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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Logan in sich erwecken konnte, war einfaches Bedauern. Es tat ihm leid um Natassa, die ihm niemals auch nur erzählt hatte, wie sie hier unten gelandet war. Es tat ihm um all die Dinge leid, die er niemals tun würde. Es hatte ihn niemals wahrhaft nach dem Thron verlangt. Er hatte stets den Verdacht gehabt, dass das Leben eines Königs weit härter war, als es schien. Im Loch hatte er manchmal bedauert, dass man sich seiner nicht als eines Mannes erinnern würde, der von Bedeutung gewesen war.
    Während er jetzt an den Stalagmiten gelehnt dasaß, der eines Tages seinen Körper umschließen und für die Ewigkeit zu seinem Grabmal werden würde, wünschte er sich einfachere Dinge. Er vermisste Sonnenlicht. Er vermisste den Geruch von Gras, von frischem Regen, von einer Frau. Er vermisste Serah Drake und all ihre Trivialitäten. Er vermisste seine Frau. Jenine war so jung, so klug, so hübsch. Sie war ein Diamant gewesen, den er gefunden und dann für immer verloren hatte. Er vermisste Kylar, seinen besten Freund. Ein weiterer Diamant, abgestreift, wiedergefunden und verloren …
    Logan wünschte sich Liebe und Kinder und die Möglichkeit, seine Anwesen zu verwalten. Ein einfaches Leben, eine große Familie, einige enge Freunde. Das würde ihm all die Unsterblichkeit geben, die er brauchte.
    Für eine Weile betete er zu den alten Göttern. Es gab nichts anderes zu tun, und Knirscher war kein großartiger Gesprächspartner, doch die alten Götter hatten nichts zu sagen. Er betete sogar zu dem einen Gott des Grafen Drake.
Er war sich nicht sicher, wie man zu dem Gott aller Dinge beten sollte. Warum sollte es Ihn kümmern? Logan gab es auf.
    Größtenteils versuchte er, den Schmerz zu ignorieren.
    Er stand gerade im Begriff, die Augen zu schließen und noch einmal zu versuchen zu sterben - oder zu schlafen, was auch immer -, als Knirscher zu heulen begann. Es war ein hohes, durchdringendes Geräusch, anders als alles, was Logan je gehört hatte.
    Der Schacht stieß beißenden Rauch aus, und die Gestalt, die Logan für eine Sekunde erblickte, wurde von der dicken Wolke und Dunkelheit verschlungen. Dann, als die Wolke sich zerstreute, kam ein Dämon herausgeschritten.
    Zum ersten Mal in all der Zeit erlebte Logan, dass Knirscher Angst hatte. Er wich bis zu Logan zurück und kauerte sich wimmernd neben ihn, aber weiter würde er sich nicht zurückziehen. Die Loyalität des einfachen Mannes kannte keine Grenzen.
    Der Dämon kam langsam näher, den Blick seiner leuchtend blauen Augen auf Logan geheftet. War das ein Heuler? Oder war dies der Tod, der endlich gekommen war, um ihn für sich zu fordern? Logan hatte keine Angst.
    »Hm, Scheiße, Mann«, sagte der Tod mit einer vertrauten Stimme. »Ich dachte, ich müsste den ganzen Weg hinauf ins Loch klettern, um dich zu finden.«
    »Was bist du?«, krächzte Logan.
    Das Gesicht des Dämons schimmerte und schmolz von Kylars Gesicht herunter. Logan war davon überzeugt, dass er zu guter Letzt doch verrückt geworden war.
    »Tut mit leid, die Sache mit dem Gesicht habe ich ganz vergessen«, sagte Kylar. Er grinste sein verrücktes Grinsen, um seine Sorge zu verdecken. »Du, aah, siehst aus wie das südliche
Ende eines nach Norden reitenden Pferdes.« Es war einer von Logans alten Sprüchen - Götter! - aus der Zeit, da er kaum ein Zehntel der Flüche gekannt hatte, die er im Loch gelernt hatte. Kylar grinste abermals. »Wird, aah, der große Kerl hier in Ordnung kommen?«
    Knirsch zitterte am ganzen Leib, und nicht einmal Logan konnte erkennen, ob der Grund dafür Wut oder Angst war. »Knirsch«, sagte Logan, »er ist ein Freund. Er ist hier, um zu helfen.« Knirschers Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber er machte keine Anstalten anzugreifen. »Du bist es doch wirklich, nicht wahr?«, fragte Logan.
    »Gekommen, um dich rauszuhauen«, antwortete Kylar. Als Logan nicht reagierte, trat er näher und betrachtete seinen Freund genauer. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war grimmig. »Nun, was ist schon ein Wunder mehr, hm? Du hast noch nicht ins Gras gebissen«, murmelte er.
    Logan spürte, dass er langsam das Bewusstsein verlor, als Kylar ihm auf die Füße half. Kylar sprach, und ein Teil von Logan begriff, dass er lediglich versuchte zu verhindern, dass Logan ihm wegsackte. Er tat sein Bestes, auf Kylars Stimme zu lauschen und die Stimmen von Schmerz und Tod zu ignorieren, die nach ihm riefen.
    »… denn es ist jetzt praktisch unmöglich, in den Schlund zu gelangen, verdammt.

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