Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
Truhe da drüben ist in Wirklichkeit ein Kühlschrank– raffiniert, oder? Und es ist Wodka drin. In der Zwischenzeit lasse ich etwas zu essen kommen.« Sie strich mit einer kühlen, trockenen Hand über Zoes Wange. » Armes Schätzchen. Sie sehen halb verhungert und ganz blau vor Kälte aus.« Dann ging Anja und ließ eine Wolke von Yves Saint-Laurents Opium zurück.
Die ganze Garderobe roch danach. Das Dekor hier drin war türkischer Harem, der Holzboden mit sich überlappenden türkischen Teppichen ausgelegt, der Spiegel über dem Schminktisch vergoldet, und es gab eine Chaiselongue mit perlenbesetzten Fransenkissen. Ein Samowar blubberte auf einem Tisch.
» Ich sollte den Tanz der sieben Schleier aufführen«, sagte Zoe.
Ry kam zu ihr und strich ihr eine lose Haarsträhne hinters Ohr. » Alles in Ordnung? Sie sehen wirklich mitgenommen aus.«
Sie lächelte, aber sie machte einen Schritt zurück. Sie hatte seine Berührung bis zu den Zehenspitzen hinunter gespürt, und sie wollte nicht in diese Richtung gehen. Es wäre töricht von ihr.
» Außer dass mein Inneres durchgeschüttelt ist wie eine Portion Rührei, geht es mir ganz gut. Aber wenn Sie uns wieder einmal ein Fluchtfahrzeug stehlen, muss es nicht unbedingt ein Pizza-Motorrad sein.«
Um seine Augen bildeten sich kleine Fältchen. » Ich könnte es mit etwas Klassischem wie einem BMW versuchen.«
» Solange er nicht silbern ist. Wenn ich noch mal einen silbernen BMW sehe, springe ich vielleicht wieder in die Seine.«
» Ist der BMW Ihrer Mutter nicht silbern?«
» Eben.«
Er lachte und ging zu dem Tisch mit dem Samowar. Sie sah, wie er Tee in zwei hohe, geschwungene russische Gläser goss und dann zwei Stück Zucker auf die dafür vorgesehenen kleinen Tüllen legte. Wie kam es, dass ein Typ namens O’Malley besser Russisch sprach als sie? Und er hatte die Rolle eines Vors so gut gespielt, dass er sogar ihre Mutter zum Narren gehalten hatte, eine Pakhan der russischen Mafia. Das konnten sie ihm unmöglich bei der DEA beigebracht haben. Es gab einfach zu viel, was sie nicht über ihn wusste– sie wäre verrückt, ihm zu trauen. Gut, er hatte ihr heute ein paar Mal den Arsch gerettet, aber trotzdem…
Sie ging zu der Chaiselongue und ließ sich darauf nieder. Der Riemen ihrer Tasche schnitt ihr in die Schulter. Ihre Augen fühlten sich sandig an, und jeder Knochen im Leib tat ihr weh. Ihr Magen war inzwischen so leer, dass es hallte, wenn er knurrte.
Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, und etwas war klebrig darin. Beim besten Willen konnte sie sich nicht erinnern… Dann fiel ihr die Geburtstagstorte ein, durch die Ry auf ihrer Irrsinnstour durch die Straßen von Paris gepflügt war.
Offenbar hatte sie bei der Erinnerung gelächelt, denn Ry drehte sich mit den Teetassen in der Hand um und sagte: » Was ist los? Sie sitzen da und grinsen wie ein Idiot.«
Sie lachte. » Mir ist gerade der Gesichtsausdruck von diesen beiden Typen eingefallen, als Sie mitten durch ihre Hochzeitstorte gefahren sind. Das war ein wilder Ritt, O’Malley. Ich dachte…«
Sie wurden unterbrochen, als Madame Blotski klopfte und die Tür öffnete. Sie trug ein Tablett mit Besteck, Gläsern und einem halben Dutzend weißen Take-away-Kartons herein.
» Von Igors Deli«, sagte die Frau. » Es gibt Hähnchen tabaka, eingelegten Kohl und Kotleta, die mit Lamm gefüllt sind, nicht mit Pferd, wie er versichert, also keine Sorge. Das Brot ist Pumpernickel. Mögt ihr das?«
» Ja«, sagte Ry. » Spasibo.«
Zoes Mund war plötzlich so voller Wasser, dass sie ernsthaft befürchtete, sie könnte zu sabbern anfangen. » Es riecht wundervoll. Spasibo.«
» Keine Ursache. Und bitte bedient euch beim Wodka.«
Die Frau stellte das Tablett auf der Truhe ab, die auch als Kühlschrank diente, und sagte: » Esst, esst. Ich verziehe mich solange, damit ihr Kinder ungestört seid.«
Zoe wartete, bis sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, dann sah sie Ry an, und die beiden lächelten. » Wir ›Kinder‹? Was ist das hier überhaupt?«
» La Casbah? Es ist ein Nachtklub, der von weißrussischen Emigranten in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, auch wenn er inzwischen natürlich einige Male den Besitzer gewechselt hat. Anja war Sängerin in einem Moskauer Nachtklub, als die Sowjetunion zusammenbrach. Sie ist hierher ausgewandert und hat den Laden gekauft.«
Wahrscheinlich mit ein wenigMafia-Geld, dachte Zoe, aber sie war zu hungrig, um das Thema
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