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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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vor mir. Er packte mich bei den Schultern und …
    Doch an dieser Stelle muß ich für einen kurzen Einschub unterbrechen. Es soll keine Entschuldigung werden – nein, wirklich nicht! Ich war schon immer der Ansicht, daß die heutzutage übliche heuchlerische Geziertheit, wenn es um die Liebe zwischen Mann und Frau geht, völlig absurd ist. Warum sollte ein Romancier, der vorgibt, »das wirkliche Leben« zu schildern, eine völlig achtbare und interessante Tätigkeit übergehen? Besonders verabscheuungswürdig sind meiner Ansicht die Umschreibungen, deren sich manche Autoren bei diesem Thema bedienen. Das schlüpfrige Wortgeklingle des Französischen ist ebensowenig mein Fall wie die prätentiöse Ausschweifigkeit des Lateinischen. Die gute alte angelsächsische Sprache, der sich schon unsere Vorfahren bedienten, ist mir gut genug. Sollen die Scheinheiligen unter Ihnen, werte Leser, die folgenden Abschnitte doch überspringen. Trotz meiner Zurückhaltung in dieser Angelegenheit werden die Verständigeren unter Ihnen bereits begriffen haben, daß meine Gefühle für meinen Gatten, und seine für mich, sehr zärtlicher Natur sind. Und ich sehe keinen Grund, warum ich mich dessen schämen sollte.
    Doch um wieder zum eigentlichen Geschehen zurückzukehren:
    Emerson packte mich bei den Schultern und schüttelte mich kräftig.
    »Herrgott noch mal«, brüllte er. »Ich bin der Herr in meinem eigenen Haus! Muß ich dir wieder einmal beibringen, wer hier die Entscheidungen trifft?«
    »Ich dachte, wir treffen sie gemeinsam, nachdem wir die Probleme ruhig und höflich miteinander durchgesprochen haben.«
    Durch Emersons Rüttelei hatte sich mein Haar gelöst, das füllig und kräftig ist und sich nicht so leicht bändigen läßt. Während er mich immer noch an der einen Schulter hielt, griff er mit seiner freien Hand in den schweren Haarknoten in meinem Nacken. Kämme und Haarnadeln flogen umher. Das Haar fiel mir wallend über die Schultern.
    Ich weiß nicht mehr genau, was Emerson als nächstes sagte. Es war ein kurzer Kommentar. Dann küßte er mich. Ich war entschlossen, seinen Kuß nicht zu erwidern; doch Emersons Küsse sind sehr raffiniert. Es dauerte eine Zeit, bevor ich wieder sprechen konnte. Mein Ansinnen, das Dienstmädchen zu rufen, damit es mir aus dem Kleid helfe, stieß nicht auf Zustimmung. Statt dessen bot Emerson selbst seine Dienste an. Ich wandte ein, diese Methode des Entkleidens führe häufig dazu, daß das betreffende Kleidungsstück anschließend nicht mehr zu tragen sei. Als Antwort auf meine Äußerung folgte ein spöttisches Schnauben und ein heftiger Angriff auf Haken und Ösen.
    So sehr ich auch für Offenheit in diesen Dingen plädiere, gibt es doch Bereiche, in denen jeder Mensch ein Recht auf seine Intimsphäre hat. Daher sehe ich mich gezwungen, mich eines drucktechnischen Euphemismus zu bedienen.

    Gegen Mitternacht hörte der Schneeregen auf, und ein steifer Ostwind rüttelte an den vereisten Zweigen der Bäume vor unserem Fenster. Sie klirrten und knackten wie die Geister der Finsternis, während sie sich gegen diesen Angriff stemmten. Mein Kopf ruhte auf der Brust meines Gemahls; ich konnte den regelmäßigen Rhythmus seines Herzschlags vernehmen.
    »Wann reisen wir ab?« bohrte ich sanft nach.
    Emerson gähnte. »Am Samstag geht ein Schiff.«
    »Gute Nacht, Emerson.«
    »Gute Nacht, Peabody, mein Schatz.«

Kapitel 3

    Werter Leser, glauben Sie an Zauberei – an die fliegenden Teppiche aus alten, orientalischen Legenden? Selbstverständlich nicht; aber vergessen Sie Ihre Zweifel für einen Augenblick und lassen Sie sich vom Zauber des geschriebenen Wortes Tausende von Kilometern durch den Raum und viele Stunden durch die Zeit entführen, an einen Ort, der sich so sehr vom nassen, kalten und trüben England unterscheidet, daß man meinen könnte, man befinde sich auf einem anderen Planeten.
    Stellen Sie sich vor, Sie säßen mit mir auf der Terrasse des Hotel Shepheard in Kairo. Der Himmel ist von einem leuchtend porzellanenen Blau. Die Sonne bescheint mit ihren wohltuenden Strahlen ohne Unterschied reiche Kaufleute und zerlumpte Bettler, Imame mit Turban und europäische Touristen im Maßanzug – all die mannigfaltig verschiedenen Menschen, aus denen sich die geschäftige Menge, die vor uns die breite Promenade beschreitet, zusammensetzt. Ein Hochzeitszug kommt vorbei, angeführt von Musikern, aus deren Flöten und Trommeln mißtönende Festtagsklänge entsteigen. Die Braut wird

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