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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Stavan. Wieder dachte sie schuldbewußt an Dalish und Akoah und an die Frauen aus Shambah, und sie betete, daß ein Wunder geschehen würde. Laß die Erde erbeben oder den Himmel einstürzen, flehte sie; laß uns alle eines Morgens aufwachen und feststellen, daß die Hansi allesamt verschwunden sind. Laß mich die Frauen zurück zum Süßwassersee bringen.
    Während sie um das Unmögliche betete, kreisten Stavans Gedanken um praktischere Dinge. Er holte neben ihr auf, streckte die Hand aus und klopfte ihrer Stute auf den Hals. »Wir werden ein Zeichen brauchen. Wenn Zuhan Arang mit den Hütejungen übernachten läßt, werde ich davon hören, aber du nicht.« Er runzelte die Stirn und überlegte. »Einigen wir uns auf folgendes: Wenn du mich mit einem Ball aus brauner Wolle spielen siehst, weißt du, daß ich dich noch in derselben Nacht holen werde. Und wenn du mich mit einem Ball aus weißer Wolle siehst, bedeutet das, daß du so schnell wie möglich in das hohe Gras kommen mußt, weil etwas schiefgelaufen ist und ich sofort mit dir sprechen muß.«
    »Warum Wolle? «
    »Weil sie leicht zu beschaffen ist. Außerdem ist es genau die Art von Sache, die ein Verrückter tun würde.« Er lächelte, ein wenig bitter, wie sie fand. »Den Verrückten zu spielen war nicht leicht für mich, weißt du. Es hat viel Überlegung erfordert. Aber es ist immer noch erträglicher, als normal zu sein. Wenn ich normal gewesen wäre, als mein Vater die Tcvali überfiel, hätte man von mir erwartet, wie ein normaler Mann zu töten und zu vergewaltigen.«
    »Und wenn ich dich morgen sehe, wirst du wieder ein Verrückter sein? «
    Er nickte.
    »Und du wirst geradewegs an mir vorbeigehen ?«
    » Geradewegs.«
    Das war ein ernüchternder Gedanke. Da Marrah nicht wußte, was sie sagen sollte, nahm sie seine Hand, aber es war mühsam, auf diese Weise voranzukommen, deshalb ließ sie sie wieder los, und sie ritten weiter.
    Als sie zu der Stelle kamen, wo sie die Pferde zurücklassen mußten, drückte ihr Stavan zwei kleine Päckchen in die Hand. Sie versuchte zu sehen, was es war, doch der Himmel hatte sich inzwischen bewölkt, und es war zu dunkel, um etwas zu erkennen. »Das eine ist ein Beutel mit Schlafpulver«, erklärte er. »Wenn ich dir das vereinbarte Zeichen gebe, sorgst du dafür, daß es in Vlahans Eintopf gelangt. Ich möchte, daß alle in dem Zelt schlafen, außer dir.«
    Sie befühlte das andere Päckchen, das er ihr gegeben hatte. Es war in ein Stück Leder eingewickelt und mit Hanf verschnürt. »Und was ist das hier?«
    »Ein Geschenk, ein Glücksbringer. Aber nimm dir jetzt nicht die Zeit, es zu öffnen. Wir müssen uns beeilen.«
    Sie schlichen zurück durch das Gras, an den Wachtposten und den Hunden vorbei. Als sie zu Vlahans Zelt kamen, blieb keine Zeit mehr für einen zärtlichen Abschied. Stavan hob den Rand des Zeltes hoch, und Marrah kroch hinein, und gerade noch rechtzeitig, denn nicht lange, nachdem sie sich wieder neben Vlahan ausgestreckt hatte, wachte Timak auf und schlurfte hinaus, und Marrah hörte das Plätschern, als sie sich draußen erleichterte. Bald rauchte das Frühstücksfeuer, und Vlahan setzte sich auf, verlangte nach Essen und jammerte über unerträgliche Kopfschmerzen.
    Den ganzen Morgen lief Marrah in einem Zustand freudiger Erregung umher, nahm Timaks Genörgel und gebellte Befehle nur mit halbem Ohr wahr. Sie faltete die Schlaffelle, ging mit Hiknak zum Fluß hinunter, um Wasser zu holen, schälte Wurzeln und häutete ein Kaninchen, schnitt es in Stücke und legte es ins Feuer, damit Vlahan etwas Frisches zu essen hatte. Er war in einer üblen Stimmung, reizbar wie ein kranker Hund, und sie achtete sorgfältig darauf, ihm aus dem Weg zu gehen, bis er gegessen hatte. Sie hatte bemerkt, daß er unberechenbar war, wenn er Hunger hatte, und sie hatte nicht das Bedürfnis, ihm in die Quere zu kommen. Wenn er sich mit Kaninchen vollgestopft und eine Pfeife voll Hanf geraucht hatte, dann würde sie zu ihm gehen und ihn um die Erlaubnis bitten, Arang zu besuchen, aber bis dahin war es besser, soviel Abstand wie möglich zu ihm zu halten.
    Als sie arbeitete, dachte sie an die vergangene Nacht. Manchmal strich sie verstohlen mit den Fingern über ihren Arm und dachte daran, wie Stavan sie berührt hatte, und manchmal leckte sie sich über die Lippen, während sie sich daran erinnerte, wie hungrig sie sich geküßt hatten, aber als sie zum Fluß hinunterging, nahm sie sich die Zeit, sich sorgsam zu

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