Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
geweckt hat. Es ist doch nicht so, als ob ich gerad erst mit allem angefangen hätt.«
    »Ich habe auch keine richtige Ahnung«, entgegnete ich. »Ich glaube, er ist der Meinung, er kann dich zu Einschüchterungszwecken gebrauchen.«
    »Um wen einzuschüchtern?«
    »Dafür wüßte ich eine unbegrenzte Zahl von Anwärtern.«
    »Hat mir den Anschein, als sähe er an allen Ecken und Enden Gespenster«, folgerte Lester. »Für was hält er mich überhaupt?«
    »Das dürfte doch wohl klar sein«, erwiderte ich. Die Offensichtlichkeit unterlag keinem Zweifel: Er wollte lediglich, daß ich es aussprach. »Er ist der Ansicht, selbst wenn du nicht der Messias bist, kann er dich dazu aufbauen.«
    »Zum Einschüchtern«, sagte Lester und lächelte; allerdings ohne jeden Anflug von Frohsinn. Er strich mit der Fingerspitze über den Rand seines Glases, als wollte er es zum Klingen bringen.
    »Er geht auf Nummer Sicher. Von einem bestimmten Punkt an kann man nicht mehr erraten, was er vor hat, er spricht nicht einmal mit seiner Frau über seine Absichten …«
    »Wär's für mich vorteilhafter, der Messias zu sein, oder bloß den Messias zu spielen?«
    »Läuft auf dasselbe hinaus«, stellte ich klar. »Er wird dich weiter bearbeiten.«
    »Anscheinend beschäftigt er sich außer mit mir mit noch was anderem«, sagte Lester. »Was ist außerdem los, womit er sich in seinen Plänen befaßt?«
    »Ein Mitarbeiter unserer Firma ist ohne unsere Genehmigung ermordet worden«, antwortete ich. »Er hat schon eine Meinung, wer die Schuldigen sind, und man weiß nie, was für eine Vergeltungsaktion er ausheckt, bis …«
    »Ermordet?« wiederholte Lester.
    »Wir stehen mitten im Geschäftsleben«, erklärte ich. »Was willst du anderes erwarten?«
    »Deshalb hast du solche Furcht gehabt, als du dachtest, jemand schießt auf uns.«
    Ich nickte.
    »Ferner hat er am Dienstag ein Treffen mit einem japanischen Bonzen. Bernard hat einen Vertrag über ein Abkommen ausgebrütet. Thatcher mag aber gar nicht so recht mitmachen. Er hat einen Hang, Zusammenhänge zu konstruieren, wo keine sind, und ich glaube, er sieht eine Verbindung zwischen dem Mord und dem Vertrag. Die Drydens sind nicht in Hochform, wenn sie nicht von Krise zu Krise schlingern …«
    »Dann könnt ich eines Tages auch als Teil so 'ner Verbindung enden?« fragte Lester.
    Einige Augenblicke lang starrte ich ins Eis, das in meinen Drink schmolz, betrachtete die glatte Halbdurchsichtigkeit, als wäre es mir möglich, daraus die Zukunft abzulesen; ich sah nichts Beruhigendes und nichts Beunruhigendes. »Das könnte dir so gehen. Oder mir. Man weiß es nie.«
    »Das erzeugt aber allerhand Unsicherheit …«
    Ich nickte noch einmal. »Hat er jemanden erst einmal in den Greifern, hält er sich für eine Weile zurück, bis irgend etwas in Gang kommt. Ich denke mir, anfangs setzt er niedrige Erwartungen an.«
    »Es ist besser, sich nicht zuviel zu versprechen«, befand Lester. »Am schlimmsten sind die Hoffnungen auf ein messianisches Heil. Es ist unvermeidbar, daß er enttäuscht wird.«
    »Er kann Enttäuschungen nicht leiden«, sagte ich. »Zeig ihm die Engel. Das wird ihn sprachlos machen.«
    »Er könnte sie nicht sehen«, behauptete Lester. »Nicht mal, wenn er's wollte. Bedauerst du, daß du sie gesehn hast?«
    »Ich bedauere es nicht«, gab ich zur Antwort. »Aber froh bin ich darüber auch nicht.«
    »Sie hat's gefreut, dich zu sehn.«
    »Dann muß es dort oben ganz schön langweilig sein«, sagte ich, stand auf, wusch am Spülbecken mein Glas aus; einen Moment lang überlegte ich, ob ich mir einen zweiten Drink gönnen sollte, nahm schließlich die Flasche und füllte mir nochmals Bourbon ins Glas. »Ich bin sicher, Bernard wird sich um die Einzelheiten kümmern, wenn du bei uns einsteigst. Es ist immer er, der die Kleinigkeiten zu regeln hat.«
    »Was erwarten Menschen von einem Messias?« fragte Lester. »Leute im allgemeinen, will ich damit sagen. Was glaubst du?«
    »Woher soll ich das wissen?« entgegnete ich. »Über so etwas habe ich noch nie nachgedacht. Daß er jemand ist, der den Schlamassel bereinigt, vermute ich. Eine bessere Welt beschert. Kranke heilt, Städte wiederaufbaut, die Straßen aufräumt.« Erneut sprang der Bernard meiner Seele, ehe ich merkte, wie der Deckel aufflog, aus dem Kasten; es gelang mir kaum, mein Lachen zu unterdrücken, während ich die Aufzählung fortsetzte. »Das Geschirr spült, den Abfluß repariert, das Bett macht …«
    »Das kann alles

Weitere Kostenlose Bücher