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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ordentlich ausgeführt, und das auf Hochglanz polierte Messing schimmerte wie Gold.
    Die feierliche Atmosphäre des Raumes berührte jeden von uns, vor allem jedoch Nefret. Aber sie weigerte sich standhaft, meinem Vorschlag, sich hinzusetzen, zu folgen und das Geschäftliche mir und den Jungs zu überlassen.
    »Es ist doch für einen guten Zweck, nicht wahr?« flüsterte sie. »Es ist doch in ihrem eigenen Interesse?«
    Leise murmelnd bestätigte ich das. Es handelte sich allerdings keineswegs um eine einfache Aufgabe. Das Gesicht war bedeckt, und ihr Körper wurde von einem weichfließenden Totenhemd umhüllt. Als ich es beiseite streifte, bemerkte ich voller Entsetzen, daß sie darunter immer noch die knappe Seidenunterwäsche trug. Sie schien mir völlig deplaziert, aber schließlich oblag es nicht meiner Entscheidung, was ein liebender Ehemann für angemessen hielt. Ich zwang mich dazu fortzufahren, legte die eingefallene Brust frei und nahm die mitgebrachte Wundschere aus meiner Tasche.
    »Einen Augenblick, Mutter«, sagte Ramses. »Vielleicht gibt es eine einfachere Methode.«
    Es dauerte nicht lange, bis wir unsere Aufgabe erledigt hatten. Als alles wieder in seiner ursprünglichen Form war, hielt ich inne und sprach ein kurzes Gebet. Die Kinder standen schweigend und mit gesenkten Köpfen neben dem Sarg, aber ich möchte nicht beschwören, daß auch sie beteten.
    Als wir aus der staubigen, bedrückenden Dunkelheit ins Freie traten, kam es uns vor, als würde uns die Barke des Amon-Ra aus den dunklen Wassern der ägyptischen Unterwelt ans Licht tragen. Wir eilten zu der wartenden Droschke. Die Sonne stand hoch und glühendheiß am Himmel, aber die großen Dattelpalmen am Wegrand boten angenehmen Schatten. Erst als wir den englischen Friedhof hinter uns gelassen hatten und uns dem Hotel näherten, sprachen wir wieder. Ich war diejenige, die das Wort ergriff.
    »Ich werde dem Colonel erklären, daß wir heute morgen die Kapelle besucht haben.«
    Ramses, der seinen Hut in den Nacken geschoben hatte, sah mich fragend an. »Mutter, glaubst du, daß der Colonel uns wirklich alle darum bittet, seine Gäste zu sein?«
    »Ich sehe keine andere Möglichkeit für ihn, Ramses. Es wäre unhöflich, wenn er es nicht täte.«
    Ramses preßte seine Lippen aufeinander. »Ich würde zu gern eine kleine Wette machen, wenn ich nicht wüßte, daß mein Sieg David Probleme bereitete.«
    »Was meinst du damit?« fragte ich ehrlich verwirrt.
    »Ist nicht so wichtig«, sagte David rasch.
    »Ist es doch«, sagte Ramses. »Mutter, ist dir eigentlich nicht klar, daß der Colonel David niemals dazu einladen würde, mit ihm an einem Tisch zu sitzen?«
    Nefret stöhnte. »Das kann nicht dein Ernst sein, Ramses.«
    »Ich versichere dir, daß das mein voller Ernst ist. Von Anfang an hat er David ignoriert, als wäre er ein Bediensteter; er hat ihn niemals direkt angesprochen oder ihm etwa die Hand gegeben. Er hat es zwar vermieden, betont unhöflich zu sein, da er ihn bislang stets in unserer Umgebung angetroffen hat, aber er würde sicherlich niemals eine Einladung aussprechen.«
    »Ich kann nicht glauben, daß er so unhöflich sein würde.«
    »Vielleicht irre ich mich. Nimmst du die Wette an?«
    »Nein«, sagte ich langsam, da ich mich an den beruflichen Werdegang des Colonels erinnerte. »Aber es wäre mir ein großes Vergnügen, ihm – äh – den Kopf zu waschen, allerdings nur, wenn es David nicht verletzt.«
    »Warum hast du nicht früher davon gesprochen?« fragte Nefret mit flammendroten Wangen. »Glaubst du, ich würde mich von jemandem einladen lassen, dem David nicht willkommen ist?«
    Einen Augenblick lang dachte ich, David würde zu weinen anfangen. Ägypter empfinden Tränen keineswegs als unmännlich. Seine englische Erziehung gewann allerdings die Oberhand, doch seine Lippen zitterten leicht. »Bitte, regt euch nicht auf. Was interessiert mich die Einstellung solcher Männer, wenn ich Freunde wie euch habe?«
    Nefret blickte, als wäre auch sie den Tränen nahe – in ihrem Fall allerdings Tränen des Zorns. »Ich werde nicht hingehen.«
    »Das wäre dumm«, sagte David ernst. »Das hat doch gar nichts damit zu tun, warum du die Einladung in erster Linie angenommen hast. Du wolltest ihn doch aushorchen oder?«
    »David hat recht«, sagte ich. »Ich bezweifle nicht, daß er auch von Frauen eine nur geringe Meinung hat. Männliche Galanterie ist häufig der Deckmantel für Verachtung. Du kannst ihn zu Geständnissen

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