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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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meine Lider sich unterm Gewicht des Schnees langsam schließen.
    »Derselbe Anflug«, sagte er, »nur auf 'ne andere Landebahn.« Er drehte sich um, sah zu, wie ich den Reißverschluß meines Rocks schloß. »Zur Abwechslung sollen die Heiden doch mal kriegen, was sie wollen, oder wovon sie sich einbilden, sie wollen's.«
    Heidern, drang das durch seinen Akzent verquetschte Wort ihm aus dem Mund. In seinen Augen galten alle als Heidern. Waren sie es inzwischen auch in meinen Augen geworden? Eine Welt voller Heidern verdiente einen Messias für Heidern, ja; wie jedoch verhielt es sich mit unserer Welt, unserer kranken Welt, unserer wundervollen Welt? Was hatte sie weniger verdient, ihre Schöpfer oder ihre Hüter?

D RE I
    In der übernatürlich diffuslichten Helligkeit des Vormittags warteten wir auf Macaffrey, dachten an alles andere, sprachen über alles mögliche, nur nicht ihn. »Wir haben Jensens Bürounterlagen gesichtet«, sagte Gus, nahm ein Blatt Papier zur Hand. »Ich habe mit Polizei seine Behausung in der Bronx und die Wohnung seiner Schwester in Chelsea durchsucht. Die Akten sind bei ihr gefunden worden.«
    »Hat sie gewußt, daß sie bei ihr liegen?« fragte Thatcher, der in seinem Sessel lehnte, durch die Fensterwand die pyramidale Spitze des Wolkenkratzers Wall Street 40 und das dahinter sichtbare Meer betrachtete. Sperlinge und Möwen flogen vorbei, ohne sich um irgendwelche Maßnahmen der Dryco zu kümmern. Susie versteckte sich hinterm Papierzelt ihrer Morgenzeitung.
    »Unsere Geheimhaltung hat so gut funktioniert, daß sie vom Tod ihres Bruders nichts wußte, bis sie durch uns davon erfahren hat. Befragungen sind bis jetzt ohne Ergebnis geblieben.«
    »Die Katz hat ihre Zunge gefressen«, spaßte Bernard.
    »Zeigen Sie mal, was Sie da haben«, verlangte Thatcher. Ich linste über seine Schulter und las, was auf dem Blatt in sorgfältigen, schwarzen Buchstaben geschrieben stand: MAHAICA Conrad Taylor MYSTIC Mitch Moseley 3 Tage 25 %. Susie ließ sich dazu herab, sich ebenfalls den Vermerk anzusehen. »Was, zum Pleitegeier, soll das heißen?«
    »Da es keine offen ersichtliche Bedeutung hat, muß es irgendeinen Sachbezug haben«, sagte Gus. »Mahaica ist der Name eines kleinen Hafens südöstlich von Georgetown in Guayana. Es gibt in den Akten keine zweite Erwähnung des Namens. Was noch an Ungesichtetem übrig ist, hat er anscheinend nicht verschlüsselt, sondern in Kurzschrift verfaßt. Auf alle Fälle haben wir den Sinn der Namen, der Zahlen und des Worts ›Mystic‹ noch nicht enträtselt.«
    »Guayana?« wiederholte Thatcher. »Jim Jones' Tummelplatz?« Bernard nickte. »Von dem will keiner mehr was wissen, er ist tot. Was hat Guayana sonst zu bieten?«
    »Die üblichen Rohstoffe«, antwortete Bernard. »Es handelt sich um ein unwichtiges Land, außer womöglich für Guayaner. Keine uns vorliegenden Informationen deuten darauf hin, daß die Japaner gegenwärtig in Guayana Interessen verfolgen.«
    »Keine erkennbaren Interessen«, schränkte Thatcher halsstarrig ein. Eines Nachts, während ich mich bei ihm aufhielt, trank er exzessiv und fing darüber zu brabbeln an, er wollte Godzilla anheuern, um Japan zu destabilisieren. Ich mußte ihn von Avi ins Bett legen lassen, ehe ich nach Hause fuhr. »Sie haben sich bloß bis heute Zeit gelassen, um auszuhecken, wie sie's richtig durchziehen könnten. Um ihre Verluste zu minimieren, bevor sie loslegen …«
    »Wer hat diese Notiz geschrieben?« fragte Susie, warf ihre Zeitung beiseite wie ein Kätzchen, das sie nicht länger streicheln mochte. »Jensen?«
    Gus schüttelte den Kopf. »Die Schrift ist noch nicht identifiziert. Zur Beschriftung ist ein Filzstift verwendet worden, wie ihn jeder Kriminelle benutzen kann.«
    »Was wissen wir über die Herkunft des Papiers?« fragte Bernard.
    »Es ist Standard-Notizpapier mit einem kleinen Unterschied«, lautete Gus' Antwort, er hob das Blatt gegen das Licht, so daß wir die Abwandlung des Wasserzeichens sehen konnten, den Vampirzahn, der aus dem geistlosen Feixen des Strahlemann-Logos unserer Firma ragte. Beide Versionen des Firmensymbols, die offizielle ebenso wie die inoffizielle, hatte Bernard entworfen. »Das Papier stammt aus dieser Etage.«
    »Ist Jensen je hier oben gewesen?« erkundigte sich Thatcher.
    »Nie«, sagte Gus. »Die Aufsicht hätte ihn nicht eingelassen.«
    »Also ist er entweder mit jemand anderes hereingelangt, oder es ist hier irgendwer gewesen, der etwas für ihn erledigt hat. Wer

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