Althalus
dem angenommen wird, dass er zwei schwere Beutel Gold bei sich trägt, neigt zur Vorsicht, wenn er sich an einen Ort begibt, wo sich des Öfteren viele Menschen aufhalten. Nachdem Althalus eine Zeit lang hinter einem gefällten Baum gele gen und das Lager wachsam beobachtet hatte, schloss er, dass sich keine Arumer in der Nähe aufhielten. So erhob er sic h und rief: »Ho, Nabjor, ich bin es, Althalus. Keine Aufregung, ich komme hin ein.« Nabjor hielt stets eine schwere Bronzeaxt bereit, um im Notfall für Ordnung zu sorgen und gegen Eindringlinge vorzugehen, die ihm nicht freundlich gesinnt waren. Deshalb war es angebracht, ihn nicht zu überraschen.
»Ho! Althalus!«, dröhnte Nabjors Stimme. »Willkommen. Ich dachte schon, die Equeroaner oder Treboreaner hätten dich erwischt und an einem ihrer Bäume aufgehängt.«
»Nein«, antwortete Althalus mit kläglichem Lachen. »Bisher hab ich 's geschafft, die Füße auf dem Boden zu halten, wenn auch nur so gerade eben. Ist dein Met schon reif? Der, den du letztes Mal hattest, als ich bei dir vorbeikam, war noch ein wenig grün.«
»Komm rein und überzeug dich selber«, lud Nabjo r ihn ein. »Der neue ist recht gut ausgefallen.«
Althalus trat auf die Lichtung und blickte seinen alten Freund an. Nabjor war ein stämmiger Mann mit sandfarbigem Haar und Bart, großer Knollennase und verschmitzten Augen. Er trug einen zottligen Bärenfellkittel. Nabjor war nicht nur Geschäftsmann, der wohlschmeckenden Met ausschenkte und dralle Dirnen feilbot, sondern auch allerlei von Strauchdieben kaufte, die in Geldnot waren, ohne dass er Fragen stellte.
Die Männer schüttelten einander herzlich die Hand. »Setz dich, mein Freund. Ich hole uns Met, dann kannst du mir von der Pracht der Zivilisation erzählen.«
Althalus ließ sich auf einen als Bank dienenden Baumstamm neben dem Feuer fallen, über dem eine Waldbüffelkeule auf einem Spieß brutzelte. Nabjor füllte derweil zwei riesige irdene Becher mit schäumendem Met. »Wie ist es dir da unten ergangen?« Er kehrte
ans Feuer zurück und reichte Althalus einen der Becher.
»Grauenvoll«, stöhnte Althalus.
»So schlimm?« Nabjor setzte sich auf die Baumstammbank an der anderen Seite des Feuers.
»Noch schlimmer, Nabjor. Ich glaube, es gibt noch gar kein Wort dafür, das es beschreiben könnte.« Er nahm einen tiefen Schluck. »Hmm, der ist dir aber besonders gut gelungen, mein Freund.«
»Dachte ich mir doch, dass er dir schmeckt.«
»Ist der Preis gleich geblieben?«
»Denk heut nicht an den Preis, Althalus. Diesmal bist du als
mein Freund eingeladen.«
Althalus hob seinen Becher. »Dann trinke ich auf unsere Freundschaft.« Er nahm einen weiteren Schluck. »Weißt du, dass man drunten in der Zivilisation keinen Met braut? In den Schenken kriegst du nur saueren Wein.«
»Das nennen die zivilisiert?« Nabjor schüttelte ungläubig den Kopf.
»Wie war das Geschäft?«, erkundigte sich Althalus.
»Gar nicht übel«, erwiderte Nabjor zufrieden. »Die Kunde von meiner Schenke verbreitet sich immer weiter. Inzwischen weiß fast jeder in Hule, dass er nur zu Nabjors Lager zu kommen braucht, wenn er einen guten Becher Met zu einem vernünftigen Preis haben möchte. Und wenn er die Gesellschaft einer hübschen Dame sucht, ist er hier genau richtig. Falls er auch noch über etwas Wertvolles gestolpert sein sollte, das er ohne peinliche Fragen verkaufen möchte, kann er sicher sein, dass ich hier mit mir darüber reden lasse.«
»Mach so weiter, Nabjor, und du stirbst als reicher Mann.«
»Wenn du nichts dagegen hast, würde ich lieber reich leben. Aber genug von mir. Erzähl du mir, was du drunten im Flachland erlebt hast. Wir haben einander über ein Jahr nicht gesehen, da gibt es bestimmt vieles nachzuholen.«
»Dann mach dich auf etwas gefasst, Nabjor«, warnte Althalus. »Diesmal ist es keine lustige Geschichte.« Er machte sich daran, ausführlich von seinen Missgeschicken in Equero, Treborea und Perquaine zu berichten.
»Das ist ja furchtbar!«, rief Nabjor. »Ist denn gar nichts gut gegangen?«
»Gar nichts. Es war so schlimm, dass ich Besoffene überfallen musste, wenn sie aus den Schenken kamen, nur um Geld für die nächste Mahlzeit zu bekommen. Das Glück ist mir abhold geworden, Nabjor. Alles was ich in den vergangenen anderthalb Jahren angerührt habe, hat sich als Pech erwiesen. Anfangs dachte ich, es läge nur daran, dass meine Glücksfee mir nicht ins Flachland gefolgt ist, aber als ich in Arum
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