Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
Boot, das er suchte, war einfach zu finden. Es war das einzige, dessen Reling von einem finster dreinblickenden Mann bewacht wurde. Und der als Leichenwagen umgebaute schwarze Citroen am Ufer war ebenfalls nicht zu übersehen. Der Wagen war bereits repariert.
Paul betrat den metallenen Steg, unter dem das Wasser blubbernd an blaue Schwimmtonnen schlug, und näherte sich dem Boot. Die Yacht des Paten maß vielleicht knappe zehn Meter, schätzte Paul. Die Deckwache löste sich aus ihrer gelangweilten Haltung. »Was gibt’s?«, fragte der Mann und legte auffällig unauffällig eine Hand an seine Jackentasche.
»Slotin erwartet mich«, sagte Paul.
»Der Chef ist achtern. Komm.«
Paul betrat das Boot und ging in Richtung Heck, gefolgt von dem Wachmann. Auf der dem See zugewandten Seite saß Wladimir Slotin auf einem Deckchair. Neben ihm stand ein kleiner, drahtiger Mann, der Paul grimmig entgegenblickte. Slotin winkte Paul stumm heran und wies mit der Rechten, die eine brennende Zigarre hielt, neben sich.
Paul trat näher. »Guten Abend, Herr Slotin.«
Der Russe ließ sich viel Zeit mit einer Erwiderung. Er zog lange und intensiv an der Zigarre. Dann begann er zu sprechen und ließ dabei mit jedem Wort etwas von dem eingeatmeten Rauch aus seinem Mund quellen: »Von denen, die mich kennen, nennen mich manche Chef. Die anderen sagen Herr Slotin. Die einen arbeiten für mich, die anderen leben gefährlich.« Er machte eine Pause und zog nochmals an der Zigarre. Paul sah, dass er noch mehr sagen wollte, und unterbrach den Russen nicht.
»Und du willst also für mich arbeiten?«
Paul nickte. »So ist das.«
Slotin legte einen Arm hinter seinen Nacken. Mit dem anderen Arm, an dessen Ende die Zigarre glomm, wies er auf den See hinaus. »Weißt du, warum ich dich zu diesem Zeitpunkt bestellt habe? Zum Sonnenuntergang?«
Paul zuckte die Schultern und blieb stumm.
»So, du weißt es nicht.« Slotin blickte scheinbar gedankenverloren auf das Wasser. »Ich liebe diesen Moment, wenn die Dunkelheit von den grünen Hügeln über den See zu kriechen scheint und die letzten Sonnenstrahlen einen roten Schimmer wie Blut auf das Wasser werfen.«
Wieder machte er eine Pause, die er mit genüsslichem Ziehen an seiner Zigarre füllte. »Und ich wollte dir eine Chance geben und dich sehen, wenn ich gut gelaunt bin. Nach der Show, die du gestern abgezogen hast.« Er wies mit der Zigarre in Richtung Steg, wo der schwarze Leichenwagen stand.
»Der Citroen ist ja schon wieder repariert«, sagte Paul. »Das ging aber schnell.«
Slotin lachte leise. »Alle arbeiten sehr gut für mich. Da ist dieser große, dicke Mann in Aachen. Er hat eine Werkstatt voller Katzen, und er sorgt immer gut für meine schwarze Göttin. Ich sage ihm, wenn meine Göttin bis morgen fertig ist, passiert seinen Katzen nichts. Was soll ich sagen – die Tiere leben.«
Paul schwieg.
Slotin nickte langsam. »Guter Mann«, sagte der Russe dann. »Heißt Peter wie der große Zar, und er liebt seine Katzen. Und ich liebe es, wenn alles gut läuft.«
Er drehte sich im Stuhl halb zu Paul hin und sah ihn scharf an. »Und gestern lief es nicht gut für mich. Da saß jemand neben mir und hielt eine Pistole an meinen Kopf. In meinem eigenen Auto.« Slotin verzog die Mundwinkel. Dann formte er seine Lippen zu einem Kreis und blies einen Rauchring. Er sah zu, wie sich der Ring im Abendwind auflöste, kaum dass er seine Lippen verlassen hatte. Dabei schüttelte er langsam den Kopf. »Gar nicht gut.«
Paul machte keine Anstalten, etwas zu entgegnen. Er betrachtete den Paten gelassen und abwartend. Das Gesicht Slotins war sehr glatt und sehr rot. Die Haare waren schwarz mit einem Stich ins Silbrige. Der kleine, drahtige Mann neben Slotin wurde unruhig. Stechende Augen funkelten über einer markanten Hakennase. Der Mann beugte sich zu Slotin hinunter und flüsterte ihm etwas zu, von dem Paul nicht ein Wort verstand, obwohl es keine fremde Sprache zu sein schien. Slotin wandte sich Paul zu und lächelte ihn an. »Mein Mitarbeiter hier warnt mich vor dir, Paul Gedeck. Er sagt, du bist ein Bulle.«
»Natürlich bin ich das«, antwortete Paul.
»Du hast ein paar wilde Dinge gemacht, sagt man. Musst die Polizei verlassen. Aber du hast dich in all den Jahren nie schmieren lassen, sagt man auch. Ein korrekter Bulle, der plötzlich Mist macht und hier aufkreuzt? Was ist das?«
Paul grinste freudlos. Er wusste, dass es nun darauf ankam. »Was ich mache, mache ich richtig«, sagte
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