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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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Überall an der Lombard und Cornhill Street gab es Kaffeehäuser, wo sich Bankangestellte, Händler und Börsenmakler trafen, um Neuigkeiten von der Handelsschifffahrt oder dem internationalen Markt zu diskutieren und um Zucker aus Jamaika, Tabak aus Westindien, Wolle aus Australien und Tee aus China zu kaufen und zu verkaufen. Antonia wohnte in der City und kam daher fast täglich durch das Bankenviertel, aber sie wurde des ganzen Betriebs niemals überdrüssig. Das Viertel strahlte eine belebende Munterkeit aus, was möglicherweise sowohl an den Mengen Kaffee lag, die dort getrunken wurden, wie an den Besonderheiten der Branche selbst.
    Als Antonia am Jerusalem Coffee House vorbeikam, war sie sich sicher, Isaac durchs Fenster erkannt zu haben. Man konnte ihn eigentlich nicht verwechseln. Er war ein großer Mann, nicht korpulent, aber hochgewachsen und stattlich. Er war gerade mit einem anderen Herrn ins Gespräch vertieft, den sie als Angestellten der Garings Bank erkannte. Josiah hatte jegliche Beziehung zu dieser Bank aufgekündigt, nachdem er herausgefunden hatte, dass Geld aus dem Opiumhandel in deren Tresoren verwahrt wurde, das der Krone zur Verfügung stand. Antonia war überrascht. Welchen Grund konnte ein Quäker, ein enger Freund ihres Mannes haben, sich mit einem solchen Menschen zu treffen? Sie wandte sich ab und schalt sich selbst wegen ihres mangelnden Vertrauens. Zweifellos hatte Isaac absolut vernünftige und moralisch einwandfreie Gründe für sein Handeln. Sie war heute nicht sie selbst.

6
    K ATTUN
    Juliette betrachtete sich prüfend im einzigen Spiegel des Hauses. Ihr Anblick konnte sie in keiner Weise aufmuntern. Mrs Blake benutzte den Spiegel in der Eingangshalle nur, um den Sitz ihres Hutes zu kontrollieren oder einen Fussel von ihren grauen Kostümen zu zupfen. Es war wirklich eine Schande, dass jemand wie Mrs Blake so wenig Wert auf Äußerlichkeiten legte und dass sie Wolle wählte, obwohl sie sich Seide hätte leisten können. Es schien gegen die natürliche Ordnung der Dinge zu verstoßen. Soweit Juliette das beurteilen konnte, war doch der Sinn von Reichtum, dass man ihn zur Schau stellte. Außerdem war ihre Herrin hübsch anzusehen, wenn auch keine Schönheit. Indischgrün oder Lavendelblau würden ihr jedenfalls sehr gut stehen.
    Juliette beugte sich noch näher zum Spiegel und glättete ihr schwer zu bändigendes braunes Haar. Man sah ihr die Unruhe deutlich an, obwohl sie wirklich versuchte, sich keine Sorgen zu machen. Seit Beth gesagt hatte, dass man vom Kummer mager wurde. Wenn das Gegenteil auch stimmte, dann erklärte es die zufriedenen Rundungen des Dienstmädchens. Beth hatte Wangen wie pinkfarbene Pfirsiche und ein Hinterteil so rund wie ein Wäschebottich unter ihren schwarzen Kattunröcken. Schwarzer Kattun war nichts für Juliette. Heute zierte ein roter Fleck auf jeder Wange ihr schmales Gesicht, und ihre Stirn erinnerte an zerknittertes Leinen. Sie begutachtete sich aus jedem Winkel und ließ keinen Makel aus, bis ihr Blick auf ihre Hände fiel. Ihre Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest hielt sie den Brief umklammert.
    Sie wandte sich von ihrem enttäuschenden Spiegelbild ab und ging in der Eingangshalle auf und ab. Das tat sie noch dreimal, ehe sie das Stampfen und Schnauben der Kutschpferde hörte und dann das Klappern von festen Stiefeln auf der Steintreppe.
    Mrs Blake wirkte sofort besorgt, als sich ihre Blicke trafen, wodurch sich Juliette sogleich besser fühlte.
    »Ist etwas nicht in Ordnung, Juliette, Liebes?«
    »Nicht in Ordnung … nein, nicht direkt. Aber in der Nachmittagspost war …« Juliette nahm ihr den grauen Mantel und die grauen Handschuhe ab. Dabei bemerkte sie, dass Mrs Blakes Augen unnatürlich glänzten. Sie hatte wieder geweint. Dies war allerdings das einzige Anzeichen, denn sie neigte nicht zu Selbstmitleid.
    »Er ist gekommen!«
    »Der Poststempel ist jedenfalls aus Sydney …« Juliettes Stimme zitterte. Auf diesen Brief hatten sie lange gewartet.
    »Du hast ihn noch nicht aufgemacht?«
    »Aber nein. Er ist an Sie adressiert, außerdem kann ich nicht viel besser lesen als schreiben.«
    »Also, gut. Dann machen wir uns jetzt einen Tee und setzen uns an den Küchentisch. Ich weiß, dass dir das grausam vorkommen muss, noch länger zu warten. Aber ich glaube, es ist besser, wenn wir uns erst beruhigen und etwas zu trinken haben.«
    Juliette eilte davon und setzte den Wasserkessel auf, weil sie unmöglich noch einen Augenblick länger

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