Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
sind«, sagte Cardoni, als die Tür ins Schloss gefallen war.
»Was wollten Sie mir sagen?“
Cardoni schloss die Augen und ruhte sich kurz aus. Er wirkte schwach und erschöpft. »Ich habe mich in Justine getäuscht.«
»Raffinierter Schachzug. Und wem wollen Sie jetzt die Schuld für Ihre Verbrechen in die Schuhe schieben?«
»Ich weiß, dass es mir sehr schwer fallen wird, Sie davon zu überzeugen, dass ich unschuldig bin, aber bitte hören Sie mich zu Ende an. Als Justine mich vor vier Jahren bei meiner Kautionsanhörung in die Pfanne haute, war ich mir sicher, dass sie es war, die mir diese Verbrechen anhängen wollte. Und nachdem ich das getan hatte«, sagte Cardoni und deutete auf sein vernarbtes Handgelenk, »dachte ich an nichts anderes mehr als an Rache für meine Hand, für die Zeit, die ich im Gefängnis verbracht hatte, und für die Zerstörung der Existenz, die ich mir aufgebaut hatte. Ich wollte, dass sie so litt, wie ich gelitten hatte.«
Cardoni streckte die Hand aus.
»Können Sie sich vorstellen, wie es ist, sich selbst die Hand abzusägen, einen Teil von sich selbst zu verlieren? Können Sie sich vorstellen, was das für einen Chirurgen bedeutet, dessen Existenz diese Hände ausmachen? Und die neue Hand.«
Cardoni lachte verbittert auf.
»Nach einem Glas zu fassen war so schwer wie auf den Everest zu klettern. Einen Stift halten, schreiben, mein Gott, die Stunden, die ich damit zugebracht habe, diese einfachen Tätigkeiten wieder zu erlernen.«
Er hielt inne und rieb sich die Augen.
»Und dann gab es natürlich noch die Opfer. Ich glaubte, dass Justine weiter morden würde und dass niemand sie aufhalten könne, weil alle mich für den Schuldigen hielten. Ich kam nach Portland zurück und nahm einen Job im St. Francis an, um Justine im Auge behalten zu können. Ich war mir sicher, dass sie sich ein neues Schlachthaus besorgt hatte. Ich brauchte fast ein Jahr, um es zu finden. Ich brachte Stunden damit zu, in Grundbüchern zu blättern, Anwesen zu besuchen, die den Anforderungen entsprachen, und mit Anwälten zu reden, bis ich schließlich am Donnerstag vor Justines Verhaftung auf Mary Ann Jager stieß. An diesem Abend fuhr ich zu der Farm und fand im Keller diesen armen Kerl. Er war bereits tot.«
Wieder schloss Cardoni die Augen und atmete rasselnd ein und aus, bevor er weiterredete. Er sah aus, als versuche er, einen bösen Traum zu verscheuchen.
»Ich ging ins Krankenhaus und stahl den Kaffeebecher. Eine OP-Haube von Justine und ein Skalpell mit ihren Fingerabdrücken hatte ich bereits.
Nachdem ich alles im Farmhaus deponiert hatte, parkte ich ein Stückchen von Justines Haus entfernt und rief sie auf dem Handy an. Sie fuhr los, und ich folgte ihr. Als ich sah, dass sie vom Highway auf die Straße einbog, die zur Farm führte, rief ich die Neun-eins-eins an. Ich hoffte, dass die Polizei sie auf der Farm antreffen würde. Falls nicht, waren ja ihre Fingerabdrücke auf den Gegenständen, die ich dort deponiert hatte, und auf allem, was sie berührt hatte, als sie dort war. Ein anonymer Tipp würde die Polizei zu ihr führen.«
Wieder hielt Cardoni inne. Er wirkte deprimiert.
»Als ich das Opfer im Keller fand, sah ich es mir genau an, damit ich einen Tagebucheintrag mit allen Details dessen, was sie ihm meiner Ansicht nach angetan hatte, schreiben konnte. Ich kopierte den Schreibstil des Tagebuchs, das ich im Schlafzimmer des Farmhauses fand. Sobald ich mir sicher war, dass Justine zur Farm fuhr, schrieb ich den Eintrag auf dem Computer in ihrem Haus und hinterließ einen Ausdruck.«
Cardoni rieb sich die Augen und seufzte.
»Ich war mir so sicher, dass ich das Richtige tat. Ich war mir so sicher, dass Justine ein Komplott gegen mich geschmiedet und all diese Leute umgebracht hatte. Als ich diesen Mann im Keller sah ...
ich war mir so sicher ...«
Cardoni verstummte.
»Alles lief genau so, wie ich es geplant hatte, bis Tony Fiori meine Tarnung aufdeckte. Ich wusste, die Polizei würde Justine freilassen, sobald sie merkten, dass ich noch am Leben war. Ich war verzweifelt, und deshalb ließ ich von Roy Bishop dieses Treffen mit Mike Greene arrangieren, weil ich den Staatsanwalt von Justines Schuld überzeugen wollte.«
»Das hat aber nicht funktioniert.«
»Nein, das nicht, aber etwas anderes ist passiert. Ich erhielt die Anweisung, zu einem Rastplatz an der 1-5 zu kommen. In dem Umschlag steckte auch ein Auszug aus einem Tagebuch. Es war ein Bericht über die Folterung eines
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