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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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stellt ihr ein Glas Wasser hin. Nur ihr. Er selbst trinkt nichts. Bedeutet das etwa, dass er sie so schnell wie möglich loswerden möchte?
    Wieder schlägt Martha das Herz bis zum Hals.
    «Das mit dem Unfall tut mir leid», beginnt sie und bereut die Bemerkung sogleich. Miller sieht überhaupt nicht aus, als ob er verletzt wäre. «Ich meine, Nora hat erzählt, also eigentlich ihre Mutter, dass Sie –» Martha bricht ab, greift hastig zum Wasserglas und verschüttet die Hälfte.
    Miller achtet nicht darauf, er zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich rittlings darauf.
    Martha wischt mit ihrem Ärmel über die hässlichen Fliesen, von denen einige schon Risse haben. «Tut mir leid, ich …»
    Wieder weiß sie nicht weiter.
    Miller schaut sie nachdenklich an, dann grinst er. «Ertappt. Ich hoffe, du bist nicht gekommen, um zu prüfen, ob ich wirklich einen Unfall hatte.»
    Martha schüttelt heftig den Kopf. «Nein, bestimmt nicht!»
    «Ich hatte keinen.»
    Martha weiß nicht, wie sie auf diese Mitteilung reagieren soll. Am besten, indem sie die Wahrheit sagt.
    «Ich … also wir alle fanden es schade, dass wir das Stück nicht noch einmal aufführen konnten.»
    «Das hab ich mir gedacht, und deswegen hab ich mich auch nicht getraut, die Wahrheit zu sagen. Böse?» Er sieht verunsichert aus.
    In Martha steigt eine Hitzewelle hoch. Ihr Gesicht fängt an zu glühen. Bestimmt sagt er ihr gleich, dass er nicht noch einmal mit ihr auf der Bühne stehen konnte. Weil er Angst davor hatte, die Beherrschung zu verlieren. Angst davor, dass alle sehen könnten, was er für sie empfindet. Sie spürt, wie eine Ader an ihrem Hals pulsiert.
    Miller lächelt verlegen. «Ich muss dir ein Geständnis machen, Martha. Aber versprich mir, dass du es niemandem erzählst.»
    Martha nickt. Sie bekommt kein Wort heraus. Gleich passiert das, wovon sie schon so lange träumt. Und dann fällt sie in Ohnmacht. Vor Glück.
    «Ich habe Lampenfieber.»
    «Was?»
    «Du weißt doch, was Lampenfieber ist, oder?»
    Natürlich weiß Martha das, aber sie hat Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen.
    «Ehrlich gesagt hab ich keine Ahnung, wie ich die Premiere überstanden habe. Aber mir war danach völlig klar, dass ich das nicht noch einmal schaffe.» Miller zuckt entschuldigend mit den Schultern. «Natürlich war es nicht richtig von mir, diese dumme Ausrede zu benutzen, aber Noras Mutter hat mich regelrecht überfallen. Rief hier an und meinte, sie hätte Beziehungen zum Fernsehen und wollte am Mittwoch ein Team vorbeischicken. Sprach davon, dass ich in einer Talkshow auftreten sollte, um über meine Arbeit mit Jugendlichen zu berichten. Bei dem Gedanken wurde mir ganz anders.»
    Martha muss daran denken, wie Jill wohl reagieren wird, wenn sie erfährt, dass alle Welt sie um ein Haar im Fernsehen hätte bewundern können. Aber sie wird es ja nicht erfahren, jedenfalls nicht von ihr.
    «Auf die Schnelle ist mir nur das mit dem Autounfall eingefallen», sagt Miller. «Ich hatte wirklich schon mal ein Schleudertrauma. War nicht lustig. Aber natürlich hätte ich wenigstens dir und Jill die Wahrheit sagen sollen. Ihr habt beide die meiste Zeit in das Stück investiert.»
    «Schon gut», sagt Martha leise. Dabei ist überhaupt nichts gut.
    Miller schaut Martha prüfend an. «Deswegen bist du aber nicht zu mir gekommen, nicht wahr?»

24.
    N ein, deswegen ist Martha wirklich nicht gekommen, aber nach dem, was Miller ihr gerade eröffnet hat, kann sie ihm nicht mehr die Wahrheit sagen. Sie überlegt sich gerade einen plausiblen Grund, dass sie einen Nachhilfelehrer für Englisch sucht oder etwas in der Art, da pustet sich Miller eine Haarsträhne aus der Stirn, und diese vertraute Geste löst den Knoten in Marthas Brust, und sie fängt an zu reden. Sie erzählt alles, ohne zu beschönigen, ohne etwas auszulassen, bis auf eine winzige Kleinigkeit.
    Miller unterbricht sie kein einziges Mal. Ab und zu nickt er, und einmal beugt er sich so weit zu ihr nach vorn, dass sein Stuhl fast umkippt.
    «Ich wusste gar nicht, dass du in der Koblenzer Straße wohnst», sagt er, als sie mit ihrer Geschichte am Ende ist.
    «Auf der Namensliste steht noch meine alte Adresse. Ich hätte es längst ändern sollen.»
    «Aber das wolltest du nicht, weil es dann schwarz auf weiß Realität geworden wäre.»
    Martha nickt, er versteht sie. Endlich versteht sie jemand.
    Miller erhebt sich und geht im Zimmer auf und ab. Dann lehnt er sich an den Esstisch und sieht sie prüfend an

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