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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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diskutieren.
    Draußen hatte ich endlich Gelegenheit, meiner Mutter und ihrem neuen Mann zu gratulieren. Ich umarmte beide und murmelte irgendwelche Glückwunschfloskeln, die in der allgemeinen Heiterkeit untergingen.
    Dann nahmen alle Aufstellung fürs Gruppenfoto; ich konnte nicht verhindern, daß Lucy wieder ihr Ich-hasse-es-fotografiert-zu-werden-Gesicht aufsetzte und Jonas Augen und Mund mit den Fingern zu einer Fratze verzerrte.
    Mit mehreren Autos fuhren wir die idyllische Strecke bis zum Landgasthof Wimmer, einem für seine herausragende Küche bekannten Nobelladen. Im Schatten riesiger Kastanienbäume waren die Tische zu einem U angeordnet und geschmackvoll mit Rosengestecken und lose verstreuten Blütenblättern dekoriert.
    Galliger Neid stieg in mir hoch. Wie lieblos und popelig war damals meine Hochzeit abgefeiert worden; mitten im Winter, in einem düsteren Gasthaus, und noch dazu mit Leuten, die mir nichts bedeuteten.
    Ich studierte die Tischkärtchen. Wenn ich mir die Namen richtig gemerkt hatte, saß ich zwischen einem Selbsterfahrungsheini und einem der Offizierstypen.
    Mir gegenüber waren, zwecks ständiger Überwachung, Jonas und Lucy plaziert. Wir sollten ja nicht unangenehm auffallen.
    Doch genau das hatte Lucy sich offenbar vorgenommen.
    Sie zog ein muffiges Gesicht, mäkelte an jedem Gang herum und preßte schlechtgelaunt eine Antwort heraus, wenn jemand sie ansprach. Als der Hauptgang abgetragen wurde, zog sie ein Päckchen Zigaretten heraus und steckte sich eine an.
    Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Seit wann, bitte, rauchte meine Tochter?
    »Schmeiß die Kippe weg«, knurrte ich sie über den Tisch an. Sie ignorierte mich.
    »Lucy, du sollst die Zigarette ausmachen!« verlangte ich mit deutlich lauterer Stimme.
    »Willst du einen Streit anfangen, jetzt, hier, bei Mummys Hochzeit?« Provozierend sah Lucy mich an.
    Ich kochte innerlich.
    »Ich finde, deine Mutter hat recht«, meldete sich von links der Offizier.
    »Laß sie doch, sie muß ihre Erfahrungen selbst machen«, säuselte von rechts der Esofreak.
    Der Nachtisch wurde serviert. Lucy rauchte genüßlich weiter. Am liebsten hätte ich die Fluppe in ihrem Himbeerparfait ausgedrückt und wäre gegangen, aber genau darauf legte sie es vermutlich an.
    »Ist was mit Jojo?« fragte ich leise über den Tisch.
    »Laß mich in Ruhe«, kam es patzig zurück. Jonas hatte sich unbemerkt von seinem Platz entfernt und rührte mit einem Löffel in der einzigen Pfütze weit und breit. Gerade als ich ihm zurufen wollte, er solle sich nicht schmutzig machen, ließ er sich aus der Hocke auf beide Knie fallen.
    Ich konnte zusehen, wie der Schlamm sich in seine Hose fraß.
    Wo saß eigentlich Friedrich? Warum konnte der nicht mal auf seine mißratene Brut aufpassen? Ich sah mich suchend um und entdeckte ihn im angeregten Gespräch mit Christina, der kinderlosen, jüngeren Tochter von Martin.
    Sie warf ihr flattriges Blondhaar umher und lachte girrend. Komisch, daß Friedrich bei anderen Frauen so gesprächig war, während er bei mir jahrelang kaum die Zähne auseinanderbekommen hatte.
    Nachdem Martin zwischen Suppe und Hauptgang ein paar launige Worte verloren hatte, stand nun Queen Mum auf und klopfte an ihr Glas.
    »Liebe Freunde, liebe Familie. Auch ich möchte euch danken, daß ihr heute gekommen seid, um diesen Tag mit Martin und mir zu feiern. Manche von euch haben einen langen Weg auf sich genommen, wie Christina, die extra aus London gekommen ist, oder Annette, die mit ihrer Familie in Zürich lebt. Auch meine lieben Schulfreundinnen sind aus dem Norden Deutschlands angereist, und nicht zu vergessen Ewald und Kurt, Martins Freunde aus Kindertagen.«
    Queen Mum erzählte aus ihrem Leben, dem Leben von Martin, und wie sie sich beim letzten Klassentreffen wiederbegegnet waren. Sie vergaß auch nicht, meinen Vater zu erwähnen und Martins verstorbene Frau.
    »Ich bin sicher, die beiden würden unsere Wahl gutheißen.« Sie wandte sich Martin zu, der ihr die Hand küßte.
    Ich fühlte eine leichte Beklommenheit. Mußte das sein?
    Konnte sie die Toten nicht ruhen lassen? Ich blickte zu Christina und Annette, die beide betreten vor sich hinsahen. Aber wie es so Queen Mums Art war, sie merkte davon nichts. Ungerührt fuhr sie im Programm fort.
    »Und jetzt möchte ich euch mein Geschenk für Martin präsentieren. Wie ihr alle wißt, hat er viele Jahre in Afrika gelebt, und ich habe das Gefühl, daß ihn manchmal das Heimweh plagt. Deshalb habe ich

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