Althalus
wurde die Vermutung bestätigt, die ich Euch gegenüber äußerte«, erklärte Althalus. »Mir wurde unmissverständlich befohlen, sofort damit aufzuhören.«
»Ich habe nichts gehört.«
»Könnt Ihr auch nicht. Emmy spricht hier drinnen mit mir.« Er tippte sich an die Stirn. »Die Idee ist ihr gekommen, ehe wir im vergangenen Frühjahr das Haus verließen. Etwa ein halbes Jahr lang saß diese Katze in meiner Kapuze und sagte mir genau, was ich tun sollte. Ich brauchte diese Anweisungen überhaupt nicht. Ich kann meine eigenen Lügen erfinden. Doch Dweia hat das überwältigende Bedürfnis, sich einzumischen.« Althalus zuckte die Schultern. »Sie ist eben eine Frau, und anscheinend sind alle Frauen so. Sie trauen uns Männern einfach nichts zu. Zuerst schaffen sie uns etwas an, und dann mischen sie sich ständig ein, während wir zu tun ver suchen, was sie wollen. Im Grunde genommen sind sie uns dabei nur im Weg.«
»Wird es Euch nicht in Schwierigkeiten bringen, wenn Ihr so über sie redet?«
»Was sollte sie mir schon antun? Sie braucht mich zu sehr, als dass sie mich in Brand setzt oder in eine Kröte verwandelt. Sie weiß, dass ich sie liebe, und Dweia ist die Liebe wichtiger als blinder Gehorsam oder Unterwürfigkeit und scheinheilige Schmeicheleien. Sie und ich streiten die ganze Zeit, aber das ist eine Art Spiel, und Dweia hat so viel Zeit als Katze Emmy verbracht, dass Spielen notwendig für sie ist.«
»Ich würde sie gern kennen lernen.«
»Es könnte Euch die Seele kosten. Ich glaube, mit dieser Unterhaltung verspricht sie sich Eure Unterstützung bei der Zusammenkunft der Häuptlinge. Ich werde Religion überhaupt nicht erwähnen, sondern von Politik reden, als handle es sich um einen der üblichen Kriege. Emmy will vermutlich, dass ich die Häuptlinge belüge, und Ihr sollt mir beipflichten. Ihr braucht nicht zu glauben, was ich Euch erzählt habe -wahrscheinlich ist es sogar bes ser, wenn Ihr es nicht glaubt -, aber aus irgendeinem eigenartigen Grund müsst Ihr es wissen. Seht es einmal so, Albron: Wir binden den Häuptlingen einen Bären auf. Ich aus religiösen Gründen und Ihr um des Goldes wegen. Trotzdem sind wir Partner und es ist wichtig, dass wir einander verstehen.«
»Ich verstehe, Althalus.« Albron grinste breit. »Wenn wir es auf dieser Grundlage belassen, werden wir großartig miteinander auskommen.« Er streckte ihm die Hand entgegen. »Partner?«
»Partner«, bestätigte Althalus und sie schüttelten die Hände.
Nach Häuptling Albrons Besuch im Haus schneite es zwei Wochen fast pausenlos, und ganz Arum trug eine dicke weiße Decke. Alle Bergübergänge waren durch den vielen Schnee unpassierbar geworden, und die Boten, die Albron zu den anderen Stämmen geschickt hatte, mussten sich regelrecht einen Tunnel schaufeln, um zur Festung in Mittelarum zurückkehren zu können.
»Es ist in etwa, wie wir es erwartet haben, Althalus«, sagte Albron, als die beiden eines verschneiten Nachmittags allein im Arbeitsgemach des Häuptlings saßen. »Die meisten Stammesführer kommen zur Zusammenkunft.«
»Was heißt ›die meisten‹?«
»Es sind insgesamt zehn Stämme, doch die von Deloso und Agus lassen sich entschuldigen. Ich hatte auch gar nicht mit ihrem Erscheinen gerechnet. Ihre Gebiete liegen an der Ostgrenze von Arum, und wir anderen halten sie mehr für Kagwherer denn Aru-mer. Es gab viele Verschwägerungen über diese Grenze hinweg; deshalb blieben diese beiden Stämme nicht von reinem arumischem Blut. Es sind ohnehin kleine Stämme, die nie sehr gute Krieger hervorbrachten. Ich glaube
nicht, dass sie uns sehr abgehen werden.« Er rollte die Augen himmelwärts. »Mir bestimmt nicht. Ich mag Deloso nicht, und Agus kann ich nicht ausstehen.«
»Ach?«
»Beide verbringen ihre ganze Zeit damit, sich bei den Minenbesitzern in Kagwher einzuschmeicheln, denn von dort kommt all ihr Geld. Ihre Stämme sind vertraglich verpflichtet, die kagwherischen Minen zu bebewachen. Sie marschieren nicht und sie kämpfen nicht. Sie stehen bloß Wache. Sie sind fett und faul und bereit, für niedrigen Lohn zu arbeiten, da bloßes Herumstehen nicht sehr anstrengend ist.«
»Ich glaube, dann werden wir ohne sie auskommen. Haben andere Stämme irgendwelche Eigenarten, von denen ich wissen sollte?«
»Wir sind Arumer, Althalus. Wir haben alle unsere Eigenarten. Wir haben keine Kultur, und mit den guten Sitten ist es auch nicht weit her. Kein Arumer hat je ein Gedicht verfasst oder Musik
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