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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ein Klub existiert angeblich. Er wurde erst vor zwei oder drei Jahren gebaut. Wenn Sie am Pfarrhaus vorbeigehen und nach rechts abbiegen, sehen Sie das Haus schon. Eigentlich ist es ziemlich hässlich, aber den alten Leuten gefällt es. Sie können dort spielen und so weiter. Viele Damen helfen da. Sie veranstalten Konzerte, na, so was Ähnliches eben, Sie wissen schon. Fast wie der Frauenverein, nur eben für alte Leute. Sie sind alle schon sehr alt und die meisten sind taub.«
    »Ja.« Tuppence nickte. »Ja, so hat es sich angehört.«
    Die Haustür öffnete sich. Janet, wegen ihrer intellektuellen Überlegenheit dazu berechtigt, stand an der Spitze. Hinter ihr kam Clarence, dann ein hochaufgeschossener Junge, der schielte und anscheinend Bert hieß.
    »Guten Tag, Mrs Beresford«, sagte Janet. »Alle freuen sich schon, dass Sie kommen. Aber Sie sollten einen Schirm mitnehmen; es wurde Regen vorausgesagt.«
    »Ich muss auch in die Richtung«, erklärte Albert, »ich kann Sie ein Stück begleiten.«
    Albert, dachte Tuppence, war immer so fürsorglich. Aber warum auch nicht? Allerdings glaubte sie nicht, dass ihr Janet, Bert oder Clarence gefährlich werden konnten. Der Weg dauerte etwa zwanzig Minuten. Dann standen sie vor einem roten Gebäude. Sie traten durch das Gartentor und wurden an der Haustür von einer dicken, etwa siebzigjährigen Frau empfangen.
    »Oh, da ist ja unser Besuch! Ich freue mich sehr, dass Sie kommen konnten, meine Liebe.« Sie klopfte Tuppence auf die Schulter. »Vielen Dank auch, Janet. Hier entlang, bitte. Ach, ihr braucht übrigens nicht zu warten, wenn ihr nicht wollt.«
    »Ich glaube, die Jungen wären sehr enttäuscht, wenn sie nicht erfahren, um was es geht«, sagte Janet.
    »Heute sind gar nicht so viele Leute da, wisst ihr. Vielleicht ist es für Mrs Beresford einfacher und nicht so anstrengend, wenn wir nicht so viele sind. Übrigens, Janet, würdest du in die Küche gehen und Mollie sagen, dass sie den Tee servieren kann?«
    Eigentlich war Tuppence nicht zum Tee gekommen, aber sie konnte schlecht ablehnen. Er stand im Nu auf dem Tisch und war sehr dünn. Dazu gab es ein paar Plätzchen und Brote mit einem ziemlich scheußlichen, stark nach Fisch schmeckenden Aufstrich. Danach saßen sie herum und wussten nicht recht weiter.
    Ein alter bärtiger Mann, der auf Tuppence wirkte, als wäre er hundert Jahre alt, kam und setzte sich neben sie.
    »Ich rede wohl besser als Erster mit Ihnen, Mylady«, sagte er und erhob Tuppence mit seiner Anrede in den Adelsstand. »Da ich der Älteste bin und viel mehr alte Geschichten kenne als alle andern. Das ist hier ein historischer Ort, verstehen Sie. Oh, und was hier alles passiert ist. So viel, das wir es gar nicht auf einmal erzählen können. Wir alle – ja, alle von uns haben von den früheren Ereignissen gehört.«
    »Das denke ich mir«, sagte Tuppence hastig, ehe er zu Themen kommen konnte, für die sie nicht das geringste Interesse hatte. »Man hat mir schon berichtet, dass hier viele merkwürdige Dinge geschehen sind, nicht so sehr im Zweiten Weltkrieg als in dem davor oder sogar noch früher. So weit werden Ihre Erinnerungen kaum zurückreichen, aber es könnte ja sein, dass Sie etwas gehört haben, vielleicht von Verwandten.«
    »Da haben Sie Recht«, antwortete der alte Mann. »Ganz recht. Ich habe viel von meinem Onkel Len erzählt bekommen. Das war ein feiner Mann, mein Onkel Len. Er hat viel gewusst. Zum Beispiel, was in dem Haus unten am Quai passierte, vor dem letzten Krieg – eine üble Sache. Wissen Sie, einer von diesen Fa…«
    »Faschisten«, ergänzte eine ältere, streng aussehende Dame mit grauem Haar und einem Spitzentuch, an dem der Zahn der Zeit genagt hatte.
    »Also, er war einer von denen. Jawohl. Genau wie der Kerl in Italien. Mussolini, nicht wahr? Er hatte auch so einen komischen Namen, Mussels oder Cockles, und hat hier wahrhaftig Unheil gestiftet. Er hat Versammlungen abgehalten, wissen Sie. Na, lauter solche Sachen. Ein gewisser Mosley hat als erster damit angefangen.«
    »Im Ersten Weltkrieg wohnte hier ein Mädchen, die Mary Jordan hieß, stimmt das?«, fragte Tuppence und wusste nicht, ob es klug war, danach zu fragen.
    »Ach, die! Sie soll sehr hübsch gewesen sein. Ja. Sie hat die Soldaten und Matrosen ausgehorcht.«
    Eine sehr alte Dame begann mit dünner Stimme zu singen:
     
    »›Mein Schatz muss kein Matrose sein
    und auch kein Infanterist.
    Für mich muss er der Richtige sein,
    und der ist

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