Am Tor Zur Hoelle
ich auch, dass er am Ende, wenn er nicht über diese emotionale Wunde sprechen konnte, einige, wenn nicht sogar alle furchtbaren Realitäten meines Lebens wiederholen könnte. Aber ich sah auch ein, dass ich diese Angst aushalten musste; ich musste der Angst gestatten, da zu sein, anstatt sie auszuleben. Ich durfte ihn nicht drängeln, nicht fordern oder versuchen, der Möglichkeit vorzubeugen, dass er sich emotional verschlieÃen würde, so wie ich es getan hatte. Das war manchmal wirklich sehr schwer.
Im Laufe der Jahre besuchten mein Sohn und ich eine Therapeutin, und eine Zeit lang war er allein in Therapie. Das war sehr heilsam. Während einer unserer Therapiestunden kam eine wichtige Wahrheit ans Tageslicht: Mein Sohn war in der Lage auszudrücken, dass er nicht solche groÃen Schwierigkeiten mit meiner Abwesenheit gehabt hatte, sondern vielmehr mit meiner Anwesenheit. Es war natürlich schwierig, dem zuzuhören. Er hatte sich daran gewöhnt, dass ich weg war. Es war meine Rückkehr, die für ihn schwer zu handhaben gewesen war. Aber es war wichtig, dass dies auftauchte, dass ich es hörte und verstand, sodass sich unsere Beziehung vertiefen konnte.
Obwohl die Ãbergänge, die wir in unserem gemeinsamen Wachstumprozess erlebten, nicht immer einfach waren, waren wir in der Lage, durch diese sicher hindurch zu navigieren, und unsere Beziehung ist tiefer und näher geworden. In seinen späten Zwanzigern entschied sich mein Sohn dazu, sich seinen Kindheitstraum, die Fliegerei zu erlernen, zu erfüllen. Während ich das hier schreibe, hat er einen GroÃteil der Ausbildung bereits absolviert, was ihn befähigen wird, dem Beruf des Piloten nachzugehen, und zwar auÃerhalb des Militärs. Wenn ich sehe, wie mein Sohn in seinem Leben voranschreitet, bin ich von Bewunderung für ihn erfüllt. Ich stimme nicht immer mit seinen Entscheidungen überein und unterstütze diese auch nicht immer, dennoch respektiere ich den Prozess, den er durchläuft. Er ist intelligent, freundlich, bedacht, einfühlsam und fürsorglich. Er ist ein wundervoller Mensch und ein liebevoller Sohn. Ich bin jeden Tag dankbar, ihn zu kennen und Teil seines Lebens zu sein.
Frieden ist nicht die Abwesenheit von Konflikten â
Frieden ist einzig die Abwesenheit von Gewalt
im Konfliktfall
Thich Nhat Hanh hat gesagt: »Wir brauchen dringend Frieden, aber um Frieden zu bringen, musst du Frieden sein.« Doch was ist Frieden? Ich habe keine Ahnung. Aber ich weiÃ, dass wir, wenn wir eine bestimmte Vorstellung von Frieden haben, uns auf eine sehr enge, begrenzte Perspektive festlegen und dieser vielleicht dermaÃen verhaftet sind, dass wir noch nicht einmal in der Lage wären, Frieden zu erkennen, wenn er uns auf dem Schoà säÃe. Frieden ist keine starre, dogmatische Realität, Frieden ist etwas Organisches, das sich den Umständen und Situationen entsprechend fortwährend wandelt. Wenn wir blindlings unsere vorgefasste Meinung, was Frieden ist (oder was überhaupt irgendetwas ist), durchsetzen wollen, werden wir den Frieden und das Potenzial für Frieden, die in einem bestimmten Augenblick vorliegen, nicht sehen.
Was ich über Frieden gelernt habe, ist, dass Frieden nicht die Abwesenheit von Konflikten bedeutet â Frieden ist einzig die Abwesenheit von Gewalt im Konfliktfall. Einen Konflikt beizulegen erfordert, dass wir die Aggression berühren, die Wut berühren, die Gewalt berühren und uns ihr nicht überlassen â das ist die Botschaft, die ich gelernt habe (und noch immer lerne). Wir können und müssen lernen, wie wir in Unstimmigkeit miteinander sein können. Konflikte wird es immer geben â was zählt, ist,
dass
wir uns mit dem Konflikt befassen und
wie
wir uns damit befassen. Wenn wir uns auf einen Konflikt einlassen, kommen wir von Angesicht zu Angesicht mit dem Leiden, unserem wie dem von anderen, in Berührung. Wenn wir im Konfliktfall andere für unser Leiden verantwortlich machen, statt selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen, wird der Konflikt höchstwahrscheinlich nicht gelöst werden, sondern die Situation wird eskalieren und die Form von Aggression und Gewalt annehmen.
Wir müssen nicht in Gewalt leben. Ich weià das aus eigener Erfahrung. Wenn wir wirklich anders leben wollen, können wir das. Es ist keine Frage der Politik, sondern der Taten. Es geht nicht darum, ein politisches
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