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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Nicht wie in alten Tagen … Es heißt, irgendjemand oder irgendetwas residiere jetzt dort. ›Residiere‹, als sei der Schlund ein Palast oder so etwas.«
    »Khali«, flüsterte Logan.
    Kylar führte sie tiefer in das Loch hinein. Logan stolperte abermals, und als er die Augen aufschlug, stellte er fest, dass er auf Kylars Rücken gebunden war. Das konnte nicht richtig sein. Trotz all des Gewichts, das Logan verloren hatte, hätte
Kylar nicht in der Lage sein sollen, ihn so mühelos zu tragen. Aber das Gefühl verblasste nicht. Kylar bahnte sich seinen Weg immer tiefer und tiefer hinein. Es gab keinen Pfad und kein leuchtendes Moos hier unten, aber Kylar bewegte sich trittsicher und sprach weiter, und seine Stimme wehrte Logans Angst vor der Dunkelheit ab.
    »… war einmal in den Schloten, und mir ist wieder eingefallen, dass sie bis in den Kern der Erde selbst hinunterzuführen schienen. Ich dachte mir, dass der Schlund in die Tiefe geht, und die Schlote ebenfalls, und dass sie ziemlich dicht nebeneinanderliegen. Ich dachte, dass die Schlote, wenn ich nur tief genug hinabstiege, vielleicht zusammenlaufen würden.
    Hast du jemals das Innere dieser Schlote gesehen, die die Burg beheizen, Logan? Pures Metall, das bis in alle Ewigkeit einfach nach unten reicht. Große Windflügel drehen sich in der aufsteigenden Luft. Ich habe mir überlegt, dass ich entweder den langsamen Weg nach unten oder den schnellen Weg nehmen könnte. Du kennst mich, du kannst erraten, wie ich mich entschieden habe. Ich habe einen Schild genommen und daraus einen Schlitten gemacht, mit Bremsseilen, sodass ich ihn steuern konnte. Ich kann dir sagen, es war eine Höllenfahrt. Ich wäre auch fast bis ganz nach unten durchgerauscht. Nur gut, dass ich vor diesem letzten Windrad an Tempo verloren habe. Ich war mir sicher, dass es sich schneller drehte. Mir tun die armen Bastarde leid, die hinunterklettern werden müssen, um es zu reparieren.«
    Dann brach Kylar ab und atmete tief ein. »Ich werde dich nicht belügen. Dies ist der schlimme Teil. Wir müssen unter Wasser weitergehen. Hier ist die Grenze, Logan. Dies ist es, was das Loch von den Schloten trennt. Das Wasser ist heiß,
und es ist eng, und du wirst dich fühlen, als seist du begraben worden. Ich verspreche dir, wenn wir es durch diesen Tod schaffen können, wirst du zu einem neuen Leben erwachen. Du musst einfach den Atem anhalten, und ich werde all die Arbeit tun.«
    »Knirscher«, sagte Logan.
    »Knirscher? Oh, der große Bursche? Ähm, er sieht nicht so aus, als würde er Wasser besonders mögen, Logan.«
    Logan konnte Knirscher nicht sehen. Es war nicht nur einfach dunkel hier unten. Es war pechschwarz. Es gab nicht einmal eine hellere Schwärze. Es war eine einzige, ungebrochene, alles umarmende Dunkelheit. Es war heiße, nasse, schwere, lastende Dunkelheit, die bis in seine Lunge hineinsickerte. Er hatte keine Ahnung, wie Kylar Knirsch sehen konnte, aber Logan würde ihn nicht hier zurücklassen.
    »Wirst du … zurückkommen und ihn holen?«, fragte Logan.
    Es folgte ein langes Schweigen.
    »Ja, mein König«, sagte Kylar schließlich.
    »Ich bin … Ich bin bereit.«
    »Du zählst einfach mit. Ich bin in ungefähr einer Minute durchgekommen. Zusammen brauchen wir vielleicht ein wenig länger.«
    Eine Minute?
    »Bevor wir gehen … Es tut mir leid, Logan. All das tut mir leid, und vor allem tut es mir leid, wie viel davon meine Schuld ist. Es tut mir leid, dass ich dir nicht gesagt habe, was ich war. Es tut mir leid, dass ich Tenser nicht getötet habe, als ich die Chance hatte. Es … tut mir einfach leid.«
    Logan erwiderte nichts. Er konnte die Worte nicht finden, genauso wenig die Kraft, um Kylar zu geben, was er verdiente.
    Kylar wartete nicht ab. Er begann tiefe Atemzüge in seine Lunge zu ziehen, und Logan folgte seinem Beispiel. Einen Moment später sprangen sie gemeinsam ins Wasser. Logan lehnte sich dicht an Kylars Körper und versuchte, seinen Armen nicht in die Quere zu kommen, versuchte, seinen Körper im Wasser stromlinienförmig zu machen.
    Das Wasser war heiß, sengend heiß. Logan spürte, wie sie sich kopfunter drehten, dann musste Kylar nach den Felsen gegriffen haben, um sie hinabzuziehen, denn sie bewegten sich schnell. Tatsächlich bewegten sie sich schneller, als Logan es unter Wasser für möglich gehalten hätte. Er wusste, dass Kylar stark war: Er hatte mit ihm gerungen und Übungskämpfe mit ihm ausgefochten, aber die Geschwindigkeit, mit der sie sich

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