Althalus
nahen Bergen verlangte Gosti statt Kupfer gleißendes Gold. Zwar sind die Berge Arums von malerischer Schönheit, doch ein Mann, der ein mühsames Jahr damit verbracht hat, Zoll um Zoll im harten Gestein zu schürfen, hat wohl geringes Interesse an landschaftlichem Reiz. Ihn dürstet nach starkem Met, und er hungert nach der Gesellschaft liebreizender Maiden, die sich nicht darum scheren, ob ein Mann schmutzig ist und sein Haar verfilzt, solange sein Säckel prall voll Gold ist. Wie du dir denken kannst, bezahlen solche Männer für die Überquerung der Brücke, was immer der schlaue Gosti an Maut von ihnen verlangt, um zu den Freuden zu kommen, die am anderen Ufer auf sie warten. Und so ist Gostis Schatzkammer zum Bersten voll von dem Gold, das andere voller Frohsinn den Bergen entrangen.«
»Richtet Eure Augen auf das Gesicht von Ghend«, flüsterte das Kind Gher. »Mir scheint, seine Gedanken folgen den Euren, mein Lehrer.«
Und verwundert war Althalus der Dieb, denn sein Begleiter Gher äußerte sich auf höchst ungewohnte Weise; er war des Lesens und Schreibens nicht kundig und ein noch ungeschliffenes Juwel. Doch beschäftigte der schlaue Althalus sich nicht länger mit dieser Eigentümlichkeit, sondern widmete sich stattdessen Ghends Gesicht und las unverhohlene Habgier aus der Miene des Mannes, wie sie in jenem Gewerbe, dem Althalus sich verschrieben hatte, nicht fremd war.
»Mir deucht, wir täten klug daran, uns an diesen vertrauten Fremden Ghend zu wenden«, flüsterte das Kind Gher. »Denn sollte sich ergeben, dass sein Gedanke dem Euren gleicht -woran ich keine Zweifel hege -, würdet Ihr und der Fremde dann nicht in der Verfolgung Eures gemeinsamen Zieles aufeinander stoßen?«
Und es schien Althalus, dass der kindhafte Gher weise sprach, und so beschloss er, seinem klugen Rat zu folgen.
»So ist es nicht passiert«, murmelte Althalus, als er von seinem Traum in einen Zustand zwischen Schlafen und Erwachen glitt. »Psst!«, befahl Dweia. »Schlaf weiter, sonst bringen wir dies nie zu Ende.« »Ja, Liebes«, antwortete er mit einem tiefen Seufzer und sank in seinen Traum zurück.
Während der goldene Morgen sich zum goldenen Mittag wandelte, leerten Ghend, der Mann mit dem strähnigen Haar, und sein verschlagener Begleiter Khnom ihre Metbecher und erhoben sich, um aufzubrechen.
Da standen auch der listige Althalus und der kindliche Gher auf, um die Schenke zu verlassen.
Und wie es sich ergab, waren ihre Rosse nebeneinander angebunden, und der schlaue Althalus sprach scheinbar gleichmütig zu dem feueraugigen Ghend: »Mir scheint, deine Gedanken sind wie die meinen, da die Kunde von dem Gold in deinem Geist ebenso Funken schlug, wie's bei mir der Fall gewesen.«
»Wahrlich«, erwiderte Ghend mit barscher Stimme. »Hübschleuchtet Gold in meinen Augen und klingelt wie Musik in meinen Ohren.«
»Nicht anders ergeht es mir«, gestand der listige Althalus. »Doch rät die Umsicht, dass wir uns darüber aussprechen, denn folgten wir getrennt demselben Weg, würden wir uns allzeit in die Quere kommen, und unser Plan wäre zum Scheitern verdammt.«
»Weise sind deine Gedanken, fürwahr«, sprach Ghend. »Entfer nen wir uns ein Stück von diesem Ort und unterhalten uns. Mir deucht, du hast einen Pakt bei diesem Unternehmen im Sinn, und ich muss sagen, das könnt mich wohl reizen.«
»Nun, Althalus«, fragte Dweia am nächsten Morgen beim Frühstück, »was hältst du davon als Ausgangspunkt?«
»Was habt Ihr mit meinem Mund 'tan, Emmy?«, fragte Gher verwirrt. »Ich weiß ja nicht mal, was manche der Wörter bedeuten!«
»Es war wunderschön, Gher«, lobte Andine. »Du hast geredet wie ein Dichter.«
»Ich hab doch gar nicht so geredet, Andine«, wehrte Gher ab. »Ich glaub', Emmy hat mir eine von ihren Pfoten in den Mund gesteckt und mir die Zunge verdreht.«
»Es war, was man den ›Hochstil‹ nennt, Gher«, erklärte Bheid. »Aber ich bezweifle, dass irgendwann irgendjemand so gesprochen hat.«
»Es ist sehr lange her, dass diese Art von Sprache üblich war«, entgegnete Dweia. »Doch kommen wir jetzt lieber zur Sache. Wirst du mit den Anregungen, die ich dir gegeben habe, weitermachen können, Althalus, oder brauchst du mehr?«
»Ich denke, das dürfte genügen, Em. Ghend war dort und er war interessiert. Das ist im Grunde genommen alles, was ich brauche.« »Solang wir das durchzieh'n, is' es doch egal, was für komische Wörter aus meinem Mund kommen, nicht wahr? «, fragte Gher. »Mir
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