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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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fort, uns die weiteren Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Die Häuser der beiden Prinzen lagen weit voneinander entfernt auf den Abhängen links und rechts von uns, wie auch die der übrigen Adeligen. »Und das da?« fragte Emerson, wobei er auf das gewaltige Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite des Tals zeigte.
    Ich hatte recht gehabt. Es war ein Tempel – das Haus der Götter und derer, die ihnen dienten, wie Murtek es ausdrückte. »Wollt Ihr dorthin?« fragte er. »Oder wollt Ihr hier bleiben; hier ist Luft und Platz, um spazierenzugehen.«
    Wir brauchten uns nicht zu beraten. Da wir bereits so weit gekommen waren, waren wir fest entschlossen, noch mehr zu sehen. Ich wollte schon einen Besuch des Tempels anregen, als Murtek wieder das Wort ergriff: »Zum Haus des Prinzen Nastasen, zum Haus des Prinzen Tarek, zum Haus der Candace (der Titel der meroitischen Königin (?)) – alles steht Euch frei, verehrter Sir, verehrte Madam. Alle guten, alle schönen Orte, wo gnädige Herrschaften gerne hingehen.«
    »Alle guten, alle schönen Orte«, wiederholte Emerson und strich über das Grübchen in seinem Kinn. »Hmmm. Aber das hier gehört wohl nicht zu den guten, schönen Orten?«
    Er zeigte auf das Dorf.
    »Nein, das ist nichts für verehrte Herrschaften!« rief Murtek sichtlich erregt aus. »Dahin dürft Ihr nicht.«
    »Ich glaube, wir tun es trotzdem«, meinte Emerson. »Peabody?«
    »Was immer du sagst, Emerson.«
    Ich wußte nicht genau, warum Emerson so versessen darauf war, den häßlichsten und am wenigsten interessanten Teil des Tals zu besuchen. Doch eines wußte ich – offenbar im Gegensatz zu Murtek – ganz genau: Widerspruch war die sicherste Methode, die Entschlossenheit meines Gatten zu wecken. Obwohl Murtek alles tat, um ihn davon abzubringen, war seine Mühe vergebens. Die zweite Auseinandersetzung verlor er, als er versuchte, Sänften für uns kommen zu lassen. Aber als Emerson zu guter Letzt forderte, die Wachen wegzuschicken, biß er bei Murtek auf Granit. Das kam nicht in Frage. Das war nicht gestattet. Falls jemand den verehrten Gästen irgendeinen Schaden zufügen oder sie beleidigen sollte, würde man ihn, Murtek, dafür verantwortlich machen.
    Emerson gab sich, verärgert und mit viel Aufhebens, geschlagen; allerdings entdeckte ich ein zufriedenes Funkeln in seinen blauen Augen. Er hatte mehr gewonnen, als er gehofft und als ich erwartet hatte.
    Steile Stufen führten zu einer Plattform hinunter, von der mehrere Treppen und Pfade abgingen, über die man zu den übrigen Häusern am Hügel und hinab ins Tal gelangte. Den Tempel erreichte man auf einer breiteren, gewundenen Straße. Murtek unternahm einen letzten Versuch, uns zu überreden, diesen Weg einzuschlagen, doch als Emerson sich weigerte, gab er es, verzweifelt die Hände ringend, auf. Von Wachen flankiert stiegen wir die Stufen ins Tal hinunter.
    Mit jedem Schritt steigerte sich die feuchte Hitze, und auch ein gewisser unangenehmer Geruch verstärkte sich. Hauptsächlich stank es nach faulenden Pflanzen, doch es waren auch Ausdünstungen von tierischen und menschlichen Exkrementen und ungewaschenen Körpern verschiedener Spezies wahrzunehmen. Als Murtek bemerkte, daß ich die Nase rümpfte, griff er in den Ausschnitt seines Gewandes und zog ein Sträußchen blühender Kräuter hervor, das er mir mit einer Verbeugung überreichte. Auch er hielt sich ein solches Sträußchen vor die gewaltige Nase, aber Emerson und Ramses lehnten die angebotenen Kräuter ab. Mein Sträußchen half jedenfalls kaum gegen den Gestank.
    Am Fuße der Treppe lag offenbar die Hauptstraße des Dorfes. Die schlammigen Wege, die davon abzweigten, waren so schmal und gewunden wie Viehpfade und mit Pfützen übersät. Die Hauptstraße war breit genug, daß wir zu dritt nebeneinander hergehen konnten. Ich war froh, daß ich meine Stiefel angezogen hatte, denn der Boden schmatzte unter unseren Schritten. Es war komisch anzusehen, wie Murtek dahintrippelte; mit der einen Hand raffte er seine langen Röcke, mit der anderen hielt er sich das Sträußchen vor die Nase.
    »Wie Ihr seht, leben sie wie die Ratten«, sagte er durch seinen Blumenstrauß.
    »Richtig«, bemerkte Emerson. »Aber wo sind sie?«
    Nicht einmal eine Ratte war zu sehen; alle Fenster und Türen waren mit Läden oder Bastmatten verschlossen.
    »Sie arbeiten«, antwortete Murtek und spuckte ein Blütenblatt aus.
    »Alle? Die Frauen und Kinder auch?«
    »Sie arbeiten.«
    »Offenbar auch die Frauen und

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