Am Ende der Nacht
Abbuchung bei Visa. Und bei AmEx? ...
Northwest Airlines. Ich brauche die Kartennummer, die Ticketnummer und das
Datum des Zahlungsvorgangs... Danke. Ich melde mich wieder.«
»Ja, das ist die Ticketnummer... John
Seabrook, genau... Tatsächlich? Da muß irgend etwas falsch gelaufen sein.
Könnten Sie mir bitte Flugnummer und — datum sagen? ... Danke. Ich werde mit
meinem Chef sprechen und Sie dann wieder anrufen.«
»Was ist, McCone?«
»Abflug elf Uhr dreißig nach
Minneapolis-Saint Paul, Ankunft dort sechzehn Uhr vierundfünfzig. Anschluß mit
Northwest Airlink nach Chisholm-Hibbing, Minnesota, Ankunft zwanzig Uhr
fünfundfünfzig.«
»Also los.«
Die Nachtmaschine nach Minneapolis war
so gut wie leer. Kurz nachdem wir Reisehöhe erreicht hatten, stellten die
Stewardessen ihr geschäftiges Treiben ein und dimmten die Kabinenbeleuchtung
herunter. Die Turbinen dröhnten, während wir auf stetem Kurs die dunklen
Luftstraßen entlangglitten. Unter uns lag der Kontinent, unendlich fern.
Wir saßen eng aneinandergelehnt da und
teilten uns einen Brandy, weil keiner von uns einen ganzen gewollt hatte. Und
in der Intimität dieser scheinbar endlosen Nacht konnte ich ihm endlich die
Frage stellen, die ich schon seit drei Jahren mit mir herumtrug. »Was war Matty
für dich?«
»Eine Freundin.«
»Mehr als das.«
»...Ja. Ich habe sie geliebt.«
Ich wartete.
»Sie war ursprünglich Julies Freundin.
Ihre beste Freundin. Sie waren zusammen aufgewachsen, in Kern County. Nach der
High-School hatten sie sich dann ziemlich auseinanderentwickelt. Matty konnte
Julies Engagement für den Umweltschutz nicht akzeptieren. Sie fand es eine
Schande, daß Julie mit dem Geld, das sie von ihrem konservativen Vater geerbt
hatte, linke Aktivitäten finanzierte. Aber als Julie im Sterben lag, war es
Matty, die kam, um bei ihr zu sein und mir zu helfen.
Julie ist zu Hause gestorben. Ich
glaube, ich habe dir das nie erzählt. Sie wollte nicht in einem Krankenhaus
liegen, unter lauter Fremden, und ich wollte das auch nicht. Als es so weit
war, hat Matty ihre Hand gehalten. Sie hat mich rausgeschickt, auf dieses
Steilufer, das zum See runterging. Julie hat uns nicht mehr erkannt, und Matty
wußte, daß ich es nicht ertragen könnte, sie hinübergleiten zu sehen. Es war
ein warmer, klarer Juliabend; ich weiß noch, wie der Sonnenuntergangshimmel
über dem Wasser lila wurde und schließlich erlosch.
Als es vorbei war, ist Matty zu mir
gekommen und hat es mir gesagt. Sie hat alles Nötige veranlaßt und mir
geholfen, die Leute anzurufen, die es wissen sollten. Und später dann — gegen
Morgen, als sie Julie weggebracht hatten und nichts mehr zu tun war — ist Matty
in mein Bett gekommen, und wir haben uns geliebt. Und uns schien gar nichts
Unrechtes dabei, genauso, wie Julie nichts Unrechtes dabei gefunden hätte.
Es war nur dieses einzige Mal, McCone,
konnte nie wieder sein, und wir wußten das beide. Aber Matty hat mir durch
diese schreckliche Nacht geholfen. Dafür bin ich ihr dankbar und werde es immer
sein.«
Was er sagte, überraschte mich nicht;
vielleicht hatte ich es tief verborgen in meinem Inneren auf irgendeiner Ebene
gewußt. Ich verspürte keine Eifersucht, nur eine Welle der Dankbarkeit Matty
gegenüber. Ich nahm Hys Hand und hielt sie schweigend, bis ich seinen
ängstlich-fragenden Blick bemerkte.
Als Antwort sagte ich: »Ich werde ihr
auch immer dankbar sein.«
Drei
Jahre zuvor
»Wir nähern uns Ihrem
Kurskontrollpunkt, McCone. Haben Sie ihn schon gesichtet?«
»Nein. Ich kann kaum glauben, daß das
hier dieselbe Gegend sein soll, durch die ich schon so oft gefahren bin.«
»Dann schauen Sie auf die Karte. Sie
wissen, der Highway 101 verläuft zu Ihrer Rechten. Welches Bodenmerkmal haben
Sie sich bei der Flugplanung auf der linken Seite ausgesucht?«
»Den Lake Sonoma, aber ich — da ist er,
voraus. Wir sind zehn Meilen südlich von Cloverdale.«
»Na, bitte.«
»Ich habe diese Karte eine geschlagene
Woche studiert, aber von hier oben sieht alles so anders aus.«
»Das liegt daran, daß Sie es sich so
vorstellen, wie es vom Boden aus aussieht. Was am Boden leicht zu erkennen ist,
ist aus der Luft oft schwer auszumachen — und umgekehrt .«
» Und man kann sich so leicht
verfliegen...«
»Na ja, vorerst haben Sie sich nicht
verflogen. Behalten Sie einfach nur die Instrumente im Auge, achten Sie auf den
übrigen Flugverkehr, und bleiben Sie ganz locker. So ein Überlandflug soll
eigentlich
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