Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
abholen.«
»Sehr gut!«, rief Lorenz aus. »Wir fahren zum Floto. Vielleicht erfahren wir aus erster Hand mehr über das persönliche Umfeld des Ermordeten.«
»Nix da!« Benny tippte mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Kommissar Wollbrand nehm ich dahin nicht mit. Die Klinkenberg reißt mir den Kopf ab. Außerdem muss ich euch sowieso rausschmeißen, sonst krieg ich die Betten nicht in den Transporter.«
»Verräter«, knurrte Lorenz. »Aber bitte, wenn du unbedingt unsere Ermittlungen behindern willst –, auch das schreibt der Opa Bertold in sein Tagebuch.«
Benny lachte. »Ach komm, was willst du auch von dem Floto?«
Lorenz brummte noch etwas in seinen Bart, was niemand verstehen konnte, aber alle nahmen an, dass Kommissar Wollbrand dem jungen Pfleger die Fähigkeit absprach, seine Ermittlungsmethodik beurteilen zu können.
Wenig später hatte Benny die Alten wohlbehalten am Eingang der Seniorenresidenz abgesetzt und war auf dem Weg zum Sanitätshaus Floto. Am Parkplatz hinter dem Geschäft angekommen, parkte er den Transporter und begann, die Sitze umzubauen, um Platz für die Lieferung zu schaffen. Während er im Wagen hantierte, nahm er aus dem Augenwinkel wahr, wie einige Männer aus dem Hinterausgang des Gebäudes traten. Einen kannte er. Es war Hermann Floto, der in der Tür stehen blieb und die anderen offenbar verabschiedete. Diese Männer kamen Benny nicht wie die typischen Kunden eines Sanitätshauses vor. Es waren junge Kerle mit kahl geschorenen Schädeln und kurzen, militärisch wirkenden Jacken. Sie lachten laut und stiegen in ein Auto ein, das neben Bennys Transporter stand. Als die Männer ihn sahen, grinste er ihnen zu und sagte laut: »Hallo!« Leise fügte er ein »Heil Hitler, Kameraden« hinzu. Die Gesichter der Typen und deren Kleidung, auf der streng dreinblickende Adler und der Markenname »Consdaple« zu sehen waren, sagten ihm genug. Benny war erleichtert, als die Männer davongefahren waren, ohne ihn weiter zu beachten. Und noch froher war er darüber, dass Opa Bertold nicht dabei war. Eine Begegnung dessen frechen Mundwerks mit solchen Typen hätte unangenehm werden können. Benny brummte etwas vor sich hin, fast so wie Kommissar Wollbrand es vielleicht getan hätte, und machte sich auf den Weg ins Geschäft.
13. Kapitel
Klara Bullinger strich eine Falte ihres Kostüms glatt und wies auf einen leeren Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch auf Besucher wartete. »Bitte, Paul, setz dich doch.«
Der riesenhafte Mann, der in ihrem Büro stand, fuhr sich durch das auf drei Millimeter geschorene Haar. Seine Vorgesetzte wusste genau, dass er lieber stehen blieb, daher vermutete er nichts Angenehmes.
»Woran arbeitest du gerade, mein Lieber?
»Chefin, wenn du das fragst, werde ich sowieso abgezogen, egal welchen Fall ich gerade bearbeite. Außerdem liegt mein letzter Bericht vor dir.« Paul wies auf eine Kladde, die sauber geordnet neben anderen Papieren auf dem Tisch lag.
Klara Bullinger lächelte. »Du bist mein bester Ermittler, und momentan benötige ich einen erfahrenen Mann mit Fingerspitzengefühl.«
»Das ist nicht dasselbe«, versetzte Paul. »Aber da ich eh keine Chance habe – worum geht’s?«
Die Bullinger lächelte noch gewinnender. »Eben erhielt unser Polizeipräsident einen Anruf von der amerikanischen Botschaft in Berlin. Es geht um eine amerikanische Staatsbürgerin, die sich zurzeit in Untersuchungshaft befindet. Und offenbar hat diese Frau einen Status, der aus Sicht unserer amerikanischen Freunde keinen Aufenthalt in einer Zelle zulässt.«
»Hört sich nicht so an, als ob das ein Job für mich wäre. Das ist doch eher was für den diplomatischen Dienst. Und, liebe Klara – bin ich diplomatisch?«
»Eher nicht, mein lieber Paul. Allerdings gibt es hier einige Besonderheiten. Diese Frau wurde von den Kollegen in Düren verhaftet. Sie steht im Verdacht, einen alten Herrn ermordet zu haben, der wohnhaft war in einer Einrichtung namens – Moment.« Klara Bullinger nahm einen Notizzettel zur Hand und las vor: »Seniorenresidenz Burgblick.«
Paul stöhnte auf. »Nicht doch.«
»Eben. Bei dem Ermordeten handelt es sich natürlich nicht um den Großvater deiner – Bekannten, jedoch habe ich mir gedacht, dass ich in diesem Falle jemanden vor Ort brauche, der – nun ja – das Umfeld der Tat kennt. Zudem sieht es so aus, als ob unser Dezernat den Fall übernehmen muss.«
»Sagt wer?«
»Unser Präsident. Das ist Diplomatie, musst du nicht
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