Am Ende siegt die Liebe
die Eltern von ihren Tischen aus direkt in den Innenraum der Burg schauen konnten.
»Ich habe heute nachmittag zufällig Say gesehen, als ich auf dem Weg zu einem Patienten in Rottach-Egern war«, sagte Marc Schumann, nachdem ihnen ein junger Mann Kaffee und Kuchen serviert hatte. »Sie betrat gerade den Friedhof.«
»Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst«, meinte Michael. »Say hat mir mal erzählt, daß sie irgendwann ein thailändisches Restaurant eröffnen möchte. Ich habe mir allen Ernstes überlegt, ob ich ihr dabei helfen sollte.«
»Das wäre eine gute Idee, Michael.« Carola legte ihre Hand auf seine. »Say braucht etwas, um von ihrem Kummer abgelenkt zu werden. So eine Aufgabe wäre sicher das Richtige, um ihr zu helfen.«
»Und wo soll dieses Restaurant st ehen?« fragte Marc.
»Ich habe heute erfahren, daß in Bad Tölz ein Restaurant zu vermieten ist, das wie geschaffen für Says Pläne wäre«, berichtete der Hotelier. »Man müßte natürlich etwas Geld hineinstecken und man müßte auch durch die notwendige Reklame dafür sorgen, daß es gut anläuft.« Er schaute nachdenklich über das Wasser. »Nun, da mache ich mir keine Sorgen. Ich kenne genügend Leute, die dabei helfen wü rden.«
»Und David?« Carola sah ihn an. »Was ist mit David? Es steht noch immer nicht fest, ob er in Deutschland bleiben darf.«
»Ich bin mir fast sicher, daß man David nicht zurückschicken wird«, erwiderte Michael. »Wenn...«
Franziska Löbl trat an den Tisch. Mit der Hand grüßte sie.
»Setz dich zu uns«, forderte Marc sie auf und holte einen weiteren Stuhl. »Kaffee und Torte?«
Die junge Frau nickte.
»Ist Ihre Familie auch hier?« erkundigte sich Michael.
Franziska zog ihren Block heraus. »Nur meine Tante. Paul ist auf dem Hof bei meinem Vater geblieben.« Sie verzog das G esicht. »Wir wollten alle gemeinsam fahren. Leider hatte mein Vater plötzlich keine Lust mehr.«
Dr. Schumann kam mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Schokoladentorte. »So, damit du nicht verhungerst«, meinte er zu Franziska.
Carola mochte die junge Frau, aber sie war genau im falschen Moment gekommen. Nie zuvor war Michael so sicher gewesen, daß David in Deutschland bleiben durfte. Er mußte also etwas erfahren haben, von dem sie noch nichts wußte.
Als David aus der Hüpfburg kam, war er so müde, daß er fast am Tisch einschlief. Die jungen Leute verabschiedeten sich von Dr. Schumann und Franziska und trugen den Buben zum Wagen. Kaum hatten sie ihn in den Kindersitz gesetzt, befand er sich auch schon im Reich der Träume.
Sie verließen Tegernsee auf der Schwaighoferstraße. Kurz hinter der Prinz-Karl-Kapelle hielt Michael an. »Komm, laß uns ein paar Schritte gehen«, bat er.
»Und David?«
Michael wandte sich um. »Er schläft so fest, daß man bestimmt neben ihm eine Kanonenkugel abfeuern könnte und er würde nicht aufwachen«, sagte er.
Carola löste ihren Gurt und stieg aus. Michael nahm ihren Arm. Langsam gingen sie zum See hinunter.
»Hast du etwas wegen David erfahren?« fragte sie, weil sie die Spannung nicht länger aushielt. »Wieso glaubst du plötzlich, daß er in Deutschland bleiben darf?«
»Weil mein Anwalt einen Weg gefunden hat«, erklärte er. »Wir müssen so schnell wie möglich heiraten. In diesem Fall dürfte es mit seiner Adoption kaum Schwierigkeiten geben.«
Die junge Frau fühlte, wie eine eisige Kälte durch ihren Körper kroch. Es kam ihr vor, als hätte sie eine heftige Ohrfeige erhalten. »Mit anderen Worten, du willst mich nur heiraten, um David zu adoptieren«, meinte sie dumpf.
Michael starrte sie perplex an. »Das ist natürlich nicht der einzige Grund«, erwiderte er fassungslos. »Wie kannst du nur so etwas glauben, Carola? Ich liebe dich. Das müßtest du inzwischen gemerkt haben.«
»Und warum hast du mir dann nicht längst einen Heiratsantrag gemacht?« fragte Carola verbittert. Sie hatte nicht die schönen Stunden vergessen, die sie mit ihm verbracht hatte, aber daß er sie in erster Linie heiraten wollte, um David ein Zuhause zu geben, enttäuschte sie zutiefst. So sehr sie an dem Kleinen hing, sie konnte sich nicht vorstellen, daß eine Ehe unter solchen Vorau ssetzungen halten würde.
Michael ergriff ihren Arm. »Kannst du mir vielleicht sagen, was mit dir ist?« fragte er außer sich. »Wie es aussieht, willst du mich nicht ve rstehen.«
Die junge Frau befreite sich mit einer heftigen Bewegung. »Ich habe dich sehr gut verstanden«, sagte sie den
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