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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Urte um. »Ihr drei stellt euch hinter ihn, wo er euch nicht sehen kann. Wenn er den Trank ausspuckt, packt ihr ihn schnell und drückt ihn auf das Bett nieder, bevor er weiß, was geschieht. Wenn er nicht genug davon trinkt, wird er sterben! « Sie schüttelte den Kopf. »Natürlich ist es auch möglich, daß ihn der Trank umbringt, aber das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen, und möge die Göttin uns gnädig sein, wenn er daran stirbt.«
    Marrah ergriff die Schale mit ruhiger Hand, aber innerlich zitterte sie. Sie hatte diesen Mann einmal gerettet, ihm das Salzwasser aus den Lungen gepumpt und ihn in Sicherheit gebracht, aber wer weiß, jetzt würde sie ihn vielleicht vergiften. Noch niemals zuvor war ihr bewußt gewesen, was für eine schreckliche Verantwortung es war, Heilerin zu sein. Vorsichtig kniete sie sich neben den Kranken und berührte ihn an der Schulter. Er zuckte zusammen und schlug die Augen auf.
    »Hallo«, sagte sie sanft. »Hab keine Angst. Ich weiß, du kannst mich nicht verstehen, aber ich möchte dir helfen. Du bist ein lieber, häßlicher Kerl, und wir alle hängen inzwischen sehr an dir, aber du siehst ja selbst, daß sich dein Zustand nicht bessert, und wir müssen etwas unternehmen.«
    »So ist es richtig«, flüsterte Sabalah. »Sprich mit ihm.«
    Ermutigt fuhr Marrah fort. »Ich möchte, daß du das hier trinkst. Es riecht scheußlich und schmeckt wahrscheinlich noch schlimmer, aber es wird dein Fieber senken und deinen Husten lindern – das heißt, wenn wir Glück haben.« Sie schob ihren Arm unter den Kopf des Fremden und hob ihn ein wenig an, damit er schlucken konnte. Er blickte sie auf eine seltsame Weise an, so als verstände er jedes Wort, das sie sagte, obwohl das unmöglich war. Marrah stellte die Schale einen Moment ab und berührte seinen Mund mit ihren Fingern.
    »Aufmachen«, befahl sie. Und der Fremde öffnete die Lippen.
    Schnell hob sie die Schale und goß etwas von der Flüssigkeit in seinen Mund. Der Fremde schnappte entsetzt nach Luft, schnitt eine angewiderte Grimasse und gab ein schrecklich würgendes Geräusch von sich. Dann brüllte er eine Reihe zorniger Worte und schlug heftig gegen ihren Arm, wobei die Schale in hohem Bogen auf den Fußboden flog.
    Obwohl die Worte in keiner bekannten menschlichen Sprache waren, bestand kaum Zweifel an dem, was sie bedeuteten. Wenige Augenblicke später hielten Belaun, Hiru und Urte den Mann auf der Pritsche fest, während Sabalah, Ama und Marrah den Rest der Medizin zwischen seine zusammengebissenen Zähne träufelten. Er wehrte sich verbissen gegen sie, als glaubte er, sie wollten ihn töten – was er vermutlich wirklich dachte. Es war ein Glück, daß er so geschwächt war, wie sie später einstimmig fanden. Leider tropfte der größte Teil der Medizin an seinem Kinn herunter, doch er mußte trotzdem genug davon geschluckt haben, denn nach einer Weile zeigte der Mohnsirup seine Wirkung, und der Fremde hörte auf zu kämpfen.
    »Der Mann ist wie ein Wolf«, murmelte Ama, als sie zerdrückte Arnikablätter auf den Bluterguß an Marrahs Handgelenk legte und eine saubere Lederbandage darum wickelte.
    »Vielleicht wußte er nicht, daß du versucht hast, ihm das Leben zu retten«, schlug Arang vor. Er hatte die Szene mit großem Interesse verfolgt und sich nützlich gemacht, indem er trockenes Holz ins Feuer nachlegte, und sich ansonsten still verhalten, damit ihn die Erwachsenen nicht bemerkten und zum Spielen hinausschickten. Was für eine höchst interessante Geschichte, um sie den anderen Kindern zu erzählen! Der Fremde hatte offenbar nicht mehr Verstand als ein Dreijähriger, und er könnte sogar gefährlich sein. Arang griff nach der Tonschale und roch an dem Rest des Heiltranks. Belaun hatte recht, das Zeug stank ekelhaft. »Vielleicht hast du ihm Angst gemacht.«
    »Es spielt keine Rolle, wie verängstigt er war«, erwiderte Sabalah. »Was er getan hat, ist unentschuldbar. Nicht nur, daß er die Schale weggestoßen hat. Er hat deine Schwester geschlagen, als hätte er die Absicht gehabt, sie zu verletzen.«
    »Ein Glück, daß wir ihm das Messer abgenommen haben«, meinte Ama, als sie die Enden der Lederbandage verknotete. »Angenommen, er hätte damit auf Marrah eingestochen?«
    Marrah war schockiert. »Du glaubst doch nicht etwa im Ernst, daß er mich zu töten versuchen würde, nur weil ich ihm eine Schale Tee verabreiche?«
    Ama ließ sich die Bemerkung einen Moment durch den Kopf gehen. »Nein, wahrscheinlich

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