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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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vollgestopft hatte, war er leider steckengeblieben und hatte sich nicht mehr befreien können. »Ich habe mich verfätzt«, sagte Ramses atemlos, als Emerson ihn auf die Füße stellte. »Ich habe mich drauf verlaffen, daf ein Loch, durch daf Kopf und Fultern paffen, auch weit genug für den reftlichen Körper ift. Die Fteine hatte ich vergeffen. Fie find übrigenf intereffante Beifpiele …«
    »Was ist mit dem Papyrus?« unterbrach ich ihn.
    Ramses musterte ihn mit einem verächtlichen Seitenblick. »Ein unbedeutendef Exemplar auf der zwanzigften Dynaftie, Mama. Die Dame befitzt keine demotifen Papyri.«
    Die übrigen Gäste umstanden noch immer den Löwenkäfig, in dem der kleine Kerl fauchte und nach den Fingern krallte. Ich packte meinen Sohn fest am Arm, während wir unserer Gastgeberin dankten und uns verabschiedeten. Ich jedenfalls verabschiedete mich, während Emerson nur undeutlich brummelte.
    Bruder David kündigte an, daß er mit uns zurückreiten wollte. »Ich muß bei Sonnenaufgang aufstehen«, sagte er. »Es hat mich sehr gefreut, aber mein Meister ruft mich.«
    Die Baronin streckte ihm ihre Hand entgegen, und der junge Mann beugte sich respektvoll darüber. »Hm«, machte Emerson, während wir schon vorausgingen, »dieser Besuch wird wohl nicht nur erfreulich, sondern auch sehr lukrativ gewesen sein! Er würde nicht nach Hause reiten, wenn er nicht bekommen hätte, weswegen er gekommen war.«
    »Wefwegen denn, Papa?« fragte Ramses interessiert.
    »Geld natürlich! Spenden für die Kirche. Ich nehme an, daß es Bruder Davids Aufgabe ist, die reichen Damen zu verführen …«
    »Emerson, bitte!« rief ich.
    »Nicht wörtlich, meine ich«, räumte Emerson ein. »Jedenfalls glaube ich es nicht.«
    »Waf genau bedeutet diefef Wort?« fragte Ramses. »Daf Lexikon ift in diefem Punkt fehr ungenau.«
    Emerson wechselte das Thema.
    Nachdem wir unsere Esel bestiegen hatten, schlug Emerson ein forsches Tempo an, um dem heiligen Mann möglichst zu entgehen, doch Bruder David war nicht so leicht abzuschütteln. Bevor die beiden vor uns außer Hörweite waren, hörte ich David sagen: »Mein lieber Professor, ich bin gespannt, wie Sie mir erklären, daß ein Mann Ihrer Intelligenz und Ihrer Bildung so wenig für die wichtigen Fragen unseres Lebens …«
    Ramses und ich folgten in größerem Abstand.
    »Wohin hat der Löwe dich gebissen?« fragte ich meinen Sohn, nachdem wir schon eine Weile schweigend geritten waren.
    »Er hat mich überhaupt nicht gebiffen«, antwortete Ramses. »Ein Zahn hat meine Haut geritzt, alf ich ihn auf feinem Käfig heraufholte.«
    »Das war nicht sehr klug, Ramses.«
    »Warum nicht?«
    »Ich meine, daß das Tier noch viel zu jung ist, um allein zurechtzukommen. Besonders in dieser Gegend, wo er keine Artgenossen findet.«
    Ramses schwieg eine Weile, dann sagte er nachdenklich: »Ich muf geftehen, daf mir diefer Gedanke überhaupt nicht gekommen ift. Danke, Mama, daf du mich darauf aufmerkfam gemacht haft.«
    »Gern geschehen, mein Sohn.« Ich gratulierte mir zu dieser gelungenen Argumentation. Ramses haßte nichts mehr als direkte Verbote, aber dieser Gesichtspunkt hatte ihn nachdenklich gemacht, denn er hatte natürlich nicht gewollt, daß sich das Los des kleinen Löwen nur noch verschlimmerte.
    Wie wahr ist doch das Wort, daß niemand so blind ist wie die, die nicht sehen wollen!
    Während wir schweigend durch die Stille der Nacht ritten, betrachtete ich meinen Sohn von der Seite, und wieder einmal erschrak ich beim Anblick seines kühnen Profils, das sich klar gegen den helleren Sandboden abzeichnete. Er ähnelte seinem Namensvetter wirklich in äußerst verblüffender Weise – jedenfalls seiner Mumie.
    Als wir bei unserem Kloster ankamen, verabschiedete sich Bruder David und ritt weiter ins Dorf. Emerson war nicht gerade erbaut, als er das Haus in völliger Dunkelheit vorfand. Doch John war in seinem Zimmer und las in der Bibel, was Emerson zu den wüstesten Flüchen reizte.
    Am nächsten Morgen entschuldigte John sich für seinen Fehler. »Ich weiß, ich hätte aufbleiben und auf Sie warten sollen, Madam, denn jeder Mann muß seine Pflicht tun, solange sie nicht mit seiner Pflicht gegenüber …«
    »Es ist in Ordnung, John«, sagte ich, als ich sah, wie sich Emersons Miene verfinsterte. »Sie sollen mir heute morgen beim Fotografieren helfen, also beeilen Sie sich mit dem Abräumen. Und du, Ramses – was zum Teufel ist denn in dich gefahren? Ich fürchte, dein Kinn hängt im

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