Altoetting
hat keinen Gedanken ans
Aufgeben verloren. Im Gegenteil: Angriff hieß ihre Devise. Augenzwinkern, kokettes Lachen und alles, so dass auch Plotek merken musste, was es geschlagen hatte. Zuerst war er natürlich verunsichert, dann ist er aber auch in die Offensive gegangen. Allerdings im Auftrag der Sache. Also undercover eben.
»Jetzt haben Sie den Zeller doch wieder freigelassen!«, hat Plotek sich über den Praxistresen gebeugt und Monika in den Kittelausschnitt hineingeschaut, als ob da die erklärenden Gründe versteckt wären. Geflüstert hat Plotek auch noch, so dass die Merz Monika sogar ein wenig rot im Gesicht geworden ist.
»Sie haben ihn freilassen müssen, Herr Plotek!«, flüsterte die Merz Monika wie eine Liebeserklärung zurück und stützte sich dabei auf dem Tisch ab. Sie ist noch näher an Plotek herangerutscht. Dann noch leiser, fast schon gehaucht: »Wo sie doch versucht haben, ihn unter Druck zu setzen, den Zeller. Ja, er hat alles zugeben sollen, zumindest, bis die Passionsspiele vorbei sind, so dass Ruhe einkehrt in Altötting. Der Fremdenverkehrsdirektor hätte also, wenn es nach denen gegangen wäre, das Opferlamm im Dienste Altöttings spielen sollen.«
»Denen?«, hat Plotek gefragt.
»Allen! Der Brunner, senior und junior.«
»Tatsächlich!«
»Ja, ja, der Landrat auch!«
»Nein!«
»Doch! Und der Kulturreferent!«
»Der auch?«
»Natürlich, sogar der Regler!«
»Ich werd verrückt!«, hat Plotek gehaucht und gedacht: Jetzt hat sie dann aber alle durch. Aber denkste.
»Sogar die Mand hat sich dafür hergegeben.«
Dann nur noch Kopfschütteln von Plotek und ein so tiefer Blick von der Merz Monika, dass es Plotek ganz anders wurde. Den Blick von Monika konnte er jetzt nicht aushalten, also hat er die Augen rausgenommen aus dem Merz-Gesicht und wieder in den Kittelausschnitt reingeblickt. Das hat die Merz Monika gleich wieder mit einer neuen Information honoriert.
»Aber viel interessanter war noch das Ergebnis der DNA.«
»Welches Ergebnis und welche DNA?«, hat Plotek jetzt völlig verblüfft gefragt.
»Vom Mutschler!«, hat die Merz Monika ganz knapp geantwortet. Also hat Plotek sich noch weiter über den Tresen gehängt, obwohl das mit der Nähe prinzipiell schon ein Problem war, weil er jetzt so nahe dran war, dass er den Leberfleck am Brustansatz im Kittelausschnitt von Monika genau sehen konnte. Die Ränder sind auslaufend, hat Plotek noch gedacht, das erste Stadium einer Hautveränderung, als die Merz Monika noch leiser sagte:
»Nachdem der Fremdenverkehrsdirektor völlig überraschend zugegeben hat, dass die Froni nicht seine leibliche Tochter ist, hat das Gerichtsmedizinische vom toten Mutschler eine DNA-Analyse erstellt, weil der Verdacht, dass der Mutschler ein Verhältnis mit der Frau Zeller gehabt haben soll, war nicht mehr aus der Welt zu kriegen, die Froni quasi. . . Na ja, wurde die DNA vom Mutschler mit der von der Froni verglichen und . . .«
Und wieder machte die Merz Monika eine Spannungspause. Weiter hat Plotek sich jetzt gar nicht über den Tresen zu Monika hinwenden können, sonst wäre er mit der Nase direkt auf den Leberfleck gestoßen. Das hat Monika dann wohl eingesehen und weitererzählt.
»Negativ. Das Ergebnis war negativ. Der Mutschler ist also nicht der Vater. Der Zeller ist auch nicht der Vater. Also wer dann? Unbekannt! Weil auch die Frau Zeller ist nicht die Mutter.«
Plotek ist jetzt fast aus allen Wolken gefallen und hat überhaupt nichts mehr kapiert. Macht nichts, Monika hat es ihm erklärt.
»Adoption! Die Zellers haben die Froni, noch bevor sie nach Altötting gekommen sind, adoptiert, aber. . . pscht!« Jetzt noch leiser und mit dem Finger auf dem Mund: »Alles streng geheim!«
Natürlich hätte Plotek Monika jetzt fragen können, woher sie denn dann das alles weiß, aber egal.
Der Dialog zwischen den beiden war auf jeden Fall im Prinzip wie ein Liebesgeflüster, bis Dr. Kainz als betrogener Ehemann dazwischenging. Vielleicht hatte Kainz ja was mit der Merz Monika, dachte Plotek jetzt, weil sicher ist das nicht ungewöhnlich – aber noch mal egal.
Mit der Überweisung zur Computertomographie ins Altöttinger Kreiskrankenhaus und von verliebten Blicken der Merz Monika begleitet, verließ Plotek dann wieder die Kainz-Praxis. Natürlich hatte er wieder Schädelweh, keine Frage. Seit Dr. Kainz das verhasste Wort in seinen Mund genommen und Plotek dasselbige im Ohr hatte, bekam er keine Ruhe mehr in den Kopf. Trotz Aspirin und
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