesamt nichts mit Kleidern zu tun hatten. Nicht, daß er von diesen Dingen irgendeine Ahnung gehabt hätte… Allein, Leonardo bestätigte seinen Eindruck. Er entwarf nicht die eigentlichen Kollektionen, sondern das dazugehörige Ambiente: die Show, die Kulissen, das Licht, die Musik. Er suchte die Präsentationsstätten aus, deren Spektrum heutzutage von einer römischen Privatvilla bis hin zu einem Lagerhaus auf den Londoner Docks reichen konnte. Auch für andere Veranstaltungen, bei denen spektakuläre Inszenierungen zum Konzept gehörten, war er als Designer tätig.
    Jetzt wollte er mit dem Maresciallo das finanzielle Problem klären. Auch er war der Auffassung, man solle lieber zu früh als zu spät gerüstet sein. Aus dem gebrochenen jungen Mann, der stumm vor sich hin gelitten hatte, bis ihn der Krankenwagen abtransportierte, war ein intelligenter, entschlossener und konzentrierter Tatmensch geworden. Er hatte sich über das Gesetz zur Sperrung von Vermögenswerten informiert, kannte dessen Anwendung und Elastizität. Er wußte, daß ein leiblicher Verwandter, der gegen das neue Gesetz verstieß, straffrei ausging, ja daß Lösegeldzahlungen nach Paragraph 4, Absatz 7 ›im

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