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Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
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Ich versuchte, zu erklären, zu bagatellisieren, aber meiner Regierung kann man nun mal kein X für ein U vormachen. Sie war entsetzt. Und jetzt erklär mal einer entsetzten Ehefrau, dass das Ganze gar nicht so dramatisch war.
    »Ich hab doch nur...« - weiter kam ich nicht.
    »Warum musst du dich denn da einmischen? Jetzt verfolgt uns der Kerl bis an unser Lebensende!«
    Sie hatte den Kerl überhaupt nicht gesehen, war aber überzeugt, dass er uns bis an unser Ende verfolgen würde. So etwas kann man einer liebenden Ehefrau nur schwer ausreden. Oder?
    Die Wogen glätteten sich nur langsam, aber das Fazit stand fest: In meinem Alter hat man sich aus solchen Sachen gefälligst herauszuhalten. Die Jungen sind schneller, stärker, hemmungsloser, brutaler. Sie schlagen oder treten die Alten zu Tode, wenn ihnen was nicht passt. Ja, das weiß ich, nur fällt die Einsicht schwer, dass Zivilcourage etwas mit dem Alter zu tun
hat. Wenn ich sehe, dass jemand ungerecht angegriffen wird, versuche ich zu helfen. Ich halte das für meine Bürgerpflicht. Da geht der Gaul mit mir durch und ich überlege nicht lange, ob sich das in meinem Alter noch geziemt.
    Da meine Regierung das in sechsundfünfzig Ehejahren schon ein paar Mal erlebt hat, zieht sie mich beim geringsten Anzeichen meines Eingreifens in die Angelegenheiten anderer energisch aus der Gefahrenzone.
    Ich gebe zu, dass meine Neugier langsam nachlässt, ob ich mit meinen Judokenntnissen von vor fünfzig Jahren - schwarzer Gürtel, erster Dan - noch was zerreißen kann. Ich lass es lieber nicht drauf ankommen, es sei denn, es muss sein.

Es muss sein!
    »Es muss sein«, sagte Professor Dr. med. Bruno Reichardt, renommierter Herz-Chirurg, Chef der Kardiologie im Klinikum Großhadern. Er bemühte sich um eine der Mitteilung entsprechend ernste Miene.
    Nach längeren Überlegungen und vielen Gesprächen, ob überhaupt, und wenn ja, wann, wo und von wem die Operation am offenen Herzen vorgenommen
werden soll, war die Wahl auf ihn gefallen. Alle meinten: »Der ist der Richtige!«
    Jetzt saßen wir also vor dem Nachfolger des weltberühmten Christiaan Barnard, dem am Groote-Schuur-Krankenhaus in Kapstadt, Südafrika, die erste Herz-Transplantation an einer bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Frau gelungen war. Eine Operation am offenen Herzen gehört ja immer noch zur Königsdisziplin der Chirurgie. Die Entscheidung, diese Kunst an dir selbst ausführen zu lassen, bringt dich jedoch gehörig ins Grübeln.
    Reichardt verstand es sehr gut, uns Mut zu machen. Für ihn war das sicher tägliche Routine, aber was bedeutete das für mich?
    Dreiundsiebzig Jahre alt, immerhin, da geht einem so manches durch den Kopf. Sechzig Jahre lang geraucht wie ein Schlot! Die Kriegsjahre! Die Hungerjahre! Die Feste, die gefeiert wurden, wie sie fielen! Die harte Arbeit im Showgeschäft, auch nicht gerade die gesündeste Lebensweise! Wer weiß, was da alles rauskommt, wenn sie dich jetzt aufschneiden, dein Brustbein zersägen, nach Adern suchen, die als Umweg benutzt werden können, um die herum, die bereits verstopft sind.
    Wenn du dir das vorstellst, wird dir schon etwas blümerant. Du brauchst Beistand, und der kam von
meiner Regierung. Gundel hat nur allzu oft bewiesen, welche Entscheidungskraft in ihr steckt, wenn es eng wird. Mit welch klarer und sachlicher Konsequenz sie der Realität die Stirn bietet. Sie ahnte wohl, in was für einer Verfassung ich gerade war, sah mich an, nahm meine Hand und fragte den Professor: »Wann können Sie meinen Mann operieren?«
    »Ich habe schon einen Termin für Sie reserviert, das wäre der 24. März.«
    »Mein Geburtstagsgeschenk für dich«, sagte ich und hatte das Gefühl, der Termin sei ein gutes Omen!
    Da kann mir einer sagen, was er will, von dem Moment an, wo du weißt, sie werden dich splitternackt auf eine flache Liege aus V4A-Edelstahl legen, werden dich aufschneiden, werden dein Brustbein fein säuberlich der Länge nach zersägen, dich auseinanderziehen wie einen Blasebalg, werden neue Leitungen suchen, und wenn sie welche finden, mit den vorhandenen, noch intakten verbinden, damit dein Herz wieder genug von allem bekommt, was es braucht... Also von dem Moment an denkst du an nichts anderes mehr.
    Erster Gedanke, ganz natürlich: Wirst du das überleben?
    Zweiter Gedanke: Wenn ja, wie?
    Es geht ja nicht um eine Warzenentfernung. Nein, diesmal geht es ans »Eingemachte«!

    So »cool« ist keiner, denke ich, dass er diese Art von

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