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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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dasselbe mit einem kleinen Sträußchen getrockneter Blumen und dann mit einem Stück Vorhangspitze machte. Sie hatte jeden Zeitbegriff verloren und war überrascht, als Beth mit einem Tablett voller Aufschnitt, gekochten Eiern und eingelegtem Gemüse ins Zimmer geschnauft kam. Sie erklärte, dass Mr Blakes Mittagessen immer so aussah und hoffentlich auch für sie recht war. Rhia versicherte ihr, dass es wunderbar so war. Sie war viel zu aufgeregt, um Hunger zu verspüren.
    Als sie Laurence fragte, ob er noch weitere Fotografien hätte, die er ihr zeigen könnte, wies er mit einem Lachen auf eine große Kommode an der gegenüberliegenden Wand. »Fühlen Sie sich ganz zu Hause. Ich muss ein paar Briefe schreiben und ein paar Rechnungen adressieren, aber Sie können gerne so lange bleiben, wie Sie möchten.« Damit setzte er sich mit seinem Schreibpult und dem Tintenfass an den Tisch und konzentrierte sich bald auf sein Tun, auch wenn Rhia ab und zu seinen Blick spürte.
    Neugierig öffnete sie eine Schublade nach der anderen. Die erste war voller Porträts, Herren in Ohrensesseln, hinter denen eine Dame stand. Auch in den Familientableaus stand die Frau ganz hinten. Da gab es Kinder in Matrosenanzügen und Aufnahmen von frisch verheirateten Paaren mit eingefrorenem Lächeln. In einer anderen Schublade waren Bilder von Musikinstrumenten und Teetassen, Samowars und Kerzenleuchtern, Rosen in Vasen, Muscheln und sogar einem Bücherregal. Eine weitere Schublade barg fotogene Zeichnungen von London, Paris und Rom, Städte, die Rhia nur von Gemälden kannte.
    Als Antonia auftauchte, saß Rhia auf dem Boden, umgeben von Fotografien von Brücken, schmiedeeisernen Toren, Landschaften und jeglicher Art von Steinmetzarbeiten, von Engeln bis hin zu Wasserspeiern.
    »Wie ich sehe, haben Sie inzwischen Einblick in das Gewerbe unseres Hauses gewonnen«, stellte Antonia fest.
    »Ja«, erwiderte Rhia. »Ein Gewerbe des Lichts unter all den dunklen Machenschaften der Fabriken.« Selbst in ihren Ohren klang das melodramatisch.
    Antonia nickte nur. Sie durchquerte das Zimmer und setzte ihre Augengläser auf, um Laurence’ neueste Arbeiten zu betrachten. Er sah von seinen Briefen auf, als hätte er sie eben erst bemerkt.
    »Hallo, Antonia. Hast du wieder verdammte Seelen gerettet?«
    Sie lächelte, schwieg aber weiterhin, und Laurence beugte sich wieder über seine Arbeit. Rhia überlegte, ob sie irgendetwas Falsches gesagt hatte. Antonia kehrte zu ihr zurück. »Die Industrie ist ein zweischneidiges Schwert, nicht wahr? Die einen hat sie befreit und die anderen ruiniert. Wird Ihre Familie weiterhin Handel treiben?«
    »Meine Mutter spinnt Wolle. Und wenn es meinem Vater wieder bessergeht, könnten wir vielleicht …« Ihr fiel nichts ein, was sie tun könnten. Alles lag jetzt im Ungewissen. Sie hatte gehofft, Ryan würde helfen, aber sie hegte den Verdacht, dass er selbst Sorgen hatte. Sie hatte sogar schon überlegt, ob er nicht nur aus praktischen Gründen an den China Wharf gezogen war, sondern weil er sich das Haus nicht mehr leisten konnte.
    Mrs Blake sah sie gütig an. »Es gibt absolut keinen Grund, weshalb Sie und Ihre Mutter nicht dieselben vortrefflichen Dinge erreichen sollten, egal ob mit oder ohne Ihren Vater. Ich selbst habe das ebenfalls vor.«
    Rhia seufzte. »Ich wüsste nicht, wie.« Sie wünschte sich, sie hätte eine Vorstellung davon und wäre eine der Frauen, die sich nichts dabei dachte, auf Kamelen durch die Wüste zu reiten, Gletscher zu erklimmen und ohne Krinoline Afrika zu erforschen.
    »Wir werden dazu erzogen, das Gegenteil zu glauben«, fuhr Mrs Blake fort. »Es sind die Bedürfnisse der Frauen , die die Textilindustrie rentabel machen. Es ist ein Trugschluss, dass nur die Männer, die Geschäfte führen, davon profitieren. Wir kleiden nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Familien. Wir dekorieren unsere Häuser, wenn wir sonst keine andere Beschäftigung haben. Wir nähen und sticken und stopfen. Wir wünschen uns Harmonie und Frische im Haus, denn hier verbringen die meisten von uns den Großteil ihres Lebens. Zumindest diejenigen, die sich nicht bewusst sind, dass wir eine Wahl haben.«
    Mrs Blake hatte ihre Brille abgenommen, legte sie zusammen und steckte sie in einen abgetragenen Samtbeutel. »Ich fürchte, ich werde heute Abend nicht zu Hause sein, denn ich muss zu einer Versammlung. Wirst du da sein, Laurence?«
    Er sah auf. »Hm? Heute Abend? Ich werde wohl in meinem Club sein.«
    Rhia war

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