Am Anfang war der Tod
Gespräch mit Mario an. Redet über euren Beruf, wenn dir nichts anderes einfällt.“
„Ich gehe auf die Polizeiakademie und nicht zur Feuerwehr.“
„Das ist doch fast das Gleiche“, behauptete Karen.
Ashley stellte fest, dass man sich tatsächlich sehr angeregt mit Mario unterhalten konnte, obwohl er ein wenig schüchtern und zurückhaltend war. Er war verheiratet und mit seinen Junggesellen-Freunden nur mitgekommen, weil seine Frau für zwei Wochen zu ihren Verwandten nach Connecticut gefahren war. Es schien ihn zu freuen, dass sich jemand für seinen Status als frisch Verheirateter interessierte, denn seine Freunde hatten schon befürchtet, dass er ihnen den Spaß verderben könnte.
Ashley erzählte ihm von dem Unfall, dessen Augenzeugin sie geworden waren, und er berichtete ihr von Notfällen auf dem Highway 95, zu denen er gerufen worden war – einige wirklich tragische, andere eher bizarr. Als die anderen nach dem Tanzen an ihren Tisch zurückkamen, wiederholte sie ihre Geschichte, denn sie dachte sich, dass es Len ebenfalls interessieren könnte, weil sich der Vorfall in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft abgespielt hatte.
„An so was wirst du dich gewöhnen müssen, Ashley“, meinte Len. „Die Unfälle auf den Highways nehmen zu.“
„Hey“, mischte Karen sich ein, „wir hatten uns doch vorgenommen, nicht mehr über die Sache zu reden.“ Sie schaute Ashley an, die sich gar nicht der Tatsache bewusst zu sein schien, dass sie mit einem Kugelschreiber die Szene auf einer Cocktailserviette skizzierte.
„Ashley ist nämlich Künstlerin“, verkündete Karen. Sie warf ihr einen strengen Blick zu und drehte die Serviette um. „Zeichne mal ein Gesicht. Mach ein Porträt von Kyle.“
Gehorsam begann Ashley, das Gesicht des Feuerwehrmannes zu zeichnen. Die anderen stellten sich hinter sie und schauten ihr über die Schulter.
„Wow“, meinte Kyle respektvoll. „Das ist ja klasse. Signiere es bitte. Ich möchte es behalten.“
„Machst du auch eins von mir?“ bat Mario.
Als sie damit fertig war, reichte Len ihr einen Stapel Servietten. „Was ist mit Karen und Jan?“ fragte er.
„Die habe ich schon so oft gezeichnet.“
„Aber vielleicht möchten Kyle und ich ein Porträt von den beiden haben“, sagte Len. Karen versetzte ihr einen heimlichen Rippenstoß.
„Klar“, antwortete Ashley.
Sie vollendete ihre Porträts und verteilte sie. Kyle schüttelte den Kopf. „Len sagt, du willst Polizistin werden. Ich meine, das ist schon okay, aber diese Zeichnungen sind wirklich fantastisch.“
„Und sie hat ein fotografisches Gedächtnis“, ergänzte Jan. „Zeichne doch mal etwas, das du heute erlebt hast. Und zeigs ihnen.“
Karen legte ihre Hand auf Ashleys. „Aber nicht den Highway“, bat sie.
Ashley zuckte mit den Schultern. „Na gut.“
„Während du zeichnest, kümmere ich mich um die Rechnung“, schlug Len vor.
„Aber Len, das ist doch nicht nötig.“
„Du hast mir so oft was ausgegeben, Ash. Wenn ich bei Nick war.“
„Du meinst, mein Onkel hat dir was ausgegeben“, protestierte sie.
„Keine Widerworte zu einem Staatsbeamten“, neckte er sie und ging zur Bar. Ashley sah ihm kopfschüttelnd nach; dann begann sie mit ihrer Zeichnung. Nach kurzem Zögern skizzierte sie ein weiteres Gesicht. Sie war über sich selbst erschrocken, als sie sah, was sie tat. Markante, ausgeprägte Gesichtszüge, dunkle Haare und dunkle Augen, ein eckiges Kinn, hohe Backenknochen, der Mund fest und energisch, aber nicht unsympathisch.
„Wow, cool. Wer ist das?“ erkundigte Karen sich, während sie die Serviette in die Hand nahm.
„Der Typ, dem ich heute Morgen meinen Kaffee übers Hemd gegossen habe.“
„Sieht verdammt gut aus“, murmelte Karen anerkennend.
„Was habe ich gesagt – ein fotografisches Gedächtnis“, stellte Jan zufrieden fest.
„Nicht wirklich. Aber ich habe schon immer gerne Porträts gezeichnet“, erklärte Ashley den beiden Feuerwehrmännern. Kyle stieß einen leisen Pfiff aus. Sie betrachtete ihr eigenes Werk. Sieht verdammt gut aus. Ja, das stimmte. Ein Bündel von Aggressivität und Testosteron, sicher, aber irgendetwas hatte er an sich … Er strahlte eine verlockende Macht oder pure Sinnlichkeit aus – vielleicht sogar beides. Sie mochte es zwar gar nicht, wenn es von einem Mann hieß, er habe etwas „Animalisches“ an sich, doch in diesem Fall traf es den Nagel auf den Kopf.
Er hatte das gewisse Etwas.
Eben genau das, was sie an Len nicht
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