Alzheimer und Demenzen
Tage«
In engem Zusammenhang mit Vigilanzstörungen treten bei Demenzkranken Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus auf, denn Menschen, die tagsüber immer wieder dösen bzw. schlafen, können nachts häufig nicht durchschlafen, stehen dann auf und haben längere Wachphasen. Deshalb sind sie am kommenden Tag nicht ausgeschlafen, was wiederum ihre Tagesmüdigkeit und Schläfrigkeit verstärkt.
Melatonin reguliert den Schlaf-wach-Rhythmus
Die nächtlichen Durchschlafstörungen – sie treten nach einer neueren Studie immerhin bei rund 70% aller Demenzkranken auf – haben jedoch auch noch eine weitere Ursache: Der Schlaf-wach-Rhythmus wird beim Menschen durch eine Gehirnregion reguliert, die bei einsetzender Dunkelheit am Abend die Ausschüttung von Melatonin anregt. Dies wirkt einerseits schlaffördernd, andererseits regt es die Ausschüttung von Serotonin an, welches die Schlaftiefe reguliert.
TIPP
Was hilft bei Schlafstörungen?
Während es einerseits schlaffördernde Medikamente gibt, helfen in vielen Fällen auch andere »Behandlungsformen«: z. B. eine feste Tagesstruktur, die für den Kranken einen verlässlichen Handlungsrahmen darstellt und feste Aufgaben (im Haushalt, im Garten oder in anderen Bereichen) für ihn beinhaltet. Neben Aufgaben sollte die Tagesstruktur auch ausreichend Bewegungsmöglichkeiten vorsehen.
Viele Demenzkranke haben einen sehr starken Bewegungsdrang, weil sie durch Bewegung ihre innere Unruhe abbauen können. Spaziergänge, Wanderungen, Radtouren, Bewegungsspiele und Ähnliches aktivieren die psychomotorischen Fähigkeiten, wirken ausgleichend und beruhigend – und machen müde! Außerdem verbessert es den Nachtschlaf, wenn man sich tagsüber ausreichend lange im hellen Tageslicht aufhält – dieser positive Effekt kann darüber hinaus durch die Möglichkeit der Lichttherapie unterstützt werden. Bei Einschlaf- oder Durchschlafstörungen helfen auch manchmal entspannende, duftende Bäder, ein kurzer Nachtspaziergang oder ein »Gute-Nacht-Ritual«, ein schönes Fußbad, eine Tasse warmer Kakao oder eine Praline.
Dass diese Regulationsmechanismen bei Demenzkranken nicht mehr ausreichend funktionieren, hat wohl zwei Gründe: Zum einen kommt es zu einer Schädigung eben jener Gehirnregion, die die Melatoninausschüttung regelt, zum anderen setzen sich viele Demenzkranke aufgrund ihres sozialen Rückzugs und ihrer Antriebslosigkeit nicht mehr ausreichend lange dem hellen Tageslicht aus. Dämmerung und Dunkelheit werden von dem Zeitgeber im Gehirn dann gar nicht mehr registriert, Melatonin und Serotonin nicht in hinreichenden Mengen ausgeschüttet, was die »Schlafarchitektur« sehr negativ beeinflusst: Die verschiedenen Schlaf stadien wechseln zu schnell, der Betroffene wacht häufiger auf, schläft schlechter wieder ein, es kommt zu nächtlichen Verwirrtheits- und Unruhezuständen und Trauminhalte werden teilweise in körperliche Aktivität umgesetzt und ausagiert.
Fragen Sie ruhig den Arzt nach Medikamenten
Für die Verhaltensauffälligkeiten und Persönlichkeitsstörungen gilt, dass sie zwar möglicherweise durch meinen verstehenden, motivierenden, aktivierenden, akzeptierenden, Sicherheit gebenden, beruhigenden, einfühlsamen Umgang abgemildert werden können, und ich dadurch oft die daraus resultierenden belastenden Situationen entschärfen kann. Dennoch kann es zu Situationen kommen, in denen eine medikamentöse Unterstützung unumgänglich wird.
Diese Notwendigkeit hat nichts damit zu tun, dass ich als Angehörige versagt und es nicht geschafft habe, mit einfühlsamem Umgang die psychischen Probleme und Verhaltensauffälligkeiten des Kranken abzufangen. Wie bei chronischen Schmerzen kann man einen Kranken durch mitfühlenden, fürsorglichen Umgang so unterstützen und begleiten, dass er aufgrund seiner stabilen psychischen Verfassung die besten Voraussetzungen für eine Linderung seiner Schmerzen mitbringt und dennoch ist der Einsatz von schmerzlindernden Medikamenten häufig unumgänglich.
Als Angehörige sollte ich mich daher nicht scheuen, einen Facharzt zurate zu ziehen, der Erfahrungen mit der Behandlung derartiger Krankheitssymptome bei älteren Menschen hat, wenn die psychischen Symptome und Verhaltensauffälligkeiten schlimmer werden. Trotz aller Behandlungsmöglichkeiten darf nicht verschwiegen werden, dass Persönlichkeitsveränderungen und psychische Symptome meines demenzkranken Familienmitgliedes auf mein Leben als Angehörige einschneidende Auswirkungen
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