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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Knabe, aber eben nur fast. Also, wenn ich sonst nichts mehr für Sie tun kann…«
    Als sie die Steinstufen zur Straße hinabgingen, sagte der Maresciallo: »Ziemlich schäbiger Laden…«
    »Nicht wahr? Aber Sie sollten mal die Villa sehen, in der er wohnt! Ein Prachtbau aus dem Cinquecento, vollgestopft mit Kunstschätzen, alle legal mit dem Erlös aus seinen illegalen Geschäften erworben. Dazu im Park ein marmorner Swimmingpool, von Statuen gesäumt…«
    »Wie lange hat er gesessen?«
    »Nicht annähernd lange genug, Maresciallo, glauben Sie mir! Ich wünsche aufrichtig, daß Sie ihn wegen dieser Entführung drankriegen, aber viel Hoffnung habe ich, ehrlich gesagt, nicht bei einem so gerissenen Kerl.«
    Die beiden trennten sich ein Stück weiter unterhalb der Straße, und der Maresciallo nahm die Abkürzung durchs Kirchgäßchen zur Piazza Santo Spirito.
    »Verdammt!« Er hatte gar nicht mehr an den Pförtner und das verschlossene Portal gedacht. Schon im Begriff, die Pförtnerglocke zu ziehen, fiel sein Blick auf ein Klingelschild daneben, mit der Aufschrift Collezione Contessa, und er probierte sein Glück erst einmal dort. Nach kurzem Warten näherten sich Schritte. Signora Verdi öffnete mit Mühe einen der schweren Torflügel. Als der Maresciallo ihr zu Hilfe kam, legte sie warnend einen Finger an die Lippen.
    »Das ist eigentlich nicht erlaubt«, flüsterte sie. »Alle Besucher müssen sich beim Pförtner melden, und der fragt dann bei Ihro Gnaden an, ob sie vorgelassen werden dürfen. Ich weiß nicht, ob Sie erwünscht sind.«
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken.«
    Sie zog ihn eilends ins Atelier. »Von Olivias Freunden werden nur die vorgelassen, die bereit sind, Geld rauszurücken, soviel haben wir mitgekriegt. Aber was ist, bringen Sie Neuigkeiten?« Jedes Augenpaar im Saal wartete gespannt auf seine Antwort.
    »Nichts, worüber ich Ihnen Auskunft geben dürfte. Und eigentlich bin ich gekommen, um Sie etwas zu fragen, Signora. Es dauert auch nicht lange.« In Wahrheit hatte sie ihm schon verraten, was ihn interessierte, aber er wollte doch der Form Genüge tun. »Haben Sie vielleicht eine von Ihren Etiketten zur Hand?«
    »Ja, sicher…« Sie nahm die Schachtel, die bei seinem ersten Besuch geliefert worden war, von einem Regal. Über die Hälfte der Etiketten war offenbar schon verbraucht. Demnach setzten die Leute hier ihre Arbeit fort, was ihn freute. Er fischte ein Schildchen heraus.
    »Erinnern Sie sich, daß Sie mir erzählt haben, es sei darüber diskutiert worden, ob man der Collezione Contessa nicht auch den Namen Brunamonti hinzufügen solle?«
    »Ach, hab ich das erwähnt? Ist mir über all der Aufregung entfallen. Ja, es stimmt, wir hätten gern den Namen dazugenommen, um uns vor billigen Nachahmern zu schützen, aber Ihro Gnaden…«
    »Genau den Ausdruck haben Sie damals auch verwendet, doch damit war die Signorina Caterina gemeint, nicht wahr?«
    »Ja, wer denn sonst! ›Ich bin eine Brunamonti, aber du nicht‹ so hat sie hier im Atelier zu ihrer Mutter gesprochen. Das hat Olivia das Herz gebrochen – nicht wegen der Etiketten, Sie verstehen schon. Außer ihrer Mutter waren wir alle heilfroh, als sie die Firma satt hatte und sich hier unten nicht mehr blicken ließ. Solange sie dabei war, gab es ja nichts, was sie nicht besser konnte – zumindest mit dem Mundwerk: Ständig kritisierte sie die Designer oder meckerte an der Arbeit der Näherinnen herum. Um Olivias willen mußten wir uns das gefallen lassen, aber Sie können sich vorstellen, wie Leuten mit dreißig und mehr Jahren Erfahrung zumute ist, wenn sie sich von einer Göre dumm anreden lassen müssen, die in Wahrheit von nichts eine Ahnung hat – und Brunamonti hin oder her, sie ist nun mal nichts weiter als ein verzogenes Kind. Jedenfalls, wir waren aus dem Schneider, als sie sich in den Kopf setzte, sie gehöre auf den Laufsteg. Besser als die gelernten Mannequins wollte sie sein. Das war bei der Modewoche in Milano. Und dann stand sie hinter der Bühne, die Musik spielte schon, sie trug ein Brautkleid – die Krönung von Olivias Kollektion –, und das verdammte Gör weigerte sich rauszugehen. Stand da wie gelähmt. Was für ein Desaster! Aber damit waren wir sie Gott sei Dank endgültig los! Sie kann nichts dafür, daß sie nicht so begabt ist wie ihr Bruder, aber wenigstens die guten Manieren hätte sie sich von ihm abgucken können, von ein bißchen gesundem Menschenverstand ganz zu schweigen – und etwas

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