Am Anfang ist die Ewigkeit
die gesammelten Unterlagen hinterlassen. Sie liegen in einem SchlieÃfach in Genf und ich habe nicht vor, sie irgendwann noch einmal anzurühren. Die Nummer des SchlieÃfachs und der Inhalt werden eines Tages mit mir begraben werden.«
»Und warum ist Alex so scharf darauf?«
»Er hat behauptet, dass sein Vorgesetzter im russischen Geheimdienst eine alte Akte meines Vaters entdeckt hat. Darin sei eine Liste mit einer Inhaltsangabe des SchlieÃfachs enthalten. Er will die Sachen haben und hat Alex losgeschickt, um sie zu holen.«
»Warum hast du ihm die Nummer nicht gegeben, Mum? Ist es das wert, alles dafür aufs Spiel zu setzen?« Sasha merkte erst, dass sie weinte, als die Tränen auf ihre Hand tropften.
Ihre Mutter stand auf. »Ich war einfach nicht bereit, seinem Chef, diesem Tyrannen und Verbrecher, detaillierte, persönliche Informationen über wichtige Persönlichkeiten zu geben. Selbst wenn ich gewusst hätte, dass Alex mich beim AuÃenministerium anschwärzen und ich abgeschoben werden würde, hätte ich ihm die Nummer nicht verraten. Manche Dinge sind gröÃer als wir selbst, Alexandra. Und manchmal zahlt man einen hohen Preis dafür, wenn man versucht, das Richtige zu tun.«
»Wie schön, dass du alles richtig gemacht hast, Katya«, sagte Tim mit einem bitteren Unterton. »Vielleicht wäre das Ganze ja anders gelaufen, wenn du nicht so wählerisch gewesen wärst.«
Sasha wusste nicht, was er meinte. Ihre Mutter sah aus, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. Tiefer Schmerz spiegelte sich auf ihrem Gesicht. Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, doch dann stürmte sie wortlos in die Küche, fluchte auf Russisch vor sich hin und knallte Schranktüren zu.
Wieso hassten die beiden sich so sehr? Sasha hätte ihren Onkel gern gefragt, aber er war knallrot im Gesicht und bekam anscheinend kaum noch Luft. Wenn sie ihn noch mehr aufregte, bekam er womöglich einen Herzinfarkt, also lieà sie es sein.
Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und dachte daran, wie es wohl sein würde, in Russland zu leben. Ob sie dort die Schule beenden konnte? Allein bei dem Gedanken, in eine neue Schule zu kommen, in einem Land, dessen Sprache sie kaum beherrschte, wurde ihr schwindelig. »Wo sollen wir denn wohnen?«, fragte sie Tim. »In Moskau? St. Petersburg?«
Es dauerte eine Weile, bevor er mit leiser Stimme antwortete: »Du darfst nicht mitgehen, Sasha. Du bist US -Bürgerin und brauchst für die Einreise nach Russland ein Visum.«
Jetzt brach sie in totale Panik aus. »Wie lange dauert es, bis man so ein Visum bekommt?«
Tim wandte den Blick ab. Er fühlte sich eindeutig unwohl. »Nicht lange. Aber du wirst keines bekommen. Nicht so schnell jedenfalls. Der Zorn der Russen gegenüber Katya ist mindestens genauso groà wie das Misstrauen der Vereinigten Staaten, weil sie damals ihrem Heimatland den Rücken gekehrt hat. Sie will erst einmal abwarten, wie sich die Dinge in Russland entwickeln, denn ein Aufenthalt dort könnte für dich gefährlich sein. Kasamovs Chef ist immer noch hinter dem Inhalt dieses SchlieÃfachs her. Er könnte dich als Druckmittel einsetzen und dieses Risiko will Katya nicht eingehen.«
Die Angst fraà Sasha fast auf. »Wird er Mum etwas antun?«
»Möglicherweise. Ich will dir gleich reinen Wein einschenken, Sasha. Die kommenden Monate werden für deine Mutter eine harte Zeit. Es ist also das Beste, wenn du hierbleibst, wo dir nichts passieren kann. Dann hat sie zumindest eine Sorge weniger.«
»Vielleicht kann ich solange bei einer Freundin unterkommen.«
»Nein, Sasha. Fürs Erste kommst du mit zu mir. Nur aus diesem Grund bin ich hier.«
Sie blinzelte erschrocken. »Wo wohnen Sie denn?«
»In Colorado. In Telluride, um genau zu sein. Während deine Mutter die Dinge erst einmal in Ordnung bringt, wohnst du bei uns und lernst deine Tante und deine Cousins kennen. Ich habe zwei Jungs, beide ungefähr in deinem Alter.«
Ein paar Teenager und eine fremde Frau, in deren Adern dasselbe Blut wie das ihres Vaters floss ⦠Das reichte niemals aus, um die Trennung von Mum zu verkraften. Und eines war sicher, dieser Tim Shriver sah nicht aus wie ein Geheimagent. »Sie arbeiten für die CIA . Die gehört doch auch zum AuÃenministerium. Können Sie Mum denn nicht helfen?«
»Ich bin nicht
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