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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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sah schon zum dritten Mal auf seine Armbanduhr. »Wir kommen wahrscheinlich gerade noch pünktlich. Leute wie die sollte man nicht warten lassen, weißt du.« Charlotte war beim Betreten des Fahrstuhls mit einem ihrer hohen Absätze in der Tür hängen geblieben. Sie war außer Übung, weil sie diese Schuhe schon so lange nicht mehr getragen hatte. Ihr Bruder hatte sie gerade noch am Arm festhalten können. »Vorsichtig.«
    Während der Lift lautlos emporglitt, sah Charlotte durch die Glaswand hinaus auf die Paläste aus Stahl und Licht, die sich auf dem grauen, kabbeligen Wasser der Docks spiegelten. Drunten eilten winzige Gestalten umher und tippten, blind für ihre Umgebung, auf ihren Smartphones herum. War Dan wirklich nur Monate zuvor noch einer von ihnen gewesen?
    »Bist du bereit?« Jamie musterte sie mit kritischer Miene: das gerötete Gesicht, weil sie vom Gericht herübergeeilt war, den dunkel herauswachsenden Haaransatz. Wir sind meilenweit von dem entfernt, was wir mal waren , dachte Charlotte, während sie beide diesen Lichttunnel hinaufsausten. Dan hatte immer gesagt, je höher man bei Haussmann’s kam, desto wichtiger war man. Auf der obersten Etage residierten die Chefs, göttergleich, in Hubschraubern ein- und entschwebend. Charlotte zupfte vor der verspiegelten Fahrstuhltür an ihrem Haar herum.
    »Beruhige dich. Du darfst dir keine Angst anmerken lassen.«
    »Ich habe aber Angst.«
    »Das musst du aber nicht. Das hier ist ein ganz alltäglicher Geschäftsvorgang. Es ist Routine«, sagte er und fummelte nun ebenfalls an seinem BlackBerry herum.
    Routine. Das Ende ihres gemeinsamen Lebens mit Dan – und dass sie nun gezwungen war, die Firma, bei der er acht Jahre lang gearbeitet hatte, zu verklagen: Das sollte Routine sein? Kein Wunder, dass Dan in einen Schockzustand verfallen war, als er glauben musste, all dies wäre dem Untergang geweiht. Es war wie eine Stadt für sich, dachte Charlotte, während sie an einer Etage nach der anderen vorbeisausten, bestehend aus edlen Teppichböden und Glas. Eine Stadt mit eigenen Gesetzen. Und eigenen Strafen.
    Die Stimme des Aufzugs verkündete: »Zweiunddreißig.« Zwar nicht ganz oben, aber fast. Jamie streckte eine Hand aus, um die Tür aufzuhalten. »Jetzt ist es so weit. Bist du sicher, dass du das tun willst?«
    »Natürlich. Warum fragst du?«
    »Es ist nur … Es klingt nicht so, als ob der Prozess sonderlich gut laufen würde. Und als ich ihn im Gefängnis besucht habe, na ja, das habe ich dir ja erzählt. Er sieht nicht gut aus.«
    Sie schritt aus dem Fahrstuhl. »Das wird schon werden. Er hatte nur noch keine Gelegenheit, etwas zu sagen. Du wirst sehen. Komm.«
    Sie wurden von einer der eleganten, ewig lächelnden Frauen, die in derlei Gebäuden alles zu regeln schienen, in einen Sitzungssaal geleitet. Charlotte war baff angesichts des Panoramafensters mit Blick über die ganze Stadt. Eben ging die Sonne über der O2-Arena unter.
    »Halt nur die Hände still«, sagte Jamie und holte seine Unterlagen hervor.
    Aber sie war nun mal unruhig. Diese Leute hatten Dans Leben beherrscht. Durch eine Glaswand sah sie einen kahlköpfigen Mann mit Schnauzbart, der in ihre Richtung sah und mit der Empfangssekretärin sprach. »O Gott, Jamie. Sieh doch nur.«
    »Ja«, erwiderte Jamie flüsternd. »Ich seh’s. Der sieht aus wie Phil.«
    Sie konnte sich ein nervöses Auflachen nicht verkneifen, und auch Jamies müdes Gesicht verzog sich, doch dann mussten sie ihr Gekicher unterdrücken, denn der Mann, der ihrem Stiefvater so ähnlich sah, kam auf sie zu.
    Wie schon vor Gericht konnte Charlotte auch vielem von dem, was bei diesem Treffen gesagt wurde, nicht folgen. Ja, erzählte sie, Dan hatte zuvor schon monatelang gestresst gewirkt, schlecht geschlafen, war schnell aus der Haut gefahren.
    Die Anzugträger schauten ungerührt. Sie hatten bereits davon gesprochen, die Mitarbeiter seien selbst dafür verantwortlich, »ihren eigenen Stress zu managen«. »Wir verlangen von niemandem, mehr zu arbeiten, als nach den Gesetzen der EU zulässig ist«, sagte der Schnauzbartträger in pompösem Ton.
    »Das ist doch Schwachsinn«, platzte Charlotte heraus. »Dan wusste ganz genau, dass er rausgeflogen wäre, wenn er nicht mindestens sechzig Stunden die Woche geschuftet hätte.«
    »Das werden Sie nirgends schriftlich festgehalten finden, Miss Miller.«
    »So was muss man auch nicht schriftlich festhalten. Eine Tatsache ist es trotzdem.«
    Jamie warf ihr einen mahnenden Blick

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