Alvion - Vorzeichen (German Edition)
Absicht an mich, sie euch zurückzugeben, nachdem ich Euch für tot erklärt und schließlich aus dem Lager geschafft hatte. Bedauerlicherweise liefen die Dinge für Eure Männer anders, doch immerhin konnte ich meine Ehrenschuld begleichen. Spät in der Nacht, als wieder Ruhe eingekehrt war, brachte ich Euch dann hierher. Man wird Euch nicht suchen, denn unmittelbar nach den Geschehnissen wurden die Leichen Eurer Kameraden verbrannt, sodass niemand Euer Fehlen bemerken wird.
Ich habe Euch soweit weg geschafft, wie es mir möglich war und ein Pferd, Proviant für einige Tage, Euren Dolch und Euer Schwert zurückgelassen, aber zum Lager sind es höchstens drei Meilen, also seid auf der Hut und sucht Euch schnellstmöglich ein geeignetes Versteck! Bis Perlia sind es von hier aus etwa vierhundert Meilen in nordöstlicher Richtung, doch seht Euch vor, denn überall im Land sind große Erkundungstrupps unterwegs! Die große Straße nach Norden liegt noch weit entfernt im Westen und sie solltet Ihr unbedingt meiden! Vielleicht tut Ihr gut daran, nach Norden zu reiten und Perlia zu umgehen, doch das ist allein Eure Entscheidung. Auf Eurem weiteren Weg kann ich Euch nicht mehr helfen und betrachte meine Schuld nun als beglichen. Vielleicht bringen uns zukünftige Zeiten einmal die Gelegenheit eines Wiedersehens unter besseren Umständen. Bis dahin mögen Euch die Götter auf Euren Wegen begleiten und ihre schützende Hand über Euch halten!
„Geras!“, durchzuckte es mich wie vom Blitz getroffen, obwohl der Brief natürlich nicht unterschrieben war. Eine Vielzahl an Gefühlen durchströmte mich. Dankbarkeit und Bewunderung für das, was er getan hatte, Zorn, Trauer und Hass wegen des Todes meiner Kameraden und gleichzeitig Freude, noch am Leben zu sein.
Etwa eine halbe Stunde später, als ich glaubte, der Schmerz in meinem Kopf ließe sich auch im schaukelnden Sattel eines Pferdes ertragen, stupste ich das Tier leicht in die Seite und ritt in Richtung Norden, auf der Suche nach einem Unterschlupf. Die Kopfschmerzen, unter denen ich litt, waren grässlich und mehrmals konnte ich nur mit großer Mühe gegen die Bewusstlosigkeit ankämpfen. Ich hoffte, möglichst bald ein passables Versteck zu finden, um ausruhen zu können, denn auf freiem Feld wollte ich nicht warten, bis die Nacht anbrach. Stattdessen hoffte ich, ein Wäldchen, ein Gehöft oder Ähnliches zu finden, wo ich einigermaßen gefahrlos warten konnte. Denn in einem vom Feind eroberten Gebiet wollte ich es nicht riskieren, tagsüber zu reiten, noch dazu mit einem Armeelager in unmittelbarer Nähe. Aber wenn mir Luccis gewogen blieb, war ich bald in Perlia. Es war unsinnig und riskant, doch es war das einzig lohnenswerte Ziel, denn ich wollte nur eines: So schnell wie möglich wieder gegen die Besatzer kämpfen und den Tod all jener tapferen Männer rächen, die mit mir durch die Wälder geflohen waren.
Absalom kochte vor unbändiger Wut und war nicht mehr in der Lage sich zu beherrschen. Völlig außer sich packte er einen der vor ihm stehenden Offiziere am Kragen und ließ den Kragier in der Luft baumeln.
„ Wer gab den Befehl dazu, wer?“, brüllte er den vor Angst zitternden Mann an.
„ Ich weiß es nicht, Erhabener“, wimmerte dieser zur Antwort. „Irgendjemand befahl, sie zu töten, als sie sich auf den Pferch zu bewegten, danach waren die Tepile nicht mehr zu bändigen. Sie erschlugen sie alle, sofern sie nicht ohnehin schon von den Pferden zu Tode getrampelt worden waren.“
Absalom ließ den Mann zu Boden fallen, schloss einen Moment lang seine Augen und fuhr dann mit ruhiger Stimme, die noch wesentlich bedrohlicher wirkte als sein Gebrüll, fort.
„ Ihren Willen solltet ihr durch die misslungene Flucht brechen! Sie sollten ihren Mut verlieren, nicht sterben! Ihr habt durch eure Dummheit alle meine Pläne durchkreuzt! Ich gebe dem Schuldigen eine letzte Gelegenheit zu sprechen: Also, wer gab diesen Befehl?“
Alle senkten ängstlich ihren Blick, aber keiner antwortete, doch Absalom war ein guter Beobachter. Nacheinander musterte er jeden Einzelnen, dann hatte er gesehen, was er sehen musste und trat vor einen zitternden Naraanier mit rötlichen Haaren.
„ Verschwindet!“, sagte er zu den Übrigen, ohne den Blick von diesem einen zu nehmen. „Du also!“, fuhr Absalom fort, als jene mehr als nur erleichtert den Raum hastig verlassen hatten. Es war der Naraanier, der Alvion Trey am Tag zuvor gedemütigt hatte, doch auch der
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