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Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Titel: Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
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spürte auch noch den nächsten Schlag, der wieder seine Rippen traf, und er blieb auch noch lange genug bei Bewusstsein, um wie durch einen blutigen Nebel verschwommen zu sehen, wie der Mann gelassen und ohne Hast vom Hof schlenderte.

38. Kapitel
    Lorenz kaute lustlos an einer Scheibe Brot herum. Die Sonne schien warm und freundlich durch die breite Fensterfront des Speisesaals der Seniorenresidenz Burgblick. Dennoch war seine Laune nicht die beste. Heute Morgen hatte er eine Email seines Sohnes Stephan gelesen, der mit ihm sprechen wollte. Lorenz fragte sich, wie er ein solches Gespräch gestalten könnte. Er hatte keine Idee dazu, und er wollte es möglichst weit von sich wegschieben. Er legte das Brot beiseite und versuchte sich an dem Frühstücksei, das er eben geköpft hatte. Lorenz musste zu lange gewartet haben oder das Ei hatte vorher schon zu lange dagelegen, jedenfalls war das Eigelb bereits abgekühlt.
    »Wenn es etwas gab, das Kommissar Wollbrand mehr hasste als sperrige Fälle, in denen er nicht weiterkam, dann war es kalter, flüssiger Eidotter.«
    »Ich könnte dir auf der Stelle mindestens ein Dutzend Dinge aufzählen, die du noch mehr hasst.« Gustav trat an den Tisch. »Darf ich mich trotzdem setzen?«
    Lorenz wies brummend auf den ihm gegenüberliegenden Platz. »Du fragst mich doch sonst auch nicht um Erlaubnis. Moin.«
    »Guten Morgen, Lorenz«, sagte Gustav und setzte sich. »Warum hast du dir denn kein Rührei mit Speck genommen? Das isst du doch sonst immer so gerne?«
    »Das war aber eben aus, als ich kam. Hab mir gedacht, ich könnte es auch einmal mit einem klassischen Frühstücksei versuchen. War aber ein Fehler.«
    Gustav wies in Richtung der Küchentheke. »Jetzt ist wieder Rührei da. Soll ich dir eine Portion holen? Ich stehe gerade noch. Wenn ich mich erst einmal gesetzt habe, wiederhole ich das Angebot nicht.«
    »Ich glaube, er blufft nur«, sagte Bärbel und setzte sich neben Lorenz an den Tisch. »Guten Morgen, meine lieben Männer.«
    »Moin«, sagten Gustav und Lorenz gleichzeitig.
    »Ist das nicht ein herrlicher Tag?« Bärbel hatte offensichtlich gute Laune, wie fast immer. »Und, wie geht es heute weiter?«
    Gustav antwortete: »Ich habe mich über diesen Stadtrat schlau gemacht, der dem Kratz gegen den Floto und seine Schläger geholfen hat. Der ist noch ein recht junger Kerl, so Ende dreißig, heißt Henry Drechsler, stammt aus dem Osten. Er ist momentan arbeitslos, hat irgendwas in Sachen Natur studiert, was man gerade wohl nicht so dringend braucht. Er sitzt im Stadtrat für die Partei ›Menschen für Nideggen‹. Niemand sagt ihm irgendeine Verbindung zu Extremisten nach, weder rechts noch links.«
    »So, der ist also gar nicht von hier«, meinte Lorenz.
    »Macht ihn das verdächtig?«, fragte Bärbel.
    »Nee, natürlich nicht. Aber das heißt auch, er hat keine Wurzeln hier, keine alten Leichen im Keller, die mit der Geschichte der Judenverfolgung in Nideggen zu tun hätten oder sonst etwas in der Richtung.«
    »Kann man so sagen«, bestätigte Gustav. »Keine Verwandten hier, kein Besitz. Man sagt, er sei nach Nideggen gekommen, um einen Job im Nationalpark Eifel anzutreten, den er aber dann nicht bekommen hat. Jetzt ist er politisch tätig. Er wohnt in einem kleinen Haus in der Zülpicher Straße zur Untermiete, nur einen Katzensprung von hier, gleich neben dem Zülpicher Tor.«
    »Na, dann lasst uns dem jungen Mann doch einen Besuch abstatten«, meinte Lorenz und wollte aufstehen.
    »Ach, und wir dürfen noch nicht einmal frühstücken?«, fragte Bärbel lächelnd.
    Lorenz winkte ab. »Na, wenn’s sein muss. Aber lasst euch nicht zu viel Zeit damit. Der frühe Vogel kommt in den Topf, oder wie das heißt.«
    Immerhin musste Lorenz sich noch eine halbe Stunde gedulden, bis sie sich auf den Weg zu Drechsler machten. Sie benötigten für den kurzen Fußweg nur wenige Minuten. Auf der Klingel des Hauses, welches Gustav ermittelt hatte, stand der Name nicht. Dennoch war es Henry Drechsler, der die Tür öffnete.
    »Moin, Herr Drechsler«, begann Lorenz.
    »Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?« Drechsler sah übernächtigt aus, seine Frisur war unordentlich, es schien so, als sei er gerade erst aufgestanden. Lorenz erinnerte sich daran, dass es gerade neun Uhr war und damit für einen arbeitslosen Menschen unter siebzig durchaus früher Morgen.
    »Es geht um einen unserer Freunde«, fuhr Lorenz fort. »Jakob Kratz. Sie haben ihm vor Kurzem dankenswerterweise

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