Althalus
Augen an. »Ich sehe, dass ihr euch der Lage angepasst habt, also sollten wir uns an die Arbeit machen. Erschaff uns noch ein paar Möbelstücke, Althalus. Warum sollten wir es uns nicht bequem machen?«
»Was immer du möchtest, Dweia.«
»Wäre es möglich, Eure Göttlichkeit, dass Ihr Euch ein paar Sommersprossen sprießen lasst? Ihr macht das Leben für die arme Andine und mich sehr schwer, wisst Ihr?«
»Wir sind keine Konkurrentinnen, Leitha«, versicherte Dweia ihr sanft.
»Was für eine weltfremde Einstellung zum Leben«, murmelte Andine.
»Wie sollen wir Euch anreden?«, wollte Bheid wissen, als sie alle in den von Althalus erschaffenen bequemen Sesseln Platz genommen hatten.
»Kannst du ›Dweia‹ denn nicht aussprechen, Bheid?«, fragte Leitha mit vorgetäuschter Neugier. »Einige Priesterorden verbieten es, den Namen Gottes in den Mund zu nehmen«, erklärte Bheid.
»Das ist Unsinn«, versicherte ihm Dweia. »Kleingeister versuchen, ihre Unzulänglichkeit hinter sinnlosen Förmlichkeiten und endlosen Disputen über Unbedeutendes zu verbergen. Du stehst über dergleichen, Bruder Bheid, oder du wärst nicht hier. Ich habe einen Namen. Bitte benutze ihn. Es ist sehr verwirrend, wenn jemand zum Himmel blickt und sagt ›O Gott‹. Meine Brüder und ich können nie sicher sein, wer von uns damit gemeint ist.« Sie lachte. »Dadurch entstand in Plakand einmal ein völlig neuer Glaube. Wir drei - meine Brüder und ich -erhörten einen Priester gleichzeitig. Er verstand es als Offenbarung, und überall in Plakand entstanden dreiköpfige Idole.«
»Einige Priesterorden lehnen Götterstatuen ab«, sagte Bheid düster. »Sie behaupten, niemand könne Gott wirklich sehen.«
»Du kannst mich sehen, oder etwa nicht?«, fragte Dweia. »Die Statuen interessieren uns nicht sonderlich -mit Ausnahme dieser Monstrosität in Maghu.« Sie machte eine Pause und stützte die Hand fester auf das Buch. »Wir kommen ein wenig vom Thema ab. Ich glaube, es ist das Beste, es anfangs so einfach wie möglich zu halten, damit wir alle denselben Ausgangspunkt haben. Also - wir drei, Deiwos, Daeva und ich, haben immer existiert, und es kommt selten vor, dass wir uns in irgendeiner Sache einig sind.«
»Ein Krieg der Götter, meint Ihr?«, fragte Eliar.
»Wir sind nur drei, Eliar«, erinnerte sie ihn. »Da kann man es wohl kaum als Krieg bezeichnen. Solange es meine Brüder und mich betraf, führten unsere Meinungsverschiedenheiten lediglich zu einigen interessanten Streitgesprächen, nicht viel mehr. Wir waren höflich zueinander, wenn wir uns begegneten -was nicht oft der Fall war -, und ließen es dabei beruhen. Dann entstand die Spezies Mensch und alles änderte sich. Andere Lebewesen nehmen die Welt so, wie sie sie vorfinden. Bei den meisten Menschen war es nicht anders. Einige jedoch haben das Verlangen, sich schöpferisch zu betätigen - die Dinge zu verändern. Manche Veränderungen sind gut, andere nicht. Aber es liegt in der Natur des Menschen, alle auszuprobieren.«
»Wann geschah das?«, fragte Bheid.
»Der Mensch kam erst vor ungefähr zehntausend Jahren auf der Suche nach Ackerland in diesen Teil der Welt. Wahrscheinlich hat nichts die Welt so sehr verändert wie der Anbau von Getreide. Er garantierte dem Menschen das Überleben und ließ ihn sesshaft werden, sodass er Behausungen errichten musste. Auf diese Weise entstanden Siedlungen und Städte -und die Zivilisation entstand. Wie auch immer, der Urmensch kam aus dem Süden jenseits von Meusa und Plakand. In der ursprünglichen Heimat dieser primitiven Menschen gab es einen schier grenzenlosen Regenwald, doch die Bäume mit Steinäxten zu fällen, um Platz für Felder zu schaffen, war ihnen zu beschwerlich, und so zogen sie auf der Suche nach baumlosem Land nordwärts.«
»Das war vor zehntausend Jahren?«, vergewisserte Bheid sich staunend.
»In etwa. Die Menschen hatten damals keine guten Kalender, und meine Brüder achteten nicht sonderlich auf die Zeit. Ghend gehörte zu den ursprünglichen Siedlern in Medyo. Er war von Anfang an sehr von sich eingenommen und das gefiel seinem Häuptling nicht, deshalb setzte er ihn stets für besonders schmutzige Arbeiten ein. Doch der Häuptling war nie mit Ghend zufrieden, wie viel Mühe der sich auch gab, die Befehle ordentlich auszuführen. In Ghend wuchs Hass auf den Häuptling heran. Es ist eine düstere Geschichte, die während der endlosen Jahrhunderte immer wieder aufs Neue erzählt wurde. Ghends übersteigertes
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