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Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)

Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)

Titel: Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam , Nadine Pueschel , Maximilian Stadler
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folgte ihm zu einem Brunnenrand aus schwarzem Stein. Der Mann hob den Deckel, als erwarte ihn darunter ein köstlicher Trank, und stützte sich mit den Händen auf den Rand. Auch aus diesem Schacht strömte unheimliches rot-weißes Licht hervor.
    Die Lichtstrahlen bildeten wirre, durchsichtige Formen, die wie Rauchfahnen auftauchten und sich sogleich wieder auflösten. Tobias sah mehrere Gesichter vorüberziehen, dann wurden die schemenhaften Motive klarer, und er konnte Landschaften und Gestalten erkennen.
    Der Mann starrte reglos in die Tiefe. Was er am Grund des Schachts beobachtete, schien ihn zu fesseln. Plötzlich machte er einen Satz nach hinten und ballte die Fäuste.
    Langsam begann er um den Schacht zu kreisen, während die Bilder im Licht weiter aufstiegen und im Halbdunkel verschwanden.
    Schließlich lachte der Mann grausam und grimmig auf.
    Er riss eine Hand hoch und schloss die Faust, als wollte er eine Fliege fangen.
    »Hab ich dich! Diesmal gehörst du mir! Mir allein! Die Tyrmadra hat keine Chance! Keine Chance!«
    Hastig warf er den Deckel über dem Brunnen zu und lief mit flatterndem Gewand in Richtung eines spitzen Hügels.
    Tobias zögerte. Wenn er dem Mann weiter folgte, fand er vielleicht den Weg zur Grotte nicht mehr. Und er wollte seine Mitgefangenen nicht im Stich lassen.
    »Nein, ich muss mehr herausfinden«, murmelte er.
    Vorsichtshalber ließ er dem Mann etwas Vorsprung. Als er hinterherschlich, achtete er sorgfältig auf markante Steine, die ihm helfen konnten, den Rückweg zu finden.
    An der Spitze des Hügels angekommen, erblickte Tobias zu seiner Verblüffung einen Wald. Ein unendliches Labyrinth aus knotigen, blätterlosen Bäumen mit verkrümmten Ästen und einer Rinde, die so verrunzelt war wie die Haut eines Greises. Auf einer kleinen Lichtung stieg eine dünne Rauchfahne in den Himmel auf. Tobias glaubte, eine Hütte zu erkennen, schaute aber nicht genauer hin, sondern rannte den Hang hinunter, bevor der Mann in dem schauerlichen Wald verschwand.
    Sein erster Eindruck bestätigte sich: An diesem Ort herrschte kein Leben mehr. Alles war abgestorben. Die hohlen Bäume waren verkrüppelt, das staubtrockene Moos bildete einen rauhen Teppich, und die verdorrten Zweige der Brombeersträucher brachen bei der kleinsten Berührung ab.
    Der Mann folgte einem Weg, der sich bis zu der Lichtung schlängelte, wo die Hütte stand. Ein Kaminfeuer warf von innen einen orangeroten Schein auf die runden Fenster.
    Der Mann stieß die Tür auf und verschwand im Haus.
    Tobias rannte zu einem der Fenster und blickte hinein.
    Der Mann wärmte sich die Hände über den Flammen, was Tobias seltsam fand, denn es war überhaupt nicht kalt.
    Ich kann an diesem Ort ohne Essen und Trinken auskommen, vielleicht habe ich auch alle anderen Empfindungen eingebüßt.
    Er zwickte sich in die Handfläche und spürte sofort den Schmerz.
    Au! Nein, das kann’s nicht sein! Vielleicht ist dieser Typ so kalt wie der Tod. Vielleicht hat er keine Körperwärme …
    Vor allem hatte der Mann immer noch kein Gesicht.
    Tobias sah zu, wie er sich an einen Tisch setzte und ein prächtiges Lackkästchen öffnete. Ein metallisch glänzendes Mobile kam zum Vorschein. Mehrere Eisenringe verschiedenen Umfangs drehten sich auf unsichtbaren Achsen um eine Stahlkugel. Im Innern der Ringe schimmerten undeutliche Motive auf. Die ganze Skulptur schien wie von Zauberkraft angetrieben und erinnerte an die Bahnen der Planeten im Sonnensystem. Da bemerkte Tobias, dass das Mobile keinen Sockel hatte. Es schwebte frei in der Luft.
    Er presste die Nase an die Scheibe und versuchte, die Motive in den Ringen zu erkennen. Die Kreisbewegungen behinderten die Sicht, doch schließlich machte er im Innern der Skulptur eine Spinne aus. Dann weiter außen eine Mücke. Der größte Ring, der das Mobile umschloss, brachte Blitze hervor. Blieb noch die Kugel im Zentrum. Auf ihr zeichnete sich etwas Rundes ab. Ein Gesicht … Aber es sagte ihm nichts.
    »Was ist denn das?«, flüsterte er.
    Der Mann hob die Hände über das Mobile, und die Ringe drehten sich langsamer. Dumpf klang seine Stimme nach draußen:
    »Wir haben ihn geortet. Bald wird er in uns sein. Uns gehören!«
    Das Mobile begann wieder zu kreisen, schneller und schneller. Ein Zeichen der Erregung, vermutete Tobias.
    In uns? Wenn der Torvaderon Matt absorbiert, wird er sich dann auch seine Alteration einverleiben? Stärker werden?
    Tobias bekam eine Gänsehaut. Er musste etwas unternehmen.

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