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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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sind echt schwer zu finden.« Kylie stand in der Tür und schüttelte ihren Regenschirm aus. Das dennoch feuchte Haar fiel gelockt auf die Schultern ihres Trenchcoats.
    »Das ist Absicht.« Er trank einen kleinen Schluck. Eigentlich mochte er gar keinen Whisky.
    »Flüssiges Frühstück, hm? Das ist aber kein gutes Zeichen, Officer.«
    »Für mich ist es jetzt Abend.« Er sah stur geradeaus; wenn er sie ignorierte, verschwand sie ja vielleicht wieder.
    Im Barspiegel sah er, dass sie den Hocker neben seinem erklomm. »Ich nehme das Gleiche wie er«, sagte sie zu dem Barkeeper.
    Hegarty musterte sie im Spiegel, trotz allem neugierig. Wer war diese fremdartige Frau, zierlich wie ein Kind, die um sieben Uhr morgens Whisky trank?
    Sie nahm einen ordentlichen Schluck und zuckte mit keiner Wimper. »Also, wie kommt’s, dass Sie sich in dieser Kaschemme verstecken?«
    Er blickte sich um: Im Morgenlicht war deutlich zu sehen, wie schäbig die Sitze und wie schmutzig die Teppiche waren; dazu die Münzspielautomaten. »Ich verstecke mich nicht.«
    »Immer noch sauer, weil Ihnen die Zeitungen so zugesetzt haben? Charlie hat bestimmt nicht gewollt, dass das so rüberkommt. Sie wissen doch, wie die Presse ist.« Sie erhaschte im Spiegel einen Blick in seine Augen. »Sie wird Sie anrufen, da wette ich drauf. Wenn das alles erst mal vorbei ist.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Sind Sie gekommen, um mir das zu sagen?«
    »Nein.« Sie stellte ihr Glas ab. »So ungern ich es zugebe: Ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Tatsächlich.«
    »Ja. Sehen Sie, ich weiß, Sie sind nicht gerade mein größter Fan …«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Aber ich muss Ihnen gestehen: Ich fange langsam an, mir Sorgen zu machen.«
    Das verblüffte ihn, und er sah sie an. Er hatte sie bisher immer nur mit geradezu enervierendem Optimismus über Dans Fall sprechen hören. »Glauben Sie etwa, er verliert den Prozess?«
    »Diese ganzen Beweise … Das klingt schon ziemlich ungut, wenn die das so vortragen. Und dann ist er auch noch ein Banker … und kommt so schnöselig rüber. Banker sind zurzeit doch schwer unbeliebt. Ich muss unbedingt unsere Keisha dazu bringen, dass sie als Zeugin aussagt. Bislang weigert sie sich. Und wenn ihr sie festnehmen würdet, würde sie – seien wir mal ehrlich – ja wahrscheinlich lügen.«
    Er seufzte. Das war nicht sein Problem. Er war nur dafür zuständig, die Leute festzunehmen.
    Kylie beobachtete ihn aufmerksam. »Es gibt da irgendwas, stimmt’s? Irgendwas, das ich nicht auf dem Schirm habe. Ich weiß, dass Sie die Überwachungskamera auf der anderen Straßenseite nicht rechtzeitig gecheckt haben – die Bänder waren schon wieder überspielt. Ich weiß, dass Sie das Taxi nicht ermitteln konnten, das Chris Dean nach Hause gebracht hat – wenn es dieses Taxi denn je gab. Was noch?«
    Er trank noch einen Schluck Whisky. »Sollten Sie sich nicht eher … na ja, auf die Indizien konzentrieren, die für Ihren Mandanten sprechen?«
    »Haben Sie ein Problem mit meiner Herangehensweise?«
    »Ja, habe ich. Es sieht so aus, als zielten Sie eher auf Ermittlungspannen der Polizei ab als auf einen Freispruch.«
    Sie trank einen Schluck und setzte wieder dieses nervige Lächeln auf. »Darauf – und auf verminderte Schuldfähigkeit infolge des Blackouts; ich muss nehmen, was ich kriege.«
    »Ich dachte, Ihr Standpunkt wäre: Er war’s nicht.«
    »Glauben Sie an die Wahrheit, Officer?«
    »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.«
    »Ich meine damit: Ich sehe das eine, Sie etwas anderes. Kennen Sie das Gleichnis mit dem Elefanten in der Dunkelheit? Der eine sagt: Es ist eine Mauer. Ein anderer sagt: Es ist eine Schlange. Unsere Charlie ist der Meinung, dass er es nicht getan hat. Warum ist sie dieser Meinung? Weil er ihr Verlobter ist. Ich glaube ihr, sonst wäre ich nicht hier. Aber Sie und ich und der Richter und die Geschworenen: Wir werden es nie mit Sicherheit wissen, nicht wahr? Und deshalb muss ich jeden Weg verfolgen, der der richtige sein könnte. Das ist meine Aufgabe. Entscheiden tun die Geschworenen, nicht wir. Stimmt’s?«
    Ihm fiel wieder ein, was sein Vater gesagt hatte: Du nimmst die Leute nur fest . Es war nicht seine Aufgabe zu entscheiden, was tatsächlich passiert war. Er seufzte. Einen Moment lang wünschte er, er wäre dieser nervigen Australierin nie begegnet, hätte jenes blutüberströmte Büro nie betreten, hätte Charlotte Miller nie zu Gesicht bekommen.
    »Hegarty! Kommen Sie! Haben Sie irgendwas falsch

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